Nigeria: Boko Haram bleibt weiter aggressiv
Seit Jahresbeginn mindestens 3.000 Tote – Chibok-Mädchen weiterhin verschleppt – (Open Doors) – Die islamistische Gruppe Boko Haram wütet weiter. Allein in der vergangenen Woche sollen 200 weitere Menschen getötet worden sein. Örtlichen Medien zufolge wurden die christlichen Dörfer Attagara, Agapalwa und Aganjara im nordnigerianischen Staat Borno völlig niedergebrannt, nachdem die Rebellen dort getötet, geplündert und Vieh gestohlen hatten. Die Dörfer sind wenige Kilometer von der Grenze zu Kamerun entfernt in der Nähe des riesigen Sambisa-Waldes, in dem sich etliche Lager der Militanten befinden und sich Vermutungen zufolge auch einige der entführten Mädchen aus Chibok aufhalten sollen. Beim Versuch, in Nigeria einen islamischen Staat zu schaffen, hat Boko Haram seit 2009 bereits Tausende von Menschen getötet. Allein seit Jahresbeginn sollen es schon mehr als 3.000 gewesen sein.
Regierung muss mehr gegen Boko Haram tun
Der Generalsekretär von der Organisation für islamische Zusammenarbeit (OIC), Eyad Ameen Madani, stattete am 2. Juni Präsident Goodluck Jonathan einen Besuch ab, um die „Einheit“ seiner Organisation mit Nigeria zum Ausdruck zu bringen. Der Besuch geschieht in einer Zeit des wachsenden Druckes auf die nigerianische Regierung, stärker gegen die Boko Haram vorzugehen. Hauptursache ist die Entführung von 276 Mädchen im April (57 entkamen in den ersten Tagen). Die 1969 gegründete OIC mit Sitz in Saudi-Arabien ist nach den Vereinten Nationen die zweitgrößte staatsübergreifende Organisation und versteht sich als „die kollektive Stimme der muslimischen Welt“. Sie möchte „sicherstellen, dass Interessen der muslimischen Welt im Geist der Förderung des internationalen Friedens bewahrt und geschützt werden“.
Madani stellte klar: „Wir sollten Boko Haram als das bezeichnen, was sie sind: eine terroristische Gruppe.“ Reverend Musa Asake, der Generalsekretär des Christenverbandes von Nigeria (CAN), beurteilt die OIC dennoch kritisch: „Wo war diese Organisation die ganze Zeit? Boko Haram sagt seit Beginn der Auseinandersetzungen, dass sie dem islamischen Aufruf zum Dschihad nachkommen und dass sie die nigerianische Verfassung verändern und durch die Scharia ersetzen werden. Deshalb hätten sie begonnen, Unschuldige umzubringen, und die meisten ihrer Opfer seien Christen.“ Darum reiche es nicht aus, sich von Boko Haram zu distanzieren.
Unterdessen ist der international bekannte nigerianische Pastor James Wuye in Chibok eingetroffen, um den Familien der verschleppten Mädchen zur Seite zu stehen. Wuye arbeitet mit einem muslimischen Imam, Muhammed Ashafa, im Interfaith Mediation Centre zusammen, das sie gemeinsam im nordnigerianischen Kaduna gegründet haben. Die beiden reisen zusammen und sprechen über ihre persönliche Aussöhnung über die Religionsgrenze hinweg: Für die Art, in der sie persönlich ihre eigenen Vorurteile und ihren Hass überwunden haben, um zusammen vermitteln zu können, sind sie bereits ausgezeichnet worden. Der für Verhandlungen mit Boko Haram zum Gesandten des Präsidenten ernannte australisch-anglikanische Geistliche Dr. Stephen Davis ist weiter voller Hoffnung, dass man die Freilassung der Mädchen erreichen werde; allerdings sei „nicht hilfreich“ gewesen, dass seine Beteiligung an den Unterhandlungen in der Woche zuvor durchgesickert war.
Chibok-Mädchen bleiben verschleppt – dennoch: Hoffnung auf Freilassung
„Die große Mehrheit der Chibok-Mädchen wird nicht in Nigeria festgehalten. Sie sind in Lagern, jenseits der nigerianischen Grenze, in Kamerun, Tschad und Niger. Ich sage, die ‚große Mehrheit‘, da ich sicher weiß, dass eine kleine Gruppe von ihnen letzte Woche in Nigeria war, als wir versuchten, ihre Freilassung zu erreichen“, sagte er dem britischen Fernsehsender Channel 4. „Die beste Art unser Ziel zu erreichen ist still und schnell. Dies aber ist jetzt laut und lang. Es gibt zu viele Mitspieler auf beiden Seiten. Der Lärm und das unerwünschte Echo verlangsamen den Prozess und machen das Wasser trübe.“ Trotzdem sieht Dr. Davis weiterhin klare Anzeichen für ein positives Ergebnis. Andererseits sei er sicher, dass es, „wenn wir einer Übergabe nahe kommen, zur Einmischung irgendwelcher Parteien kommen wird, die kein Interesse an einem Ende des Konflikts haben. Das wird die schwierigste Zeit.“
Im Laufe des letzten Monats sei es seinem Team drei Mal „um Haaresbreite“ gelungen, die Freilassung auszuhandeln, doch jedes Mal sei die Übergabe der Mädchen im letzten Moment vereitelt worden. Am 3. Januar meldeten nigerianische Medien, zehn Generäle und fünf weitere ranghohe Offiziere seien angeklagt worden, Boko Haram zu helfen. Ein Kriegsgericht habe sie für schuldig befunden, der Gruppe Waffen und Informationen geliefert zu haben. Der Sprecher der nigerianischen Armee wies die Berichte zurück, doch der nigerianische Innenminister äußerte der BBC gegenüber, dass die Kriegsgerichte eine „gute Nachricht“ seien. Channel 4 zufolge werden die Mitte April aus Chibok entführten Mädchen zusammen mit möglicherweise hunderten weiterer festgehalten, die im Laufe vieler Monate aus Ortschaften in ganz Nordnigeria verschleppt wurden. Dr. Davis bestätigt diese Meldung: „Es gibt viel, viel, viel mehr als die Chibok-Mädchen. Das geht seit langer Zeit vor sich. Boko Haram richtet viel mehr Schaden an als wir wissen.“
Nigeria belegt auf dem Open Doors Weltverfolgungsindex aktuell Rang 14 unter den 50 Ländern in denen Christen weltweit am stärksten verfolgt werden. Open Doors unterstützt Christen in Nigeria unter anderem mit Trauma-Seelsorge sowie Witwen- und Gefangenenhilfe.
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Über Open Doors |
Open Doors ist ein überkonfessionelles christliches Hilfswerk, das seit fast 60 Jahren in mehr als 50 Ländern verfolgte Christen unterstützt mit Hilfe zur Selbsthilfe-Projekten sowie Bibeln und christlicher Literatur. Open Doors bildet Gemeindeleiter aus, engagiert sich für Gefangene und unterstützt die Familien ermordeter Christen. Mit einer breiten Öffentlichkeitsarbeit („Sprachrohrdienst“) informiert das Werk in Publikationen und mit Vorträgen über Christenverfolgung und ruft zu Gebet und Hilfe für verfolgte Christen auf. Jedes Jahr veröffentlicht Open Doors den Weltverfolgungsindex, eine Rangliste der Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden.
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