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Kultur & Wissenschaft

Mindestlohn: Referentenentwurf liegt vor – DEHOGA kritisiert völlig unzureichende Differenzierungen und Schwächung der Tarifautonomie

Seit Mittwochabend liegt der Referentenentwurf für den geplanten Mindestlohn vor. Offiziell heißt das Gesetz „Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie“. Schon der Titel des Gesetzes „Stärkung der Tarifautonomie“ ist aus Sicht des DEHOGA mehr als befremdlich, da der Inhalt des Entwurfs einen bislang noch nie dagewesenen Eingriff in die Tarifautonomie darstellt.

Der Entwurf sieht u.a. folgende grundlegende Punkte vor:

  • Der Mindestlohn gilt generell für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2015 in Höhe von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde. Anrechnungsregelungen für Sonderzahlungen oder Zuschläge gibt es nicht.
  • Als Arbeitnehmer gelten auch Praktikanten im Sinne des § 26 BBiG. Der Mindestlohn gilt demnach für alle Praktikumsverhältnisse, es sei denn, es sind Pflichtpraktika oder Orientierungspraktika von vier Wochen oder sog. Einstiegsqualifizierungen.
  • Der Mindestlohn gilt weiter nicht für Arbeitnehmer ohne Berufsausbildung, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet und keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Ebenso ausgenommen werden Arbeitnehmer, die zuvor langzeitarbeitslos gewesen sind für einen Zeitraum von sechs Monaten, jedoch nur soweit der Arbeitgeber einen Zuschuss nach § 88 SGB III, 16 oder 16e SGB II erhält (Anmerkung: 2013 nur rd. 16.000 Personen)
  • Auszubildende sind keine Arbeitnehmer, für sie gilt der Mindestlohn daher nicht.

 

Dieser Regelungsentwurf berücksichtigt in keinster Weise die vielfältigen Vorschläge und die nachdrücklich dargestellten Bedenken der Wirtschaft, insbesondere mit Blick auf die vom DEHOGA geforderte Altersgrenze von 25 Jahren. Wenn für jeden nunmehr der Mindestlohn ab 18 Jahren gilt, werden definitiv falsche Anreize gesetzt – ganz nach dem Motto „Mindestlohn statt Azubi-Vergütung“.

Wir hoffen, dass wir in den sich nun anschließenden Beratungen des Referentenentwurfs noch eine Heraufsetzung der Altersgrenze auf zumindest 23 Jahre erreichen können. Diese Positionierung wird im Übrigen auch von DIHK sowie vom Handwerk gestützt.

Auch die generelle Erfassung von Praktikanten in den Geltungsbereich des Mindestlohns wird Fehlentwicklungen nach sich ziehen. Immerhin sollen Orientierungspraktika von vier Wochen nicht vom Geltungsbereich des Mindestlohns erfasst werden, so dass die in unserer Branche wertvollen Schnupperpraktika nicht vom Mindestlohn erfasst werden. Viele andere berufsvorbereitende und freiwillige studienbegleitende Praktika, die regelmäßig länger als vier Wochen dauern, unterfallen nach diesem Entwurf jedoch künftig dem Mindestlohn mit der Folge, dass sie wahrsheinlich wegfallen werden.

Dokumentationspflichten

Die Vielzahl von Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten wird unsere Branche ebenfalls vor große Herausforderungen stellen. Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer müssen aufgezeichnet und zwei Jahre lang aufbewahrt werden.

Kontrolle

Die Einhaltung des Mindestlohns wird durch die Zollverwaltung kontrolliert, mit den dort üblichen weitreichenden Mitwirkungspflichten und Prüfbefugnissen. Verstöße können mit Geldbußen bis zu 500.000 Euro geahndet werden.

Ausschluss der Verwirkung

Der Mindestlohn kann nicht durch Zeitablauf verwirken; das gefährdet die tariflichen Ausschlussfristen.

Übergangsregelung

Die vorgesehene Übergangsfrist für abweichende Regelungen eines Tarifvertrages repräsentativer Vertragsparteien bis zum 31.12.2016 gilt nur für Mindestlohntarifverträge nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz, sodass davon auszugehen ist, dass regionale Tarifverträge – auch wenn sie unter dann erleichterten Voraussetzungen allgemein verbindlich erklärt sind – mit einem Tarifentgelt von unter 8,50 Euro bis zum 31.12.2016 nicht Bestand haben können.

Obwohl der Referentenentwurf erst am Mittwoch in die Ressortabstimmung gegeben worden ist, soll er bereits am 2. April dem Bundeskabinett zur Verabschiedung vorgelegt werden. Die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag ist für Ende Juni geplant.