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Rezensionen

Klassisches Arbeits- und Bildungssystem am Ende – Trendforscher Zellmann präsentiert neues Buch „Zukunft der Arbeit“

Prof. Mag. Peter Zellmanns neues Buch aus dem Molden-Verlag (Foto: Molden Verlag)

Wien (pte/15.04.2010/06:05) – „Wenn nicht bald etwas geschieht, fahren wir an die Wand.“ Zu diesem Schluss kommt Buchautor und Zukunftsforscher Peter Zellmann http://www.freizeitforschung.at in seinem neuesten Werk „Die Zukunft der Arbeit“, das diese Woche im Molden-Verlag http://www.ichlese.at erschienen ist. Zellmanns Analyse basiert nicht auf reiner Spekulation, sondern auf wissenschaftlichen Studien.

„Man kann heute ganz klar sagen, dass das klassische Bildungs- und Ausbildungsmodell ausgedient hat“, so Zellmann gegenüber pressetext. In den kommenden Jahrzehnten werde kein Stein am anderen bleiben. „Wer an das Lebensglück zukünftiger Generationen glaubt, muss sich einmischen. Die Verteilung der Arbeit, die Vermeidung gewaltiger sozialer Verwerfungen und Konflikte braucht ein neues, engagiertes Denken.“ Die Gestaltung der Zukunft beginne im Jetzt. Weg in ein neues Zeitalter

„Der Weg in die Zukunft ist der Weg von einem Zeitalter in ein folgendes. Nicht mehr die Produktion in den Industriebetrieben und Fabriken, sondern die personenbezogene Dienstleistung – Wissensvermittlung, Information, Beratung, Betreuung, Pflege – wird an Bedeutung zunehmen“, so Zellmann. Das werde den wirtschaftlichen und damit politischen Alltag der europäischen Gesellschaft in Zukunft prägen.

„Nicht die Industrie als solche wird weniger wichtig, sondern die Lebensstile der Menschen ändern sich auf diesem Weg dramatisch und grundlegend“, so der Autor. „Die Politik, auch die Wirtschaft, vor allem aber das Bildungs- und Ausbildungswesen hinken dieser Entwicklung nach. Manchmal hat man den Eindruck der heillosen Überforderung, nicht der bösen Absicht.“

Aktuelle Krise verändert Szenarien nicht

„Die vier Zukunftsszenarien, die dieses Buch zur Auswahl bietet, münden in den beiden Fragen, welche Zukunft wir wollen und was jeder einzelne als Teil der Gesellschaft dafür tun kann“, meint Zellmann. Die aktuelle Krise verändere an diesen Szenarien übrigens eher wenig, da sie vorauszusehen war. „Wichtiger ist jedoch die Beantwortung der Frage, ob wir daraus die richtigen Schlüsse ziehen und den Übergang als Chance nützen oder ob wir uns in Anbetracht der Risiken zu Tode fürchten.“

„Innovation bedeutet immer Bereitschaft zur Zerstörung von Gewohnheiten in sich selbst. Dazu gehören auch Denkgewohnheiten“, meint Zellmann. Darauf kann und soll dieses Buch Lust machen. Dabei stehe die grundsätzliche Bereitschaft im Vordergrund. Ob jemand dann etwas zerstören wolle, bleibe jedem einzelnen überlassen.

Weg von der alten Bildungspolitik

„Ein weiteres wichtiges Thema ist unsere Bildungspolitik“, betont der Autor. Hier müsse endlich begriffliche Eindeutigkeit und inhaltliche Sicherheit vorherrschen. „Den semantisch geprägten Ideologiestreit über die Systeme leisten wir seit 40 Jahren nur mehr in Österreich und in einigen deutschen Bundesländern“, kritisiert der Zukunftsforscher. In diesem Zusammenhang sei es besonders wichtig, Lehrer und Pädagogen ins Schulsystem zu bringen, die gut ausgebildet und gut bezahlt sind.

Persönlichkeitsmerkmale als Anforderungsprofil

„Die Arbeitnehmer der Zukunft brauchen in erster Linie nicht eine höhere, sondern eine andere Bildung“, meint Zellmann. „Sie brauchen Dienstgeber, die diese Entwicklung des Arbeitsmarktes, auf dem Persönlichkeit, Menschlichkeit, Herzlichkeit und empathische Fähigkeiten eine stärkere Rolle spielen, selbst in ihre Anforderungsprofile einbeziehen“, betont der Experte.

Im 20. Jahrhundert haben die Menschen 230.000 Lebensstunden dazu gewonnen. „Wöchentlich arbeiten die meisten von uns heute, 100 Jahre später, nur mehr die Hälfte – genau 39 statt 78 Stunden.“ Sehr viele haben zudem sechs Wochen Urlaub. „Nur 14 Prozent der Lebenszeit verbringen wir in Ausbildung und Beruf. Das ist ein ungeheurer gesellschaftlicher Fortschritt, den es freilich zu erkennen und zu nützen gilt.“

Länger und flexibler arbeiten

„Es ist eigentlich selbstverständlich, dass wir einen Teil dieser gewonnenen Lebenszeit wieder der Gesellschaft, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen“, meint Zellmann. An einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit führe kein Weg vorbei. Zudem müsse man auch über die alltägliche und wöchentliche Verteilung der Arbeitszeit nachdenken und diskutieren. „Die Normalarbeitszeit des 20. Jahrhunderts gibt es als Norm nicht mehr.“

Unaufgeregt müsse man auch über ein Grundeinkommen diskutieren dürfen, um es einmal ordentlich in allen Details durchrechnen zu können. „Dazu gehört auch der Hinweis, dass die Wirtschaft um diesen Sockelbetrag wesentlich entlastet werden wird und dass sich die neue Leistungsgesellschaft erst jenseits von Existenzsorgen wirklich entfalten wird können.“ Vor allem falle dann ja die heute oft kritisierte bzw. unterstellte Wahlmöglichkeit zwischen Geld fürs Nichtstun und wenig mehr Geld für eine Erwerbsarbeit weg.