SPD-Fraktion vor Ort: Guter Austausch mit dem AWO-Frauenhaus
Die SPD-Fraktion der Lübecker Bürgerschaft besuchte das AWO-Frauenhaus, um sich ein Bild von der aktuellen Situation zu machen. Die Not von Frauen und Kindern, die bei häuslicher Gewalt Schutz suchen, nimmt weiter zu. 98 Frauen und Kinder fanden 2024 im AWO-Frauenhaus Schutz und Hilfe. 148 Frauen und 113 Kinder musste das Frauenhaus abweisen, weil die 23 Plätze des Hauses belegt waren und auch das Autonome Frauenhaus mit 47 Plätzen keine Kapazitäten mehr hatte.
„Addiert man die Zahlen der abgewiesenen Frauen und Kinder mit denen des Autonomen Frauenhauses, zeichnet sich ein erschreckendes Bild: Von 1.047 Frauen und Kindern, die sich mit Schutzbedarf an die Lübecker Frauenhäuser gewendet haben, konnten lediglich 265 Frauen und Kinder – nur ca. ein Drittel – in Lübeck aufgenommen werden. Dieses Verhältnis ist angesichts der vor fast elf Jahren vereinbarten Istanbul-Konvention, die 2018 auch für Deutschland in Kraft trat, ein verheerendes Signal“, erklärt Renate Prüß, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion.
Ein großes Hemmnis für die nötige Fluktuation im Frauenhaus ist der Mangel an bezahlbaren Wohnungen und damit ein Mangel an Auszugsmöglichkeiten.
Erschreckend ist auch, dass zunehmend Frauen mit hohem Unterstützungsbedarf Schutz suchen – z. B. durch psychische Auffälligkeiten, fehlende Alltagskompetenzen wie Hygiene, Haushaltsführung bis hin zur mangelnden Versorgung der Kinder. Das stellt Expert:innen unterschiedlicher Disziplinen vor besondere Herausforderungen des Gewaltschutzes und des Kinderschutzes, so Sandra Odendahl, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD. „Da ist es hilfreich, dass die Erstberatung nach Wegweisung und das Lübecker Kinderschutz-Zentrum eng mit dem AWO-Frauenhaus zusammenarbeiten.“
Frauen mit akuten psychischen Erkrankungen und erheblichem Betreuungsbedarf sowie Frauen mit Behinderungen konnten mehrfach nicht im Frauenhaus aufgenommen werden. „Das ist eine Ausgrenzung von Frauen mit Behinderung wegen fehlender Barrierefreiheit, die nicht hinnehmbar ist“, so Wolfgang Baasch, Mitglied im Sozialausschuss. „Hier braucht es andere Maßnahmen und ergänzende Konzepte wie Schutzwohnungen und mehr Prävention. Wir dürfen Frauen und Kinder in solchen Gewaltsituationen nicht allein und ohne Hilfe lassen.“
Frauen mit Haustieren finden ebenfalls keinen Platz im Frauenhaus. Diese Tiere – oft Hunde – haben eine besonders starke emotionale Bedeutung für die Frauen und Kinder. Frauen müssen sich dann zwischen Schutz und Tier entscheiden und wählen nicht selten das Tier.
Der Sozialausschuss, die Bürgerschaft und die Verwaltung haben sich im letzten Jahr intensiv mit dem Thema häusliche Gewalt beschäftigt und den dringenden Handlungsbedarf erkannt. Ein entsprechender Bürgerschaftsbeschluss für ein erweitertes Schutzkonzept ist derzeit in Arbeit.
Dass häusliche Gewalt zunimmt und Angebote nicht ausreichen, ist eine seit Langem bekannte Entwicklung, die sich zuspitzt und bei der Gesellschaft und Politik nicht weiter unbeachtet bleiben darf, so Renate Prüß. Bund und Land müssen gemäß Istanbul-Konvention endlich ausreichend Frauenhausplätze, Schutzwohnungen und andere Hilfeangebote zur Verfügung stellen.
Wir werden uns als SPD weiter dafür stark machen, dass das Land seine Verantwortung und gesetzliche Verpflichtung stärker als bisher wahrnimmt.
Wir danken dem AWO-Frauenhaus für den regen und intensiven Austausch und die Einblicke in die täglichen Herausforderungen der Frauen und Kinder sowie der Mitarbeiterinnen. Diese leisten mit hoher Fachkompetenz und großem Engagement unter schwierigen Rahmenbedingungen großartige Arbeit.
Die SPD-Fraktion wird die Arbeit des Frauenhauses weiter unterstützen und sich dafür einsetzen, auch auf kommunaler Ebene alle Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation auszuschöpfen.
