Entschließung des SPD-Kreisvorstandes Lübeck zum Rücktritt von Kurt Beck
Der SPD Kreisvorsitzende Peter Thieß übermittelte aus aktuellem Anlass folgende Stellungnahme:
„Der Rücktritt von Kurt Beck und die Umstände, die hierzu führten, müssen in der Partei aufgearbeitet werden. Die Art und Weise der Auseinandersetzung war kein politischer Diskurs mit offenem Visier.
Die Arbeit Kurt Becks verdient Respekt und Anerkennung in seinen Erfolgen im Ringen um eine geeinte sozialdemokratische Partei. Der Verzicht des Parteivorsitzenden auf die Kanzlerkandidatur und seine Nominierung von Frank-Walter Steinmeier hätte in dieser Personalkonstellation für die SPD die „flügelübergreifende Kräftebündelung“ für einen starken, erfolgreichen Bundestagswahlkampf zum Ausdruck gebracht.
Wir halten es für das falsche Signal, mit Steinmeier als Kanzlerkandidaten und Müntefering als designiertem Parteivorsitzenden gleich zwei ausgewiesene Verfechter der schröderschen Agenda-Politik an die Spitze zu setzen. Das kann den inhaltlichen Erholungsprozess der Partei mit ihrer Rückbesinnung auf soziale Werte entsprechend der Beschlüsse des Hamburger Bundesparteitages stark beeinträchtigen.
Bei aller Anerkennung der Lebensleistung Franz Münteferings für die SPD verkörpert er und die Umstände seiner Nominierung nicht die gewünschte inhaltliche Veränderung und personelle Alternative für einen frischen Neuanfang, den die Partei dringender benötigt als die Manifestierung der Politik, die unsere politischen
Wettbewerber erst gestärkt hat. Eigentlich haben wir den Entwurf eines Bundeswahlprogramms erwartet, das uns wieder unangefochten als Partei der sozialen Gerechtigkeit ausweist!
Die Partei muss an ihrer Spitze erkennen lassen, dass sie eine linke Volkspartei ist, die gelernt hat, dass die Agenda-Reformen zu weit gegangen sind.
Die Partei hätte auch ein offeneres Verfahren zur Nominierung von geeigneten Kandidatlnnen für den Parteivorsitz verdient. Die ad-hoc-Nominierung ohne Rückkoppelung mit der Basis – schließlich haben wir über den Parteivorsitz schon im Mitgliederentscheid entschieden – wird dabei als Entdemokratisierung notwendiger Meinungsbildungsmöglichkeiten kritisiert. Auch wenn die eigentliche Entscheidung erst auf einem Bundesparteitag fällt, wirkt die jetzige Nominierung stark präjudizierend und wenig offen. Wir appellieren an den Parteivorstand, weitere Kandidaturen zu fördern und eine breite Meinungsbildung in der Partei zu ermöglichen.
Es wird erwartet, dass der Mitgliederwille wieder ernster genommen und demokratische Entscheidungswege gefunden werden, die diesen Ansprüchen gerechter werden. Dazu gehört auch die Verlässlichkeit in gefundene Entscheidungen (siehe Privatisierung der Bahn trotz anderslautender Beschlusslage).
Einstimmig beschlossen im SPD-Kreisvorstand Lübeck am 08.09.2008 zur Weiterleitung an die Parteigliederungen.“
Quelle: SPD-Kreisvorstand Lübeck