Alternde Gesellschaft – schrumpfende Wirtschaft?
Jan-Niklas Hustedt, Geschäftsführer der Sparkassen-Personalberatung GmbH,
spricht über den demografischen Wandel als größte Herausforderung für
Deutschlands Zukunft und erklärt, wie sich dieser begegnen lässt:„Deutschlands Ökonomie und Arbeitsmarkt stehen vor großen Herausforderungen:
Unternehmen suchen dringend nach qualifizierten Arbeitskräften, während viele Stellen
unbesetzt bleiben. Politik und Wirtschaft sprechen von einem Fachkräftemangel, der das
Wachstum hemmt und langfristig den Wohlstand beeinflussen kann. Doch es reicht nicht,
dieses Problem allein auf einen Mangel an Fachkräften zu reduzieren. Vielmehr stellt sich die
Frage, ob vorhandene Potenziale ausreichend genutzt werden und wie sich Strukturen
verbessern lassen, um Talente besser zu erreichen und einzubinden. Neben dem
demografischen Wandel, der sich seit Jahrzehnten abzeichnet, bedarf es gezielter
Maßnahmen, um die Arbeitsmobilität zu erleichtern und eine effiziente Zuwanderungspolitik
zu gestalten. Andernfalls könnte Deutschland wirtschaftlich an Dynamik verlieren.
Neue Bundesländer als mahnendes Beispiel
Die Auswirkungen des demografischen Wandels zeigen sich besonders deutlich in
Ostdeutschland. Seit der Wiedervereinigung haben viele junge, gut ausgebildete Menschen
die neuen Bundesländer verlassen. Laut dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung sind
zwischen 1991 und 2027 rund 3,7 Millionen Menschen abgewandert. Vor allem Frauen mit
hoher Bildung suchten ihr Glück in den westlichen Bundesländern, während ältere
Generationen zurückblieben.1 Damit hat diese Entwicklung nicht nur regionale Disparitäten
verstärkt, sondern auch wirtschaftliche Herausforderungen mit sich gebracht. Das Resultat:
eine überalterte Gesellschaft, stagnierende Wirtschaftsleistung und eine wachsende Kluft
zwischen Boom-Regionen und vernachlässigten Landstrichen. Dieses Schicksal droht in
absehbarer Zeit auch strukturschwächeren Regionen in Westdeutschland, sollte sich der
Trend ungehindert fortsetzen.
Mobile Arbeitskräfte, starre Arbeitgeber
Fachkräfte sind grundsätzlich vorhanden, doch nicht immer dort zu finden, wo Unternehmen
sie suchen. Während Arbeitnehmer längst erkannt haben, dass sie flexibel sein müssen, um
Karriere zu machen, haben viele Unternehmen Schwierigkeiten, sich an veränderndeRahmenbedingungen anzupassen. Wirtschaftswachstum konzentriert sich somit auf urbane
Zentren wie München, Frankfurt oder Hamburg, während ländliche Regionen oft strukturell
zurückfallen. Viele Unternehmen verharren in alten Strukturen. Dabei könnten sie durch
flexiblere Arbeitsmodelle, attraktivere Standortförderung und bessere Gehaltsstrukturen
gezielt Fachkräfte anziehen. Hier gilt es, innovative Lösungen zu entwickeln, um bestehende
Potenziale besser auszuschöpfen.
Migration konsequent vorantreiben
Auch mit einer verbesserten Mobilität innerhalb Deutschlands bleibt eine zentrale
Herausforderung bestehen: der rapide Alterungsprozess der Gesellschaft. Laut dem
Statistischen Bundesamt könnte die Zahl der Erwerbstätigen bis 2035, um bis zu sieben
Millionen sinken. Dies allein mit inländischen Fachkräften auszugleichen, scheint kaum
realistisch. Eine gezielte Einwanderungspolitik kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Entscheidend ist, dass das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen
vereinfacht und Beschäftigungsmöglichkeiten effizienter gestaltet werden. Hierbei sollten
Unternehmen eine stärkere Entscheidungsfreiheit darüber erhalten, welche Fachkräfte ihren
Anforderungen entsprechen, anstatt dies allein durch staatliche Vorgaben zu regulieren.
Andere Länder machen es vor: Kanada und Australien beispielsweise standen vor demselben
Problem wie Deutschland und sie haben längst Strategien etabliert, um gezielt qualifizierte
Zuwanderer anzuwerben und erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Zukunft gestalten, statt Risiken verwalten
Die Zukunft des Arbeitsmarkts entscheidet sich nicht allein in politischen Diskussionen,
sondern durch konkrete Maßnahmen in Unternehmen und Institutionen. Wer den
demografischen Wandel als Chance begreift, kann gezielt gegensteuern. Dies erfordert eine
bessere Nutzung inländischer Fachkräfteressourcen durch mehr Mobilität und Standortanreize
sowie kluge Migrationsstrategien, die international qualifizierte Arbeitskräfte gezielt
ansprechen. Deutschland muss Verfahren beschleunigen, administrative Hürden abbauen
und klare Perspektiven für Zuwanderer schaffen. Nur so kann das Land langfristig
wirtschaftlich stark bleiben und den Herausforderungen des demografischen Wandels
erfolgreich begegnen.“
Weitere Informationen finden Sie unter https://sparkassen-personalberatung.de/