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Kultur & Wissenschaft

Landesbischof Gerhard Ulrich im Dom zu Berlin: „Sich bekehren heißt: neu zu Gott stehen“

Schwerin/Berlin (emw). Als die „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts hat Gerhard Ulrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), den 1. Weltkrieg bezeichnet. Sünde, Schuld und die Generationen überspannende Verantwortung „bis ins dritte und vierte Glied“ standen im Mittelpunkt seiner Predigt, die er heute (6. Juli) im Dom zu Berlin gehalten hat. „Es geht um das Durchbrechen einer fatalen Logik: um Schuld, die in das Leben der nachfolgenden Generation hineinwirkt“, erklärte der Landesbischof.„Bekehrt euch, so werdet ihr leben“, heißt es im Predigttext aus dem Propheten Hesekiel im 18. Kapitel für den 3. Sonntag nach Trinitatis. Dort wird befreit von der Vererbung der Sünde von den Vätern auf die Söhne und der Weg gezeigt in ein gutes, erfülltes Leben – der Weg zurück zu Gott.

„Die Schuld der Väter hat die Welt verändert“, sagte Landesbischof Ulrich im Hinblick auf den 1. Weltkrieg, „die Spuren dieses Mordens und Vertreibens sind heute noch sichtbar. Tragen wir nicht alle immer noch daran?“ Auch der Dom zu Berlin sollte in seiner Entstehungszeit ein Zeichen für die Macht sein und den Herrschaftswillen des Preußischen Herrscherhauses und seiner politischen Getreuen: Glanz und Aggressivität, Stolz und nationalistischer Hochmut – „ein Wirrwarr mit fatalen Folgen, wie wir heute wissen“, so Ulrich. Auch die Generation der Väter und Mütter sei eine Generation der Verlorenen und Verratenen. Die Bilder des Krieges quälten sie oft bis in den Tod, weil sie zu Lebenszeiten nicht heraus durften. „Spuckt aus, was euch den Geschmack des Lebens fade macht – so höre und verstehe ich den Propheten“, erklärte der Landesbischof, „entledigt euch von der Schuld“.

Biblisch bedeute Umkehr eine Richtungsänderung, die die ganze Existenz betreffe. Der Mensch habe nicht nur etwas verkehrt gemacht, sondern seinem ganzen Leben eine falsche, manchmal fatale Richtung gegeben. „Er muss nicht etwas ändern, sondern selbst anders werden.“ Gott sympathisiere mit dem, der umkehre, und habe an ihm und seiner Umkehr Vergnügen. „Sich bekehren heißt also: neu zu Gott stehen, sich zu ihm wenden“, sagte Gerhard Ulrich. Und weiter: „Die Bibel ist voll davon, Gottes Barmherzigkeit und Menschenfreundlichkeit in Geschichten weiter zu erzählen: Das ist seine Art der beispielhaften ‚Healing of Memories‘. Unmögliches wird möglich. Niemand ist durch seine bisherige Lebensgeschichte darauf festgelegt, der zu bleiben, der er ist.“

Hinweis: Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) – www.nordkirche.de / www.velkd.de.