Politik & Wirtschaft

FDP: CDU und ihr Umweltsenator spielen falsch

Blunk_Michaela
Das ist typisch Lübecker CDU! In der letzten Sitzung der Bürgerschaft schiebt sie zusammen mit der SPD die von der FDP geforderte Aufklärung über die Situation auf dem Meeresgrund vor Travemünde auf die lange Bank, und in den Medien wirft der stellvertretende Fraktionsvorsitzende aus Travemünde den besorgten Antragstellern, Wissenschaftlern, Medien und Naturschutzverbänden „Panikmache“ vor, empört sich die Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Dr. Michaela Blunk.Wenn die CDU mit ihrer absoluten Mehrheit verantwortungsvoll umgegangen wäre und den Antrag der FDP auf Ortung und Bewertung der 1961 dicht vor Travemünde versenkten Giftgasmunition (u.a. flüssiges Chlor und Phosgen) unterstützt hätte, wären die ersten Schritte zur Klärung bereits eingeleitet worden. Die Öffentlichkeit hätte anerkannt, dass die Stadt umgehend aktiv wird, ist die Liberale überzeugt.

Statt dessen – es ist kaum zu glauben, aber inzwischen amtlich – folgte die CDU-Fraktion erneut kritiklos ihrem Parteifreund, dem Umweltsenator Thorsten Geißler, der mit einer Pressemitteilung der Landesregierung vom 20. Juli 2007 belegen wollte, dass das Giftgas vor Lübeck ungefährlich ist und am besten bleibt, wo es ist. Zurufe der FDP, dass sich diese Presseerklärung auf konventionelle Munition vor Kiel bezieht, überging der Senator geflissentlich.

Außerdem enthält die Erklärung eine handschriftliche Notiz: „Stand 20.Juli 2007“. Auf die Giftgasstelle vor Lübeck wurde die Landesregierung erstmals im Oktober 2007 und noch einmal im Januar 2008 von dem Munitionsexperten und Meeresbiologen Stefan Nehring erneut aufmerksam gemacht. Allerdings hätte die Landesregierung schon lange vorher von der Versenkung wissen müssen, denn sie wurde 1970 und 1993 mit genauer Ortsangabe in offiziellen Papieren erwähnt, kritisiert Michaela Blunk.

Da dem Senator diese offiziellen Unterlagen vor der Bürgerschaftssitzung ebenfalls vorlagen, in denen die Fischer 1970 bereits in der Überschrift gewarnt wurden: „Fischer! Vorsicht vor Giftgasmunition!“, stellt die FDP-Fraktionsvorsitzende fest, dass Herr Geißler die Bürgerschaftsmitglieder bewusst und fahrlässig in die Irre geführt hat, indem er den Eindruck erweckt hat, die Pressemitteilung von 2007 beziehe sich auf den aktuellen Lübecker Fall. Das äußerst kritikwürdige Vorgehen des Umweltsenators entlastet aber die Fraktionen von CDU und SPD keinesfalls. Sie warteten nämlich dieses Schauspiel nicht ab, sondern beantragten schon vorher und beschlossen ohne eigene gründliche Befassung, die Kosten für Ortung, Bewertung und eventuelle Bergung aus der Aktenlage (!) zu bestimmen (CDU) bzw. die Verantwortlichen im Bund zu ermitteln (SPD), ergänzt die Fraktionsvorsitzende.

Außerdem interessierte sich bislang niemand für unsere Frage, woher das „Teufelszeug“ eigentlich stammte. Handelt es sich um eine späte Bergung im Stadtgebiet, um Reste der Wehrmacht oder Produkte aus Lübecker Munitionsfabriken? Oder …? An die Bundeswehr (!) will ich lieber gar nicht erst denken, schauderte Dr. Michaela Blunk: „Ich kann nicht glauben, dass in Lübeck 1961 Giftgasmunition ohne Aktennotiz über dessen Herkunft versenkt wurde. Der Senator muss jetzt für eine umfassende Aufklärung alle Hebel in Bewegung setzen, damit möglicherweise das Verursacherprinzip doch noch greifen kann.

Wieder einmal gerät unsere Stadt in die negativen Schlagzeilen, weil die großen Parteien und die Verwaltung nicht angemessen oder wenigstens bemüht reagieren. Lübeck war 1961 der Antragsteller, ist also mit verantwortlich. Das Bundesgesundheitsamt hat der Versenkung zugestimmt, ist also mit gefangen. An Land werden Millionen in neue Tourismuseinrichtungen investiert – auch deshalb dürfen die Verantwortlichen in der Stadt die Augen unter Wasser nicht länger zukneifen. Nicht Verharmlosung und Irreführung darf die Taktik sein, sondern Offenheit, Aufklärung und – wenn nötig – Bergung, fordert Dr. Michaela Blunk.

Autorin: Dr. Michaela Blunk