Katja Rathje-Hoffmann zu TOP 24: Es gibt Alternativen zur Zwangsverkammerung
Die Situation um die geplante Pflegekammer und die unweigerlich damit verbundene Zwangsmitgliedschaft für die Pflegenden in Schleswig-Holstein hat sich in den hinter uns liegenden Monaten, seit wir uns im Januar das letzte Mal darüber hier im Plenum gestritten haben, nicht beruhigt.
Wir wollen auch keine Ruhe geben und werden daher nichts unversucht lassen – mit einem neuen Versuch heute – eine sachliche Diskussion mit allen Beteiligten aufzunehmen. Wir sind immer noch der Meinung, dass Sie sich den zahlreichen Argumenten der Beteiligten und Betroffenen gegen eine Zwangsverkammerung stellen müssen.
Und die Kritiker werden im Laufe des Verfahrens nicht weniger, sondern – im Gegenteil – es werden immer mehr. Bekannt ist auch Ihnen seit langem, dass die Wohlfahrtsverbände, wie der Paritätische, die AWO, die Diakonie, die Caritas und das DRK sich geschlossen gegen eine Zwangsmitgliedschaft für Pflegende in einer Schleswig-Holsteinischen Pflegekammer aussprechen.
Ebenfalls bekannt ist, dass die
Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften in Sachen Pflegekammer und Zwangsmitgliedschaft für überwiegend abhängig Beschäftigte gegen eine angeordnete Zwangsverkammerung von Pflegefachkräften sind.
Relativ neu aber ist, dass sich nun auch massive Proteste aus den Reihen der Pflegenden formieren.
Das dürfte auch Ihnen – liebe Frau Ministerin Alheit und Staatssekretärin Langner – nicht mehr entgehen. So geschehen auch auf dem SPD-Kreisparteitag am vergangenen Sonnabend in Schafflund.
Hier wurden der Staatssekretärin im
Sozialministerium Unterschriftenlisten mit 730 Unterschriften übergeben, die sich allesamt gegen eine Zwangsmitgliedschaft in der von der Koalition geplanten Pflegekammer ausgesprochen haben.
Nicht zu vergessen die über 220 Briefe, die wir hier im Landeshaus bereits erhalten haben.
Wir unterstützen diese Fachkräfte in ihrer Absicht, dass sie sich gegen die Zwangskammer aussprechen. Zusätzlich freut es uns besonders, dass ein SPD-Kreisparteitag den Mut aufbringt, sich mehrheitlich gegen dieses geplante Instrument des Zwangs auszusprechen.
Sehr geehrte Frau Pauls, das sollte auch Ihnen und ihren Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition zu denken geben.
Hier müssen Sie doch hellhörig werden. Diesem gebündelten Protest dürfen Sie sich nicht länger verschließen.
Meine Damen und Herren, Sie berufen sich in Ihrer Argumentation auf die Befragung aus dem vergangenen Jahr, die knapp zugunsten einer Pflegekammer ausgegangen ist.
Doch halte ich meine Kritik weiterhin aufrecht: An der Art und an dem Umfang der Fragestellung.
Wie es besser und vor allem transparenter geht, zeigen uns die Hamburger Nachbarn sehr, sehr deutlich.
Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass bei einer fairen und objektiven Befragung und vor allem unter der Nennung der ungefähren monatlichen finanziellen und dauerhaften Belastungen durch die Zwangsmitgliedschaft in der Schleswig-Holsteinischen Pflegekammer, das Ergebnis ähnlich wie in der Hansestadt Hamburg ausgefallen wäre. Lediglich 36 Prozent stimmten dort für eine Pflegekammer.
Wenn schon Befragungen in Auftrag gegeben werden, dann sollten Sie auch vorher die gesamten Konsequenzen offenlegen. Wir schlagen Ihnen vor, nochmals genauer zu betrachten, was Hamburg gemacht hat – auch in der Vergangenheit. Das sollten Sie noch einmal nachlesen. Wir fordern Sie auf, bewegen Sie sich – lassen sie uns gemeinsam nach einem dritten Weg für die beschäftigten Fachkräfte in der Pflege suchen.
Es gibt Alternativen zur Zwangsverkammerung und diese müssen wir gemeinsam mit den Kinderkranken-,
Kranken- und Altenpflegerinnen und Pflegern prüfen. Auch besonders im Hinblick auf die voraussichtlichen Kosten, die sich nach der Schätzung des bpa auf rund 2,5 Mio. Euro alleine für die Gründungsphase der Kammer belaufen werden.
Unbestritten ist, dass die Qualität der Pflege und der Ausbildung gesichert werden muss, dass die Anforderungen steigen und die körperliche Arbeitsbelastung nicht dazu führen dürfen, dass immer mehr Pflegekräfte vorzeitig aus dem Beruf aussteigen wollen.
Fakt ist auch, dass die Pflege eine gute Anerkennung und vor allem eine gute Wertschätzung und eine gute Bezahlung braucht.
Schaut man sich in der Bundesrepublik um, stellt man sehr schnell fest, dass wir in unserem Bundesland am unteren Ende der Einkommensstruktur in der Pflege liegen und der Stellenschlüssel zudem einer der niedrigsten in Deutschland ist.
Hier liegen die gravierenden Probleme, die Sie mit einer Zwangsmitgliedschaft in einer Pflegekammer auf keinen Fall lösen werden.
Kommen Sie an den Verhandlungstisch zurück und lassen Sie uns erneut im Ausschuss nach Alternativen zur Zwangskammer suchen.