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Kultur & Wissenschaft

„phoenix persönlich“: Ökonom Prof. Moritz Schularick zu Gast bei Theo Koll / Samstag, 23.11.2024, 0:00 Uhr

Bonn (ots) –

In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Theo Koll mit Prof. Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft über die Krise der Wirtschaft, mangelnde Risikobereitschaft, Veränderungsangst der Deutschen und die Folgen der US-Wahl für den globalen Handel.

„Da gibt es zwei Gorillas in der Weltwirtschaft, die USA und China, die beide nicht mehr nach den Regeln spielen oder sich nicht mehr an die Regeln gebunden fühlen im gleichen Maße, wie das vorher der Fall war und wie wir sie eigentlich auch vereinbart hatten“, sagt der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft Moritz Schularick. Damit gerate die „offene Weltwirtschaft“ ins Wanken.

„Das heißt wir haben wirklich von diesen drei großen, wichtigen Pfeilern des wirtschaftlichen Erfolgs der Bundesrepublik, also die starke Industrie, die Autoindustrie, der Maschinenbau, die alle jetzt auch vor dem Hintergrund dieser neuen Weltwirtschaft nicht mehr so gut dastehen, wir haben dazu die Fragen im Welthandel, wie es da weitergeht, also diese offene Weltwirtschaft kommt uns abhanden. Und dann müssen wir auch noch sehr viel mehr in die Verteidigung investieren.“

Die Chinesen und die Amerikaner würden am liebsten mit jedem europäischen Land einzeln verhandeln, so Schularick. „Weil dann China und Amerika immer riesengroß sind und jedes einzelne europäische Land unglaublich klein.“ Um auf Augenhöhe zu verhandeln und zu sagen, „wenn ihr eure Industrien subventioniert, dann ist das ein Verstoß gegen das Regelwerk und dann müssen wir darauf reagieren“, müssten die Europäer zusammenstehen. „Europa ist der Resilienzraum, den wir auch als deutsche Volkswirtschaft haben.“

Mit Blick auf die Wirtschaftskrise, fordert Schularick:“Wir brauchen ein Aufbruchssignal, es muss auch für alle klar werden, wir müssen neue Wege gehen, wir müssen viel innovativer sein, wir müssen schneller werden, wir müssen wieder unternehmerischer werden.“ Auch im Bereich Technologie müssten wir die „Ärmel hochkrempeln“. „Wir sind die Besten in der Technologie des letzten Jahrhunderts. Wir sind nicht die Besten in der Technologie dieses Jahrhunderts.“

Wir seien zu „Veränderungsangsthasen“ geworden, so Schularick weiter. Das habe auch mit unserer alternden Gesellschaft zu tun. „Wenn man älter wird, wird man nicht unbedingt veränderungsbereiter.“ Man würde immer zunächst die Risiken sehen. „Das stört mich sehr, auch in der deutschen Debatte, in der politischen. Die zwei Wörter, die am häufigsten vorkommen sind: Bewahren und erhalten. Also, es ist nicht: Umdrehen, verändern und neu machen.“

Eine Reform der sozialen Sicherungssysteme, um diese „zukunftsfest“ zu machen, steht für den Ökonom Schularick außer Frage. „Wir leben in einem Land, in dem aktuell ein Drittel, ein Drittel der Steuereinnahmen des Bundes in den Rentenzuschuss geht. Und wenn sie Gestaltungsspielräume im Bundeshaushalt haben wollen, wenn sie im nennenswerten Umfang in die Zukunft, in die Bildung, in Forschung und Entwicklung, in die Energiewende, in Infrastruktur investieren wollen, dann müssen sie, wenn sie keine neue Schulden machen wollen, an dieses Drittel ran.“

Zur Debatte um die Schuldenbremse erklärt Schularick, er sei „kurzfristig in jedem Fall“ dafür, die Schuldenbremse „für die Verteidigungsinvestition zu öffnen“. „Ich halte es für geradezu absurd, dass wir in existenziellen Fragen von nationaler Sicherheit unsere Handlungsfähigkeit auf internationalem Parkett davon abhängig machen, wie gerade die politische Konstellation rund um Notlagenbeschlüsse und Mehrheiten gelagert ist. Da brauchen wir Handlungsfähigkeit gerade in dem Umfeld, das wir jetzt haben mit Trump und den Nominierungen, die er vorgeschlagen hat fürs Verteidigungsministerium und für andere Posten.“

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