Politik & Wirtschaft

Kommunale Wärmeplanung: schnelle Planungssicherheit und gute Kommunikation sind gefragt

Mit einiger Verzögerung legte die Verwaltung am 3. Februar ihre kommunale Wärmeplanung (KWP) für Lübeck vor. Wärmepläne auf kommunaler Ebene sind eine zentrale Säule des Klimaschutzgesetzes. Mit ihnen planen Kommunen wie der Wärmesektor, der in Deutschland etwa 50 % der Treibhausgasemissionen verursacht, auf klimaneutrale und nachhaltige Lösungen umgestellt werden kann. Da rund 80% der Lübecker*innen noch fossil und dezentral heizen, ist die Frage nach der Transformation der Wärmeversorgung von enormer Bedeutung. Entsprechend groß war das Interesse als die GRÜNE Fraktion am Donnerstag unter dem Titel „GRÜNtalk: Kommunale Wärmeplanung – Wie gelingt die Energiewende in Lübeck“ ins Rathaus luden. Rund 75 Bürger*innen nahmen in Präsenz und Online an der öffentlichen Sitzung teil.

Stephan Wisotzki, baupolitischer Sprecher der GRÜNEN Fraktion:

„Die jetzt vorgelegte kommunale Wärmeplanung ist eine strategische Grundlage für die langfristige Entwicklung einer nachhaltigen und effizienten Wärmeversorgung. Es ist erst einmal eine Darstellung der Anforderungen, Möglichkeiten und möglicher Potentiale für Energiequellen und Versorgungsbereiche. Sie gibt einen Ansatzpunkt für die nächsten Planungsschritte.

Wichtig ist, dass wir in diesem Prozess die Bürger*innen möglichst früh informieren, wo Fernwärme möglich ist und wo nicht, damit sie sich um alternative Möglichkeiten kümmern können. Immobilienbesitzer*innen und Gewerbetreibende brauchen Investitions- und Planungssicherheit.

Die wichtigste Erkenntnis aus der KWP im Moment sind die Bereiche, für die in diesem Sinne kein Potential für Fernwärme ausgewiesen ist. Hier ist weitgehend klar, dass die Versorgung dezentral erfolgen muss und sich die Menschen selbst um eine regenerative Heizung kümmern müssen. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben und der Umstieg auf erneuerbare Heizungen (wie etwa Wärmepumpen) lohnt sich schon heute und wird substantiell gefördert. Von einem Einbau einer neuen fossilen Heizung kann auf Basis der jetzt schon vorhersagbaren CO2-Preissteigerungen nur abgeraten werden. Die gebäudeseitigen Anforderungen an Wärmepumpen sind zudem meist deutlich geringer als oft behauptet.

Dort wo Potential für Fernwärme vorliegt, heißt dies aber nicht, dass ein Wärmenetz auch abschließend sinnvoll ist und dann auch entsteht, sondern nur, dass sich eine eingehende Prüfung lohnt und jetzt angegangen wird. Es ist wichtig, dass dies transparent kommuniziert wird. Die Bewohner*innen in diesen Gebieten sollten entsprechend abwarten bis sich die Planung der Stadtwerke konkretisiert und klar ist, ob und wann in ihrem Wohngebiet Fernwärme verlegt wird.“

Dr. Axel Flasbarth, Co-Fraktionsvorsitzender:

„Bei der Wärmewende haben wir es mit einer echten Mammutaufgabe zu tun. Erst 11% der Lübecker Wohneinheiten sind bis jetzt an Fernwärme angeschlossen, 8% haben heute schon eine Wärmepumpe, das heißt, rund 80% der Lübecker Wohneinheiten brauchen für die Transformation eine neue Heizquelle. Und auch die schon vorhandene Fernwärme wird in Lübeck aktuell noch fast vollständig fossil erzeugt. Heißt, auch für diese 11% der Wohneinheiten brauchen wir erneuerbare Wärmequellen, mit denen zukünftig die schon bestehenden Netze gespeist werden.

In der KWP wurden in einem ersten Schritt enorme Potentiale für den Ausbau von Fernwärme identifiziert, die jetzt überprüft und konkretisiert werden müssen. Grundsätzlich wurde für 60% der Wohneinheiten die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Fernwärmeanschlusses bejaht. Bei heute 11% bedeutet das den Anschluss von rund 55.000 zusätzlichen Wohneinheiten. Dort, wo Fernwärme verlegt wird, bringt dies eine große Entlastung für die Haushalte, denn diese brauchen sich nicht mehr selbst um eine neue, regenerative Heizquelle zu kümmern. Ein Fernwärmeausbau in solchen oder ähnlichen Größenordnungen ist für die Stadt aber auch für die Stadtwerke eine enorme Herausforderung an Komplexität, Planung, Personal und an benötigten Investitionsmitteln. Wir als Grüne freuen uns, in der Bürgerschaft genau dafür jüngst eine Begleitung der Stadtwerke mit entsprechenden Kapitaleinlagen beschlossen zu haben.

Entscheidend für die Akzeptanz des Fernwärmeausbaus wird das Vertrauen in deren faire preisliche Gestaltung und Transparenz sein. Ähnlich wie beim Trinkwasser sind die angeschlossenen Haushalte bei der Fernwärme auf nur einen Versorger angewiesen. Und ähnlich wie beim Trinkwasser ist ein Vertrauen in dessen faire Preisgestaltung auf Basis der umgelegten Kosten essentiell. Es wird uns daher ein wichtiges Augenmerk sein, hier für einen transparenten und gemeinwohlorientierten Betrieb, Regulierung und Preisgestaltung zu sorgen.”

Silke Mählenhoff, umweltpolitische Sprecherin:

„Nach wie vor sind immer noch viele Bürger*innen verunsichert. Dem muss man mit guter Kommunikation und Beratung entgegenwirken. Insbesondere die Verwaltung, aber auch wir Politiker*innen sind da gefragt. Wir müssen die Sorgen ernst nehmen, aufklären und alle Akteur*innen der Stadtgesellschaft mit einbinden. Das gilt insbesondere auch für ältere Menschen. Da reicht es nicht auf die Onlineangebote der Stadt zu verweisen. Die dort hinterlegten Karten und Tabellen sind nicht für jede/n verständlich. Die schnelle Installation einer kommunalen Energieagentur oder einer zentralen unabhängigen Beratungsstelle kann da Abhilfe schaffen.

Bei der Förderung des Heizungstausches gab es im letzten Quartal 2024 noch einmal eine dynamische Entwicklung. Insgesamt wurden 2024 alleine in Lübeck 5,5 Mio. Euro Zuschüsse und Fördergelder  für den Einbau regenerativer Heizungen in 525 privaten Häusern und Wohnungen abgerufen. Darüber hinaus wurden 48,6 Mio. Euro an Krediten von Privatpersonen abgerufen für die energieeffiziente Sanierung von 568 Wohneinheiten.

Mit dieser aktuell sehr umfangreichen Förderkulisse sowie mit dem Ausbau des Fernwärmeangebotes werden den Bürger*innen zwei wichtige Hilfen für die Wärmewende zur Verfügung gestellt. Die jetzt vorgelegte Wärmeplanung ist ein erster Plan, wie die Wärmewende in Lübeck auf Basis dieser Instrumente gelingen kann. Diese Landkarte muss jetzt zeitnah mit konkreten Planungen hinterlegt werden, um den Menschen Planungssicherheit zu geben, denn die Herausforderungen in der Umsetzung sind für alle Seiten enorm.”