Tipps & Informationen

Zukunftssichere Wärmeversorgung für Lübecker Haushalte

Auf Grund der vielen Nachfragen aus dem Ortsverband Holstentor-Nord informiert sich
der Ortsvorsitzende Klaus Hinrich Rohlf über den Weg zur nachhaltigen und
energieeffizienten Heizung im Gespräch mit Prof. Dr. Tobias Rösch.

Der richtige Weg zur neuen Heizung – warum Dämmung und Planung zuerst
kommen

Rohlf: Viele Hausbesitzer überlegen derzeit, ihre Heizung zu modernisieren. Wo beginnt
man am besten?
Rösch: Am Anfang steht immer eine gründliche Bestandsaufnahme. Dabei wird
ermittelt, wie das Gebäude konstruiert ist, welche Verluste über Fassade, Dach und
Fenster auftreten und wie effizient die vorhandene Heizungsanlage arbeitet. Danach
folgt die Analyse dieser Daten und daraus die Ableitung der Maßnahmen. Erst wenn
diese Schritte klar sind, kann entschieden werden, welche neue Heizungstechnologie
sinnvoll ist.„Dämmung zuerst – Technik danach“
Rohlf: Viele denken zuerst an die Heizung. Ist das der richtige Ansatz?
Rösch: Tatsächlich braucht man für eine energetische Sanierung mehr als nur den
Heizungs- bzw. Sanitärbetrieb. Wichtig ist es die Dämmung des Gebäudes anzugehen. Ist
die Gebäudehülle, Dach oder Fassade noch nicht ausreichend gedämmt, sollte dies der
erste Schritt sein. Denn Energie, die gar nicht erst verbraucht wird, ist immer günstiger
als jede Form der Wärmeerzeugung. Eine gute Dämmung reduziert den Heizbedarf
deutlich – und verändert damit die Voraussetzungen für die neue Heizungsanlage.

Zeitliche Trennung erleichtert die korrekte Heizungsdimensionierung
Rohlf: Wie ist der ideale Zeitliche Ablauf, in welcher Reihenfolge sollten die Maßnahmen
angegangen werden?

Rösch: Im Idealfall werden Dämmmaßnahmen und Heizungstausch zeitlich getrennt
und man beginnt mit der Dämmung. Der Grund: Durch die neue Isolierung sinkt der
Heizbedarf spürbar. Für die Dimensionierung der zukünftigen Heizung braucht man
eine möglichst genaue Einschätzung dieses Bedarfs.

Wenn die Dämmung bereits abgeschlossen ist, kann man auf reale Verbrauchsdaten der
letzten Heizperiode zurückgreifen und sehr präzise berechnen, welche Leistung die
neue Heizung haben sollte.
Rohlf: Und wenn beides gleichzeitig umgesetzt wird?
Rösch: Dann muss man zwangsläufig auf Schätzungen zurückgreifen. Das ist absolut
zulässig, und ein qualifizierter Innungsbetrieb kann dabei sehr solide, fachgerechte
Abschätzungen erstellen. Die Praxis zeigt jedoch: Auch die besten Handwerksbetriebe
arbeiten lieber mit echten Verbrauchswerten, weil diese die Dimensionierung noch
exakter machen und Fehlauslegungen verhindern.

Welche Technologien bleiben übrig?

Rohlf: Kommen wir zur Technik: Welche Heizsysteme sind heute besonders relevant?
Rösch: Gas wird in Zukunft aller Voraussicht nach teurer und der Weiterbetrieb der
Netze und damit die Verfügbarkeit von Gas wird auch fraglich. Für Lübeck bleiben für
die große Masse der Gebäude meist zwei realistische Optionen: Wärmepumpe oder
Nahwärme. Wärmepumpen haben den Vorteil, dass sie Umweltenergie nutzen, sehr
effizient arbeiten und langfristig unabhängig von fossilen Brennstoffen machen. Zudem
werden sie staatlich gefördert. Nahwärme kann ebenfalls attraktiv sein – insbesondere
dort, wo das Netz aktuell ausgebaut wird. Es lohnt sich, sich frühzeitig bei den
Stadtwerken zu informieren. Dennoch sollte die Entscheidung sorgfältig abgewogen
werden, abhängig von Anschlussmöglichkeiten, Kosten und individueller
Gebäudesituation.

Fördermöglichkeiten
Rohlf: Wo können sich Bürgerinnen und Bürger über Förderungen informieren?
Rösch: Eine gute erste Anlaufstelle ist das Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie die KfW-Bankengruppe. Dort findet man aktuelle
Informationen zur Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), sowohl für Dämmung
als auch für Wärmepumpen und weitere Maßnahmen der energetischen Sanierung.
Auch die Verbraucherzentrale Energieberatung bietet unabhängige Informationen und
Beratung.
Bei der Vielzahl der Möglichkeiten ist jedoch zu beachten, dass nicht alles mit allem
kombiniert werden kann, hier hilft auch ein Energieberater.

Bürokratische Hürden

Rohlf: Gibt es typische Hindernisse im Sanierungsprozess?

Rösch: Ja, besonders in Bereichen mit historischen Gebäuden: Die Stadtbildpflege bzw.
der Denkmalschutz kann zusätzliche Abstimmungen erfordern. Das ist grundsätzlich
wichtig, bedeutet aber häufig mehr Aufwand. Diese Abstimmungsprozesse sind für
Bürgerinnen und Bürger aktuell auch noch nicht ideal ausgearbeitet.
In Vierteln mit Erhaltungssatzung ergibt sich hier beispielsweise die Problematik, dass
für eine Genehmigung die baulichen Dimensionen der Wärmepumpe bekannt sein
muss, um diese jedoch zu ermitteln muss der Fachbetrieb wissen was erlaubt ist. Da es
sich hierbei aber jeweils um Einzelfallbetrachtungen handelt verkompliziert dies den
Prozess ungemein. Es wäre wünschenswert, wenn die Verwaltung diesen Prozess künftig
vereinfachen und bürgerfreundlicher gestalten könnte, um energetische Sanierungen zu
erleichtern.

Rohlf: Ihr wichtigster Rat in einem Satz?
Rösch: Erst dämmen, dann Heizung planen – und immer auf eine saubere
Bestandsaufnahme sowie solide Datenbasis setzen. Wenn man sich in der Umsetzung
der Maßnahmen nicht sicher ist, kann man einen Energieberater hinzuziehen, dies
empfiehlt sich ohne hin, da er für die Beantragung von Fördermitteln unerlässlich ist.