Netzwerk Altenpflegebranche für Lübeck und Ostholstein gegründet
Altenpflegeeinrichtungen, mobile Pflegedienste, Fachschulen für Altenpflege, Bildungsträger, Arbeitsagentur und Jobcenter: Alle bewegt die gleiche Herausforderung. Wie begegnet man dem bereits vorhandenen und sich weiter abzeichnenden Fachkräftebedarf in der Pflegebranche? In Lübeck und Ostholstein spielt neben dem demografischen Wandel und des daraus resultierenden Anstiegs pflegebedürftiger Personen auch die Wahl der Region als Altersruhesitz eine immer wichtigere Rolle.
„Da man gemeinsam bekanntlich mehr erreicht und ein Netzwerk aller Beteiligten in unserer Region bisher nicht vorhanden war, hat die Arbeitsagentur zu einem Branchengespräch Altenpflege eingeladen. Das große Interesse zeigt uns, wie wichtig das Thema und die Entwicklung gemeinsamer Strategien sind“, erklärt Wolfgang Werner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck.
Vor rund 60 Personalverantwortlichen aus der Branche erläuterte Werner in den Räumen der staatlich anerkannten Fachschule für Altenpflege des DRK-Landesverbandes Schleswig-Holstein e.V. in Eutin die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Mitarbeiter der Arbeitsagentur stellten die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt dar und berichteten von ihren Erfahrungen bei der Vermittlungsarbeit.
Junge Leute zum Beispiel interessieren sich nicht für den Pflegeberuf, weil sie meist gar keine oder falsche Vorstellungen davon haben. Auch die Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten sind wenig bekannt. Wer bereits sozial engagiert ist, entscheidet sich bewusst für diese Branche. Hier müsste aus Sicht der Berufsberatung durch Maßnahmen wie zum Beispiel verstärkte Öffentlichkeitsarbeit oder Angebot von Praktika das Berufsbild besser vermarktet werden.
Laut Aussage der Arbeitsvermittlung ist die Pflege nicht mehr der typische Frauenberuf und Männer haben sehr gute Einstiegschancen. Examinierte Kräfte finden schnell eine Arbeitsstelle, wenn es keine Einschränkungen gibt. Nach wie vor schwierig ist die Situation für Teilzeitkräfte, weil sie wenig flexibel reagieren und zum Beispiel keine geteilten Dienste übernehmen können.
Im Arbeitgeber-Service spiegelt sich die gleiche Situation wider. Bei der Suche nach examinierten Fachkräften müssen Arbeitgeber viel Zeit einplanen. Besser sieht es bei Hilfskräften aus. Hier gibt es mehr gemeldete Arbeitsuchende. Eine Möglichkeit, die noch stärker genutzt werden sollte, ist die Weiterbildung geringqualifizierter Beschäftigter im Unternehmen. Diese kann unter bestimmten Voraussetzungen finanziell unterstützt werden.
Ergänzt wurden die Berichte von vier Schülern der DRK-Altenpflegeschule, die ihren Weg in den Pflegeberuf schilderten. Martina L. (Bild von links) hatte keine Bedenken, sich mit 53 Jahren nochmals auf die Schulbank zu setzen. Denn durch die Pflege ihrer Eltern und ehrenamtliche Tätigkeit war ihr das Berufsbild bereit bestens bekannt. Auch Cedric C. (17 Jahre) hatte bereits Erfahrungen in der Pflege gesammelt. Außerdem kannte er durch seine Eltern, die beide selbst in der Pflege tätig sind, den Arbeitsalltag und sieht hier für sich gute Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Die Alleinerziehende Annika S. (26 Jahre) kam durch ein Gespräch bei ihrem Arbeitsvermittler auf die Idee, ein Praktikum in der Altenpflege zu machen. Das gefiel ihr so gut, dass sie als Pflegeassistentin anfing und mit der Ausbildung nun ihren Abschluss zur Altenpflegerin machen will. Dabei werden sie und ihr Arbeitgeber im Rahmen des Programms WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) finanziell durch die Arbeitsagentur Lübeck unterstützt. Die 24-jährige Kathrin R. hat eine abgeschlossene Ausbildung als Kosmetikerin. Doch als sie nach Fehmarn zog, fand sie in ihrem Beruf keine Stelle. Da bereits ihre Erstausbildung viele Gesundheitsaspekte beinhaltet, wollte sie darauf aufbauen. Sie hat sich bewusst für die Altenpflege entschieden, weil sie gerne mit Menschen arbeitet.
Mit diesen Impulsen starteten die Teilnehmer des Branchengesprächs in fünf Workshops. In den Arbeitsgruppen wurde diskutiert, wie das Bild der Altenpflege in der Öffentlichkeit optimiert werden kann, welche zukunftsweisenden Arbeitsmodelle es gibt, mit welcher Fachkompetenz die Arbeitskräfte ausgestattet sein sollten, ob die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem europäischen Ausland den Pflegenotstand beheben oder wie die Zusammenarbeit mit Arbeitsagentur und Jobcenter verbessert werden kann.
Im Ergebnis wurden Handlungsschwerpunkte bei den Arbeitnehmern in Deutschland gesehen, z.B. durch Förderung der eigenen Mitarbeiter, Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, verstärkte Werbung für das Berufsbild oder Ausbau der Zusammenarbeit mit Schulen. Alle waren sich einig, die Netzwerkarbeit fortzusetzten und ein nächstes Treffen im Frühjahr durchzuführen. Hier sollen dann einzelne Handlungsfelder aufgegriffen und konkrete Strategien erarbeitet werden.
Eine Zusammenstellung der Ergebnisse des ersten Branchengespräches Altenpflege kann im Internet unter www.arbeitsagentur.de/luebeck > Unternehmen herunter geladen werden.