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Politik & Wirtschaft

Grenzüberwachung EUROSUR rettet keine Flüchtlinge, sondern treibt sie zurück in Not

Mit der erwarteten Entscheidung für das Grenzsystem EUROSUR stimmen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments am morgigen Donnerstag der Überwachung der EU-Außengrenzen und dem Aufspüren von Flüchtlingen mit Hilfe von Drohnen, Offshore-Sensoren und Satellitensuchsystemen zu. Die Piratenpartei Deutschland lehnt das neue System vollständig ab und fordert einen sofortigen Stopp des Projekts. Besondere Kritik üben die PIRATEN an den Vorschlägen von Innenminister Hans-Peter Friedrich, wie er sie auf dem Treffen der Innenminister am 7. und 8. Oktober äußerte [1] .
»Das EU-Überwachungsprojekt EUROSUR ist eine finanzielle, technische, menschenrechtliche und politische Katastrophe. EUROSUR rettet auch keine Flüchtlinge, sondern hilft dabei, Menschen auf der Flucht frühzeitig abzufangen und sie wieder in die für sie oft lebensbedrohlichen Umstände abzuschieben. Das Projekt muss gestoppt werden, bevor es zu spät ist. Wir brauchen Lösungen, wie wir Flüchtlingen helfen können, und keine Überwachungssysteme, um uns Mitmenschen in Not vom Hals zu halten. Das sollte insbesondere bei unserem Innenminister Friedrich mal so langsam ankommen«, fordert Anne Helm, Beauftragte für Asyl und Migration der Piratenpartei Deutschland, womit sie auf Aussagen von Friedrich zu EU-Justizkommissarin Viviane Reding anspielt.
Insbesondere datenschutzrechtlich wirft das System viele Fragen auf. So ist auch laut einer Studie der Heinrich-Böll-Stiftung [2] zu erwarten, dass infolge des Einsatzes von Drohnen und anderen luftgestützten Überwachungssystemen viel mehr personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet werden als bisher behauptet. Weiterhin bedient sich das System 24 verschiedener einzelstaatlicher Grenzüberwachungssysteme und Koordinationszentren, die bilateral und mittels FRONTEX vernetzt werden sollen. Außerdem ist eine Integration von EUROSUR in den großen Gemeinsamen Informationsraum (CISE) der EU vorgesehen, so dass Informationen mit einer ganzen Reihe dritter Akteure – wie Polizei und Verteidigungskräften – ausgetauscht werden können.
»An den Außengrenzen der EU wird heute schon der Orwellsche Überwachungsstaat geprobt. Es geht hier nicht einfach nur um Datenschutz, sondern um die ganz wesentliche Frage, wie frei und unbeobachtet wir in Zukunft noch leben wollen. Diese Frage darf nicht einfach von einigen wenigen in Hinterzimmern beantwortet werden. Wir brauchen hier eine öffentliche und intensive Diskussion, an der sich alle Bürger Europas beteiligen können, und eine Kehrtwende hin zu einer menschenwürdigen Asyl- und Migrationspolitik«, betont Katharina Nocun, Politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschland.
Quellen:
[1] Mitteilung des BMI zum Treffen der EU-Innenminister: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2013/10/ji_rat_erg.html