Chance für behinderte junge Menschen über Teilqualifizierung
Jugendliche und junge Erwachsene mit Lernbehinderungen haben oft Probleme eine Ausbildung zu absolvieren. Ohne jegliche berufliche Qualifizierung gestaltet sich die Arbeitsaufnahme ebenfalls schwierig. Die Arbeitsagentur Lübeck führt in Zusammenarbeit mit dem Berufsvorbereitungs- und Ausbildungszentrum Lübeck – Innenstadt (BALI / JAW) eine praxisnahe Qualifizierung für diese jungen Menschen durch.
Foto A.f.A. / BU siehe Text
Im Modellprojekt „Betriebsorientierte Teilqualifikation (BoT)“ werden sie über einen Zeitraum von sechs Monaten geschult und durchlaufen Praxisphasen in Betrieben. Die Jugendlichen können aus den Berufsfeldern Malerei, Blumen- und Zierpflanzenbau, Garten- und Landschaftsbau, Tiefbau, Lagerwirtschaft und Verkauf, Küche und Hauswirtschaft, Gastronomie und Schneiderei wählen. Insgesamt können 32 durch die Kammern anerkannte Qualifizierungsbausteine je nach Bedarf eingesetzt und auch miteinander kombiniert werden.
„Das landesweit einmalige Modellprojekt startete September 2006 und läuft über drei Jahre. Wir können bereits eine erfreuliche Zwischenbilanz ziehen. Von den 22 Teilnehmern, die diese Qualifizierung erfolgreich durchlaufen haben, konnten 14 auf dem Arbeitsmarkt integriert und fünf für weitere Bildungsmaßnahmen motiviert werden. Ich freue mich, dass viele Betriebe diesen jungen Menschen einen Praktikumsplatz ermöglichen. Die Jugendlichen sind oft so engagiert, dass daraus ein Arbeitsverhältnis entsteht“, erklärt Wolfgang Werner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck.
Das war auch bei Marcel-Andreas Brinckmann (18 Jahre) aus Neustadt und Sebastian Erdmann (19 Jahre) aus Lübeck der Fall. Marcel-Andreas Brinckmann hat 2005 die Förderschule beendet und ein berufsvorbereitendes Jahr bis Juli 2006 absolviert. Aufgrund einer Lernbehinderung war eine Ausbildung ohne besondere Hilfen nicht möglich, so dass er von März 2007 bis August 2007 an der Qualifizierung im Bereich Lagerwirtschaft und Handel teilnahm. Dabei hat er einen Staplerschein gemacht. Seit 01. September 2007 ist er bei der Firma Joh. Wilh. von Eicken GmbH Tabakfabrik als Lager- und Transportarbeiter beschäftigt.
Sebastian Erdmann hat ebenfalls 2005 die Förderschule abgeschlossen und eine Berufsvorbereitung durchlaufen. Da ihm insbesondere theoretische Inhalte Probleme bereiten, hat er von September 2006 bis Februar 2007 an der Qualifizierung im Bereich Tiefbau teilgenommen. Dabei konnte er einen Minibaggerschein machen. Seit Juli 2007 ist er bei der Baugesellschaft Bergemann – Gräper mbH & Co.KG in Arbeit, bei der er auch sein Praktikum absolvierte.
„Zunächst werden die persönlichen Stärken und Schwächen der Jugendlichen ermittelt. Nachdem Betriebe ausgewählt wurden, erstellen wir einen individuellen Bildungsplan. Dabei arbeitet der zuständige Betreuer während der sechs Monate eng mit unseren Ausbildungsmeistern, dem Anleiter im Betrieb und der Arbeitsagentur zusammen. Die Qualifizierungssequenzen werden jeweils mit einer theoretischen und praktischen Prüfung abgeschlossen. Am Ende der Maßnahme erhält jeder Jugendliche ein Gesamtzertifikat als Grundlage für den Einstieg in das Arbeitsleben“, erklärt Reinhard Glenk, Projektleiter von BoT.
Beginntermine sind jeweils September und März. Zurzeit sind 23 Teilnehmer in der Maßnahme. Die Agentur für Arbeit übernimmt die Kosten für die sozialpädagogische Betreuung durch BALI und die Sozialversicherungsbeiträge und Fahrkosten für die jungen Menschen. Wenn kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht, erhalten sie außerdem 192 Euro monatlich.
„Ich finde dieser soziale und finanzielle Einsatz aller Beteiligten ist in jeder Hinsicht lohnend. Insgesamt geben wir 2007 in der Agentur Lübeck 10 Mio. Euro für die Ausbildung und Qualifizierung behinderter Menschen aus. Auch 2008 werden wir in gleicher Größenordnung behinderte Menschen fördern“, ergänzt Werner.
BU (von li.) Marcel-Andreas Brinckmann, Sebastian Erdmann, Tiago Pimentel, Simon Weber, Sven Hirsekorn und Tobias Boldt freuen sich über ihre Ausbildungschance
