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5. Tag der Hanse in Lübeck mit zahlreichen Führungen

Hanseschiff-RB
Am 17. Mai 2008 findet zum 5. Mal der dezentrale Tag der Hanse statt. In Lübeck gibt es aus diesem Anlass zahlreiche Führungen durch Ausstellungen und Sehenswürdigkeiten. Der alljährlich wiederkehrende Tag der Hanse, der am gleichen Tag europaweit in vielen der 167 Hansestädten veranstaltet wird, hat das Ziel, den Hansegedanken in den Städten fester zu verankern.

Zeichnung nach Vorlage (Reinhard Bartsch): Hanseschiff um 1475 – BU Textende incl. Beitrag zum Lübecker Nachbau von 2004 Diese gemeinsame internationale Veranstaltung rückt die historische Bedeutung der Hanse und die moderne Lebensqualität der Hansestädte in das Bewusstsein der Menschen und will das Zusammengehörigkeitsgefühl der Städte, die dem Städtebund „Die Hanse“ angehören, stärken.

Das Programm in Lübeck:
* Führungen durch die Ausstellung „Die Macht des Handels“ im Museum Holstentor, 13 und 15 Uhr. Teilnahmegebühr zwei Euro.

* Der Besuch des Holstentormuseums mit der Ausstellung „Die Macht des Handels“ zum Sondereintrittspreis von einem Euro pro Person. Die Ausstellung zeigt sieben interessante Themenräume, bei denen verschiedene Installationen das aktive Handeln des Besuchers erfordern und interessante Entdeckungen parat halten.

Sonderführung zur Hansegeschichte, Treffpunkt Rathaus Haupteingang,16 Uhr. Dieser zweistündige geführte Rundgang wird von den Stadtführern des Lübecker Verkehrsvereins e.V. für Gäste und Bürger der Hansestadt Lübeck kostenfrei angeboten. Bei diesem Stadtrundgang handelt es sich um eine Themenführung mit dem geschichtlichen Schwerpunkt der Hansezeit in Lübeck und bietet viel Wissenswertes und Interessantes auch für Lübecker und Lübeck-Liebhaber inklusive einer Rathausführung.

Eingeschlossen in die Führung ist eine Erläuterung des Kanzleigebäudes, das heute als Geschäftshaus und Caféstube dient. Früher beherbergte es im oberen Stockwerk die Schreibstuben des Rates. Im Erdgeschoss waren kleine Verkaufsräume der Körber, Tuchhändler, Krämer, Fleischer und Bäcker untergebracht. Weitere Infos beim Verkehrsverein: Telefon (0451) 72 300.

BU: Das Hanseschiff, auch Karacke oder Kraweel, (Darstellung hier um 1475) bot u. a. eine erhebliche größere Ladekapazität als die „Vorgängerin“ Kogge. Statt deren Klinkerbauweise wurde Stoß-auf-Stoß gearbeitet. Die Dichtung der Nähte und Decks erreichte man mittels Kalfaterung. Dabei wurden Werg und Pech eingebracht. Diese Bau-Technik ermöglichte den Bau größerer Schiffe, die die Reisen damit noch wirtschaftlicher machten. Allerdings erlaubte dieser „neue“ Schiffstyp auch den Einsatz von Schiffskanonen und läutete auch eine andere „Qualität“ von Seekrieg ein.

Ein Nachbau dieses Schiffstyps hat seinen Heimathafen in Lübeck.

Mehr zum Lübecker Hanseschiff-Nachbau:

Lisa von Lübeck bestand Probefahrt mit Auszeichnung
Geschrieben von Reinhard Bartsch am 7. 10. 2004 (HL-live.de)

Die Menschen im Ostseeraum des 15. Jahrhunderts staunten nicht schlecht, als sie das erste Mal die damals schon typische Kraweel des Mittelmeeres zu Gesicht bekamen. Viel größer und mit einer Rumpfbeplankung, die ihnen völlig unbekannt war: Stoß auf Stoß, also praktisch nahtlos.

Vielleicht waren sie sogar durchaus erschrocken, denn Ihnen war nur die hier übliche, erheblich kleinere Kogge mit ihrer Klinkertechnik vertraut. Selbstverständlich übernahm man diesen dreimastigen Schiffstyp rasch, zumal mit diesem erheblich mehr Frachtgut geladen werden konnte und eine unvergleichlich bessere Manövrierfähigkeit gegeben war.

Leider hat die Schifffahrtsgeschichte dieser Epoche des Mittelalters keine wirklichen Funde hinterlassen. Leider auch, so muss man feststellen, waren mit diesem Schiff erstmals auch Gefechte auf dem Wasser möglich. Denn die Kogge wäre beim ersten Schuss der Kanone umgekippt. Nicht jedoch diese Bahn brechende Weiterentwicklung im Schiffbau – die Kraweel oder auch das gemeinhin so genannte Hanseschiff! Bis heute hat man bis auf einige Hölzer ein solches Wrack nicht gefunden.

Für die Kogge gilt das nicht. Nur ist zu vermuten, dass die an Mecklenburgs Küste aufgefundene, gut erhaltene wahrscheinlich gleich gesunken ist, weil wegen ihrer vergleichbaren Größe die Dichtigkeit der Klinkerbauweise offensichtlich nicht erreicht werden konnte. Nur auf einem Ziegelstein in einem schwedischen Kloster und auf Gemälden gibt es Abbilder der Kraweel, die allerdings nicht für Baupläne reichen. Es war nämlich üblich, den Werften nur die Länge des gewünschten Schiffes anzugeben, woraus sich übrige Maße ergaben. Konstruktionspläne wurden nicht gezeichnet.

Eine geschichtliche Lücke also, die längst darauf gewartet hat, genauer erforscht zu werden. Auf die Idee, ein solches Schiff nachzubauen kam schließlich Lisa Dräger vor gut einem Jahrzehnt. Natürlich war man in der Hansestadt neidisch auf andere Städte, die schon mit Nachbauten der Kogge beispielsweise zu den Hansetagen fuhren. Aber in Stefan Müller fand sie einen Gesinnungsgenossen, der – von diesen Vorhaben geradezu gefesselt – die Sache aufgriff. Sie gründeten die Gesellschaft Weltkulturgut Lübeck, waren aber so vorsichtig, das Projekt des Hanseschiff-Nachbaus als eines unter verschiedenen aufzugreifen. Die „SW 2“ der Schlichting-Werft und die Schaukästen der „Zeitpunkte“, in denen mittelalterliche Bauten wie Kirchen und Stadttore zu sehen sind, haben gezeigt, dass ihre Vorhaben durchaus realisiert werden konnten. Bleibt die Frage nach der Kraweel, dem Projekt, das technisch und natürlich auch finanziell völlig andere Dimensionen erforderte. Ein wissenschaftliches Symposium bereitete einen ersten Weg zum Gelingen vor.

Lisa Dräger spendete dabei nach einem Interview im Offenen Kanal Lübeck die ersten 20.000 Mark für die Entwicklung der ersten Bau- und Linienpläne durch die TU Berlin. Aber drei Dinge waren schließlich 1998 die entscheidenden Voraussetzungen für die Verwirklichung dieses eigentlich da immer noch fast unglaublichen Vorhabens: Die Hansestadt sagte Unterstützung mit der Holzgestellung der für den Schiffbau vor vielen hundert Jahren gepflanzten Eichen aus heimischen Wäldern sowie mit einem Bauplatz zu, und das da noch als solches bezeichnete Arbeitsamt Lübeck beteiligte sich ab Baubeginn 1999 mit vier Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen insbesondere für jugendliche Arbeitslose. Ein Projekt, dass nicht nur nostalgisches Fahrvergnügen und eine maritime Darstellung der Hansestadt Lübeck erbringen sollte, sondern vor allem ein wissenschaftliches weil eines experimenteller Archäologie, denke man an die Auswertung auch der Segelversuche. Ein gewaltiges Problem ergab sich aus dem unerwarteten Rückzug des Arbeitsamtes im Jahre 2003. Das Projekt geriet ins Stocken, aber die Hansestadt half mit Manpower der Gab aus.

Ein großes Glück, wenn auch vielleicht sorgsam vorbereitet, verdankte man jedoch wieder einmal der Possehl-Stiftung: Mit 200.000 Euro wurden die Mittel zur Verfügung gestellt, mit denen man die Beschaffung von Materialien bis hin zum Motor bestreiten konnte. Nicht zu vergessen aber auch die Arbeit der Vereinsmitglieder, freiwillige Hilfe von außen, die Einnahmen aus dem „Fan-Shop“ und Spenden weiterer Sponsoren wie der Schifferbrüder für die Segel. Zudem galt es, 4.170 Meter Nähte des Rumpfes zu kalfatern und damit abzudichten. Immerhin entspricht das einer Strecke nahezu der rund um die Lübecker Altstadt. Wenn sich nun am Donnerstag, dem 30. September 2004, erneut die Menschen verwundert die Augen rieben, als der verwirklichte Traum des Nachbaus des Hanseschiffes vom Bauplatz an der Wallhalbinsel ablegte und sich in Richtung Travemünde bewegte, waren gut 600 Jahre vergangen.

Erschreckt hat dies sicher niemanden mehr, aber eines erinnerte an nach wie vor bestehende seemännische und mittelalterliche Traditionen. Denn Lisa Dräger, die dem Schiff auf die Planken geholfen hat, durfte nicht an Bord: Keine Frauen auf der ersten Fahrt! Der ersten von vier vorab genehmigten „Reisen“, um das Manövrierverhalten und die Maschine zu erproben und die Sicherheit an Bord zu testen. Grundlegende Dinge, wobei die Segeleigenschaften erst im Frühjahr geprobt werden, wenn auch die Takelarbeiten bereits vier Kilometer Tauwerk verschlungen haben. Erste praktische Aufgabe also für Bootsbaumeister Heino Schmarje, den Ruderstand zu übernehmen und sein „Baby“ erstmals auszufahren.

An Bord nicht nur Männer, die sich an dem großen Werk verdient gemacht haben sowie Handwerker und Zulieferer, sondern auch der Chairman of the Safety Council und Appointed Surveyor für Traditional Vessels der European Maritime Heritage Jan Fock sowie für dessen Dokumentation Wolfgang Scheel, Principal Surveyor bei Lloyd’s Register of Shipping, von deren Gutachten abhängen würde, ob die Genehmigungsbehörde die Fahrerlaubnis für das Schiff erteilen könne. Sie gehören der Gemeinsamen Kommission für historische Wasserfahrzeuge e. V. an, einer vom Bundesverkehrsministerium nach den Richtlinien der Schiffssicherheitsverordnung eingesetzten Kommission, die der Seeberufsgenossenschaft gegenüber gutachterlich im Rahmen eines Sicherheitszeugnisses zur Erteilung der Fahrerlaubnis Stellung bezieht. Eine Einrichtung die eintritt, weil eine Klassifizierung von Traditionsschiffen wie bei modernen Schiffen nicht möglich ist. „Ich habe den Bau des Schiffes von Anfang an begleitet. Meine Auflagen wurden problemlos umgesetzt; ich habe keine Beanstandungen,“ so der Gutachter sogar vorab..

„Außerdem kenne ich den Baumeister Schmarje schon viele Jahre. Wir haben hier nicht den ersten Kontakt. Er ist ein äußerst fähiger Fachmann!“ Punkt 10 Uhr der zum Aufbruch auffordernde Schlag an der Schiffsglocke durch Charly Brüser, und los ging’s. Vorbei am Burgtor, an den Hafenanlagen der Neuzeit, dem alten Fischerort Gothmund und unter der Herrenbrücke hindurch. Die grüßte mit ihren beiden hochgefahrenen Flügeln schon von weitem.. Denn der größte Mast der Kraweel ist mit seinem Mastkorb so hoch, dass das Öffnen der Brücke notwendig ist.

Die modernen „Kollegen“ hupten im vorbei Gleiten drei Mal, die „Lisa von Lübeck“ zackig zurück. Wahre Insider bestätigen dazu ein Mal kurz. Weiter zum Zwischenstopp an Travemündes Ostpreußenkai mit Stefan Müller, von Beginn an Vorsitzender der Gesellschaft Weltkulturgut Lübeck, nun als Rudergänger, dessen Gesichtsausdruck nicht nur Konzentration, sondern eine gehörige Portion Stolz verriet. Das bestätigte er unumwunden: „Das ist schon ein großer Tag! Die Lisa fährt sich wie ein Auto – unglaublich! Damit hat bei allen Erwartungen wirklich niemand gerechnet! Wir haben einen tollen Rumpf bekommen. Das Ruder wirkt exakt. Das Schiff ist perfekt gelungen!“ Und durchaus mit gewisser Schadenfreude hinterher: „Damit haben wir nun endgültig alle Zweifler widerlegt!“ Die hat es nämlich reichlich gegeben. Funkspruch an Travetrafik „Legen an Ostpreußenkai!“ Dort versammelten sich im strahlenden Sonnenschein Travemündes unzählige Zuschauer, fragten dies, fragten das. Stefan Müller gab geduldig Auskunft. Lisa Dräger war auch wieder da, durfte sogar für ein paar Minuten an Bord zum Suppefassen. Aber erneut ohne sie wurden die Tampen eingeholt, und im weiten Bogen drehte das Schiff ab, streifte beinahe die weiße Lady Sanssouci Star, und gewann Fahrt Richtung Travemünder Bucht, dem am heutigen Tag wettermäßig idealen Testbereich. Kurz darauf bewies der 6-Zylinder-Volvo-Diesel seine 347 PS, von Vollgas auf Stopp wurde geprüft, wann das Schiff steht, und weitere Manöver zeigten einen sehr guten Wendekreis. Heino Schmarje gemeinsam mit Martin Haucke, einem von heute sieben Kapitänen im Verein, zufrieden: „Das ist wirklich fantastisch. Motor und Propeller sind perfekt aufeinander abgestimmt, das Ruderblatt ist hervorragend. Das Schiff läuft 8,5 Knoten, das sind gut 16 Stundenkilometer, völlig ausreichend, um Gäste pünktlich nach Hause zu bringen, wenn mal der Wind beim Segeln Ärger macht.

Aber das Schiff soll schließlich segeln, nicht mit Motorkraft fahren!“ Ebenso zufrieden die Techniker Günter Kohler und Hans-Joachim Mauff mit Maschine und Elektroinstallation: „Beste Werte, wir haben nichts zu bemängeln!“ Zufriedene, ja geradezu begeisterte Gesichter rundum. Beinahe bedauernd wurde pünktlich 16 Uhr das Anlegemanöver bei der Rückkehr an der Wallhalbinsel hingenommen. Jan Fock hatte da das Sicherheitsgutachten längst unterschrieben und gestempelt Heino Schmarje übergeben. 10 Jahre ist es her, dass der gefragt wurde, ob er ein solches Schiff bauen könne. Klar, hatte er damals fast einsilbig gesagt. Nicht mehr und nicht weniger. Viel mehr sagte er allerdings nach dem Anlegen immer noch nicht. Ob er es war, der abschließend zum „Hipp, hipp, hurra“ auf die „Lisa von Lübeck“ beim Festmachbier im Bauch des Hanseschiffes aufgefordert hat, dürfte absolut unwichtig sein. Zu hören war es dennoch weithin bis zu den Schuppen an der Untertrave.

Lübeck hat jedenfalls ein Juwel bekommen, das unvergleichlich ist. Ein Verdienst der energischen Lisa Dräger, des mutigen Stefan Müller und ihres Vereins Weltkulturgut Lübeck.