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Politik & Wirtschaft

IHK zu Lübeck: Masterplan Güterverkehr der Bundesregierung springt zu kurz

RohwerPortr
„Der vom Bundesverkehrsministerium jüngst vorgelegte „Masterplan Güterverkehr und Logistik‘ löst die Probleme der wachsenden Verkehre nicht“, sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck, Professor Dr. Bernd Rohwer, kürzlich beim Tag der Logistik in Lübeck. Das Papier enthalte zu viele Problembeschreibungen, zu wenig Erfolg versprechende Lösungsvorschläge und konzentriere sich zu sehr auf unrealistische Zielbeschreibungen. Der weiter wachsende Welthandel und damit weiter rasant zunehmende Güterverkehr lasse sich durch Verkehrsvermeidung und unrealistische Annahmen zur künftigen Leistungskraft der Schiene nicht bewältigen.

Zu den wichtigsten Engpässen der künftigen Verkehrsentwicklung – den völlig unzureichenden Investitionsmitteln, der fehlenden Flexibilität bei neuen Finanzierungsmodellen sowie den zu langen Planungszeiten – enthalte der Plan wenig Konkretes. Für den Vorschlag, die Lkw-Maut in Abhängigkeit von der Fahrtlänge progressiv auszugestalten, gebe es keine sinnvolle Begründung. „Deshalb bietet der Masterplan leider keine günstige Perspektive für den Jobmotor Logistik“, betonte Rohwer.

Mit welcher Dynamik der Logistiksektor sich zurzeit entwickelt und welche Chancen für Wachstum und Beschäftigung gerade in der Region Lübeck daraus entstehen, war Thema der Vorträge und Diskussionen beim Lübecker Tag der Logistik. Bis 2025 werde der Straßengüterverkehr in Deutschland um rund 80 Prozent zunehmen. In Norddeutschland und auch in der Region Lübeck werde dieser Zuwachs wegen der Bedeutung der Häfen für den internationalen Handel noch deutlich stärker sein. Der Norden müsse daher ein besonderes Interesse am weiteren Ausbau der Verkehrswege, insbesondere der Hinterlandanbindungen der Häfen, haben. Rohwer appellierte an die Regierungen in Bund und Ländern, den Bau der Autobahn 20, den Ausbau der A 21 von Bargteheide bis nach Niedersachsen und den Bau der festen Fehmarnbelt-Querung zügig voranzutreiben. Gleiches gelte für die Ertüchtigung der Bahnstrecken Hamburg-Lübeck-Kopenhagen sowie südlich Hamburgs, die Elbvertiefung und Hafenquerspange in Hamburg und den Ausbau des Elbe-Lübeck-Kanals. Aber auch Ortsdurchfahrten sollten verbessert werden, denn sie erwiesen sich täglich aufs Neue als Nadelöhre für die Logistiker.

Lübeck ist die Drehscheibe für die Güterströme in den gesamten Ostseeraum. „Fast alle Fährreedereien steuern den größten deutschen Ostseehafen an. In der Wirtschaftsregion Lübeck hängen 6.000 Arbeitsplätze vom Hafen ab. Außerdem sind mehr als 7.000 weitere Beschäftigte in verwandten Berufen tätig“, so Rohwer. Die Logistikbranche in Lübeck ist sehr leistungsfähig, viele unserer Spitzenunternehmen sind mehrfach zertifiziert. „Wenn es uns gelingt, die Weichen richtig zu stellen, hat der Wirtschaftssektor Logistik in unserer Region eine goldene Zukunft“, betonte Rohwer. Die IHK setzt sich wie andere Verbände und Akteure dafür ein, Lübeck im Zuge einer Cluster-Politik als Schwerpunktregion der Logistik zu positionieren.

Großes Lob erteilte der IHK-Hauptgeschäftsführer den Logistik-Unternehmen für ihre Ausbildungsleistungen. Rund 400 Firmen in der Branche bilden in logistischen Berufen aus. „Nicht erst seit dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel, sondern auch im Zusammenhang mit der Qualitätssicherung in logistischen Tätigkeitsfeldern wird der Ruf nach einer Verstärkung der Ausbildung immer lauter“, so Rohwer. Die vielen offenen Stellen in der Branche stärken seine Hoffnung, jungen Leuten über eine solide Ausbildung eine Perspektive bieten zu können. Beim Tag der Logistik im Technikzentrum Lübeck informierten Verbände und Vereine über ihre Tätigkeiten in der Logistik. Auch die IHK Schleswig-Holstein war mit einem Stand vertreten, und die IHK-Wirtschaftsakademie präsentierte ihre Weiterbildungsangebote für die regionale Logistik-Wirtschaft.