Tag des offenen Denkmals in Lübeck: Hinter der Fassade – Lübecker Häuser und ihre Geschichte

Der Tag des offenen Denkmals am 14. September 2008 lädt bundesweit alle Geschichtsbegeisterten zu einer Tour in die Vergangenheit ein. Mehr als 7000 Denkmäler in über 2500 Städten und Gemeinden öffnen ihre Türen für interessierte Besucher. Für Lübeck stellte die Projektkoordination das Programm in einem dieser Häuser vor: die „Baustelle“ Hinter der Burg 15/Kleine Burgstraße1 – Nr. 6 in der Programm-Liste.
Foto: Namen lt. im Text genannter Reihenfolge ohne Dr. Gläser.
Sonst oft nicht oder nur teilweise geöffnete historische Bauten können also an diesem Tag besichtigt werden. Unter dem Motto „Vergangenheit aufgedeckt – Archäologie und Bauforschung“ erklären Fachleute und engagierte Laien aus Denkmalpflege und Archäologie anhand konkreter Beispiele ihre Arbeit. Und für Lübeck ist das Thema besonders reizvoll; denn die archäologischen Forschungen gelten als äußerst bedeutsam für ganz Nordeuropa – zumal die Bauforschung in den letzten dreißig Jahren in Lübeck hervorragende Ergebnisse erzielt hat. Auch in der Hansestadt werden 13 historische Bauten geöffnet sein, an denen sich die archäologischen und baugeschichtlichen Forschungen ergänzen und Auskunft über die Geschichte der Häuser geben. Am Tag des offenen Denkmals offenbart der sonst nicht erwünschte Blick hinter die Fassade mancher Privathäuser die Geschichte des Hauses. So gibt es neben dem in Lübeck weit verbreiteten Typ des Dielenhauses, von denen einige momentan von privaten Eigentümern saniert werden, auch besondere Gebäude wie die Pilgerherberge, das Beichthaus oder das Torhaus des Marstalles. Letztendlich jedoch bilden alle Gebäude zusammen das reizvolle Ensemble, das Lübeck für die Bewohner und Touristen so einzigartig macht.
Der Tag des offenen Denkmals ist der deutsche Beitrag zu den European Heritage Days unter der Schirmherrschaft des Europarats. Alle 49 Länder der europäischen Kulturkonvention beteiligen sich in diesem Jahr im September und Oktober an dem Ereignis. Seit 1993 koordiniert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Tag des offenen Denkmals bundesweit. Mit jeweils über vier Millionen Besuchern in den letzten Jahren ist sie eine der erfolgreichsten Kulturveranstaltungen in Deutschland. Getragen wird sie vom großen Engagement der vielen ehrenamtlichen Organisatoren vor Ort.
Vorgestellt wurde diese Veranstaltung direkt „vor Ort“ im Hause Hinter der Burg 15/Kleine Burgstraße1 (Programm-Punkt Nr. 6) durch Dr. Manfred Gläser vom Bereich Archäologie gemeinsam mit Ulrike Scholz (Kuratorium Deutsche Stiftung Denkmalschutz), Doris Mührenberg (Projektkoordinatorin), Dr. Michael Scheftel (Bauhistoriker), Detlef Zaube (Gebäudeeigentümer) und Dr. Annegret Möhlenkamp (Projektkoordinatorin). Der Bauhistoriker, der für die Bauforschung auch zu den Planungsarbeiten dieses Hauses in Zusammenarbeit mit Studenten der Fachhochschule Lübeck mitentscheidend beiträgt, erläuterte dabei seine bisherigen Ergebnisse zu diesem Haus. Dieses wird derzeit vom Eigentümer Detlef Zaube in Zusammenarbeit mit den Bereichen Archäologie und Bauforschung umfassend „saniert“ wird. Es handelt sich um den Kopfbau mit anschließender Reihenhauszeile von 1292-93 gegenüber dem ehemaligen Dominikanerkloster mit fünfachsigem gotischen Hochblendgiebel, der um 1800 zugunsten des Kopfbaus verkleinert, im 20 Jahrhundert seine Eigenständigkeit verlor und diese im Zuge der jetzigen Sanierung wieder erhalten sowie im Inneren die mittelalterliche Grundrissstruktur und klassizistische Ausstattung ablesbar werden sollen.
Hervorzuheben ist, wie Projektteam und Eigentümer erklärten, deren gegenseitiges Verständnis und die Geduld des Bauherrn. Ein solches Vorhaben ist durchaus voller Überraschungen, und man weiß vorab nie, was zu erwarten ist. Wie zu hören war, sind Zuschüsse von Förderseite sind bisher nicht geflossen. Im Gegenteil: Gebäudeeigentümer Detlef Zaube unterstützt die Arbeit der Bauforschung sogar von seiner Seite finanziell. Er hat bereits Erfahrungen auf dieser Ebene: „Sonst hätte ich mich auf dieses Projekt gar nicht erst eingelassen!“ Aber letztlich verspricht das Ergebnis eine sehr schönes zu sein: „Die Wohnatmosphäre, die hier geschaffen wird, kann niemals auf der „grünen Wiese“ und einem Neubau erreicht werden“, erklärte Dr. Manfred Gläser. Ein unvergleichliches Schmuckstück also, das zudem „historischen“ Odem unvergleichbarer Art atmen wird. Ein Getreidehandel wie ursprünglich oder der eines Krämers, eine Gaststube oder auch eine Asylantenunterkunft werden hier keinen Platz mehr finden. Detlef Zaube hat jedoch zugesagt die Türe erneut zu öffnen, wenn seine Vorstellungen hier verwirklicht sind.
Besonderer Hinweis: In der Pilgerherberge Große Gröpelgrube 8 werden am Tag des Offenen Denkmals über die Hausbesichtigung hinaus die Methoden der in der Öffentlichkeit kaum bekannten Bauforschung besonders dargestellt.
Das Lübecker Programm im Überblick:
1) St. Annen-Straße 3
Aegidienkonvent
Gebäude mit Wandmalereien, Heiligenfiguren, aus dem 14. Jh.
9.30 – 14 Uhr (sonst nicht geöffnet)
Führungen zur Öffnungszeit
2) Engelsgrube 28
Dielenhaus
Sanierung eines denkmalgeschützten Dielenhauses der Backsteingotik
mit Durchgang zum dahinter liegenden Krusenhof,
1340/50 zw. älteren Brandmauern erbaut, 1570 Giebel und
Binnenstruktur erneuert, weitere Bauphasen 18. u. 19. Jh.,
wird zur Zeit von der Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH
durchgreifend saniert, die DBU finanziert begleitende Untersuchungen
zur Vereinbarkeit von Denkmalsubstanz und EnEV
10 – 15 Uhr (sonst nicht geöffnet)
Führungen um 11 und 13 Uhr
3) Engelsgrube 47
Wohnhaus/Alter Speicher
mittelalterliches Dielenhaus mit Renaissancegiebel, im Innern
Wand – und Deckenmalereien, großer Innenhof, alte Spindeltreppe
(Café in der Diele und im Garten, Bildausstellung, Grillwurst, Lesung)
11 – 17 Uhr (sonst auch geöffnet)
Führungen nach Bedarf
4) Hinter der Burg 6, Burgkloster
Beichthaus
nach der großen Pest von 1350 entstanden, beherbergt heute
das Archäologische Museum, bei den Führungen werden die
Ergebnisse der baugeschichtl. Untersuchungen und der Ausgrabungen
sowie in einer Grabungssimulation die Methoden und Techniken der Stadtarchäologie vorgestellt
11 – 17 Uhr (sonst auch geöffnet)
Führungen um 11, 12.30, 14 und 15.30 Uhr
5) Mengstraße 44
Kaufmannshaus
Dielenhaus mit einem backsteinsichtigen, fünfteiligen Staffelgiebel
a. d. 16. Jh., Vorderfassade durch Putzflächen neuzeitl.
verändert, rückwärtiger Seitenflügel a. d. 16. Jh. mit got.
Malereien, Quergebäude mit Sandsteintafel von 1590, die
innere Raumstruktur ist weitgehend erhalten
(Büchertisch, Denkmalinformationen, Produkte von Monamente, Gemälde „Geheimnisvolles Lübeck“, Ölmalerei, Kaffee, Kuchen)
11 – 18 Uhr (sonst nicht geöffnet)
Führungen nach Bedarf
6) Große Gröpelgrube 8
Pilgerherberge
von 1365, Pilgerhalle mit. bauzeitl. Wandmalereien, zzt.
Restaurierung, die Arbeit an den lebensgroßen Heiligen wird
von den Restauratorinnen erläutert, auf Tafeln werden Baugeschichte
des Gebäudes und Methoden der Bauforschung allgemein
vorgestellt
11 – 17 Uhr (sonst nicht geöffnet)
Führungen um 12 und 14 Uhr
7) Große Burgstraße 2
Torhaus
Deckenkonstruktion mit aufgelegtem Maßwerk von ca. 1460,
heute in einer Überfassung von 1612, Inschrift ocker mit
schwarzen Mauresken, an einigen Stellen ist die mit leuchtenden
Farben auf weißen Grund bemalte urspr. Deckenfassung
noch sichtbar
11 – 16 Uhr (sonst nicht geöffnet)
8) Fleischhauerstraße 79
Dielenhaus
im Kern mittelalterl. Dielenhaus mit Umbauphasen im 15. Jh.,
Seitenflügel, Rückgiebel und frühen 18. Jh. Vordergiebel, in
der hohen Diele ist der mittelalterl. Raumeindruck noch erlebbar,
insbesondere an der mit Nischen gegliederten östl.
Brandwand, im OG des Seitenflügels fragmentar. erhaltene
figürl. Wandmalerei und spätmittelalterl. im 17. Jh. überformte
Fensteranlage
11 – 17 Uhr (sonst nicht geöffnet)
9) Dr.-Julius-Leber-Straße 31
Bürgerhaus
Querhaus der Renaissance von ca. 1613, über das im Kern
got. Vorderhaus und den Hof zu erreichen, anhand baul. Spuren
und Reste der hist. Ausstattung ist der hist. Grundriss
rekonstruierbar, Ausmalung im Inneren mit einer Renaissance-
Quadermalerei, Baustellenzustand: tw. sind die Wandmalereien
zu ihrem Schutz verkleidet
11 – 15 Uhr (sonst nicht geöffnet)
Führung um 11 Uhr
10) Ecke Alfstraße/ Schüsselbuden
Großgrabung
brachliegendes Gelände der ehem. Großgrabung mit den verbliebenen
Kellergeschossen eines Saalgeschosshauses aus frühem 13. Jh. und einiger Dielenhäuser 13./14. Jh., die wesentl. Ergebnisse der Grabungskampagnen werden erläutert, lückenlose Beschreibung der Siedlungsgeschichte von den Holzbauperioden des 12. Jh. bis 1942 ermöglicht
Führungen um 11 und 14 Uhr, Teilnahme auf eigene Gefahr
Powerpoint-Präsentation in der Hansa-Schule
Hundestraße 62
Dielenhaus
in Ecklage zum Rosengarten gelegenes, im Kern got. Dielenhaus
mit Staffengiebel, mehrere Umbauphasen insbesondere
in der Renaissance, z. B. figürl. Wandmalerei an der Außenwand
der Oberdornse, barocke Fensteranlage zum Hof und
Deckenmalerei im Seitenflügel von 1659, in den letzten Jahren
privat saniert
11 – 15 Uhr (sonst nicht geöffnet)
11) Hinter der Burg 15/Kleine Burgstraße 1
Reihenhauszeile
Kopfbau mit anschließender Reihenhauszeile von 1292-93
gegenüber dem ehem. Dominikanerkloster, fünfachsiger got.
Hochblendgiebel, anschl. Reihenhaus um 1800 zugunsten des
Kopfbaus verkleinert, verlor im 20. Jh. seine Eigenständigkeit,
die es im Zuge der jetzigen Sanierung wieder erhalten
soll, im Inneren mittelalterl. Grundrissstruktur und klassiszist.
Ausstattung ablesbar
11 – 16 Uhr (sonst nicht geöffnet)
Führung um 15 Uhr
12) Jakobikirchhof 1-2
Pastorenhäuser
Traufenhauszeile präsentiert sich heute als Bau von 1601-02,
im Westgiebel von Haus 2 noch Lateinschule aus der Zeit um
1300 ablesbar, mehrschichtige Wand- und Deckenmalereien
von der Gotik bis ins 18. Jh.
12 – 16 Uhr (sonst nicht geöffnet)
Führungen um 12 und 14 Uhr
Alle Informationen zu den Veranstaltungen in Deutschland am 14. September 2008 sind im Internet unter www.tag-des-offenen-denkmals.de zu finden.









