Wissenschaft

Ausstellungstipp: Zeitgenössische Kunst aus Afrika in der Lübecker Völkerkundesammlung

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Die Lübecker Völkerkundesammlung zeigt bis zum 16. September 2007 erstmals Werke des Künstlers Didier A. Ahadsi in einer Einzelausstellung mit dem Titel „Togo direkt. Didier A. Ahadsi – Zeitgenössische Kunst aus Afrika“.Präsentiert werden 46 bunt lackierte Eisenplastiken aus der Sammlung von Karl-Heinz Krieg. Die Plastiken bestechen durch ihre liebevoll detailreiche Gestaltung und ihre starke Ausstrahlung.

Didier A. Ahadsi setzt sich thematisch und materiell mit dem Bekannten und Offensichtlichen seiner Umwelt auseinander. Das bewegte städtische Leben von Lomé und die städtische Bilderkultur, die durch grelle Reklametafeln geprägt ist, spiegeln sich in seinen Werken wider. In seine Metallplastiken sind die vertrauten Motive des urbanen Alltags aus ihren Zusammenhängen gelöst, isoliert und auf Distanz gebracht: Ein Schmied, ein Mann der Orangen pflückt, ein Straßenmädchen mit Handy, ein Polizist, der Schmiergeld von einem Verkehrssünder nimmt, sind nur ein paar der Themen, die er in seinem nächsten Umfeld findet.
Schon in seiner Kindheit fiel Didier A. Ahadsi (geboren 1970) durch sein großes handwerkliches Geschick auf. So bastelte er Spielsachen aus weggeworfenen Konservendosen und verkaufte sie auf dem Markt in Vogan, seinem Heimatort.

Als sein Onkel, der eine Autowerkstatt in der Hauptstadt Lomé besaß, zu Besuch war, erkannte er das Talent des Jungen und schlug ihm vor, mit ihm nach Lomé zu kommen und Karosseriebau zu erlernen. Nach sieben Lehrjahren und zwei Gesellenjahren erhielt er sein Diplom. Anschließend arbeitete er noch zwei Jahre als Angestellter in verschiedenen Autowerkstätten, um sich das Geld für eine eigene Werkstatt zu ersparen. Als er dies schließlich geschafft hatte, musste er bald feststellen, dass sein Geschäft nicht gut lief. Er hatte nur wenige Aufträge und die Zahlungsmoral der Kunden war sehr schlecht.

Vor die Notwendigkeit gestellt, sich neue Einkommensmöglichkeiten zu erschließen, erinnerte er sich an die Spielsachen, die er als Kind hergestellt hatte. Da seine finanziellen Möglichkeiten begrenzt waren, griff er bei den Materialien zu den für ihn Nahe liegenden Autoblechresten und Lacken. Die Blechreste werden geputzt, gebogen, verschweißt, vor Rost geschützt und schließlich lackiert.

Der Metallkünstler und der Sammler Karl-Heinz Krieg begegneten sich erstmals im Jahre 2002. Auf einem Markt in Lomé wurden Krieg zwei Figuren angeboten, die ein Priesterpaar darstellten. Krieg war so begeistert von den Stücken, dass er sogleich den Künstler in seiner Werkstatt aufsuchte und weitere Plastiken in Auftrag gab. Als Auftraggeber nahm Krieg sein Mitspracherecht wahr und es kam vor der Fertigung zu einer Verständigung zwischen Künstler und Sammler über Motive, Vorstellungen und Ideen. Die künstlerisch-handwerkliche Umsetzung der Sujets lag dann allein in den Händen des Metallkünstlers. Er nimmt Personen und Szenen aus dem bewegten Alltagsgeschehen Lomés und führt uns so seine eigenen Lebensumstände vor Augen. Am Anfang seines Schaffens sind der überwiegende Teil der Skulpturen Einzelfiguren: Auf einer runden, gewölbten Metallscheibe verankert, bietet eine Hühnerverkäuferin ihre Ware an, transportiert ein Bananenträger seine Früchte und ein Jäger seine Beute nach Hause.

In seinen späteren Werken intensiviert Didier A. Ahadsi das Bewegungsmoment, indem er Einzelfiguren szenisch komponiert und zueinander in Beziehung setzt: eine Obstverkäuferin im Gespräch mit ihrer Kundin, ein Zahnarzt behandelt seinen Patienten, eine Mutter wäscht ihr Kind, einer Frau werden die Haare geflochten, zwei Männer an der Tankstelle. Diese Szenen erzählen Geschichten aus dem urbanen Leben aus humorvoller Distanz. Mit unerbittlicher Präzision werden jedoch auch gewalttätige Themen wie Ehekrach und Lynchjustiz ausgeführt. Auch dies sind mögliche Szenen in Lomé. Den Einheimischen bieten Ahadsis Szenen eine neue ungewohnte Perspektive auf die eigenen Lebensumstände, für den Fremden bleibt die reizvolle Aufgabe, die isolierten Motive zurück in ihren Entstehungskontext zu stellen.

Neben den Arbeiten von Ahadsi werden zudem Malereien von vier zeitgenössischen Malern aus Togo gezeigt.

Die Völkerkundesammlung, Zeughaus am Dom, Parade 10, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt 2,50 Euro, für Kinder zwei Euro.