Konfliktbewältigung mit friedlichen Mitteln – gerade jetzt!
In atemberaubendem Tempo hat sich in Deutschland während der letzten Tage die – zumindest offizielle – Einstellung zu Rüstungsexporten und Militäreinsätzen geändert: Bis zum Wochenende berief sich die Bundesregierung auch angesichts des Konflikts in Nordirak noch auf ihre politischen Grundsätze, den eingekesselten Jesiden ohne Einsatz von Waffen zu Hilfe zu kommen. Dann war von Unterstützung für die Gangart der Verbündeten die Rede, ohne zu spezifizieren, wie diese Unterstützung aussehen könnte. Aber seit Montag überschlagen sich die neuen Ansätze und Deutungen: Dehnung der sonst gültigen Regeln für Rüstungsexporte „bis an die Grenze des Machbaren“; Zusage von gepanzerten Fahrzeugen und „nichttödlichem“ militärischen Material; schließlich und aktuell auch lautes Nachdenken über die Lieferung von Waffen an kurdische Milizen und irakische Regierung.
Dabei zeigen Umfragen, dass auch jetzt noch eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung solche Lieferungen in Krisengebiete ablehnt.
Dennoch begegnet in den Medien eine wachsende Diskreditierung, ja Verunglimpfung von Menschen und Meinungen, die als „pazifistisch“ eingestuft werden. Bedenken gegen Militäreinsätze sind auf einmal so verpönt, wie sie kürzlich noch geläufig waren: Vergessen scheint die – in den gleichen Medien geäußerte – Empörung über den „Kriegstreiber“ Gauck, als dieser um der Menschenrechte willen auch die Bereitschaft zum Gebrauch von Waffen empfahl. Stattdessen wird die zur Gewaltlosigkeit mahnende Margot Käßmann mit Häme übergossen. Und das zu trauriger Berühmtheit gelangte „Jogamatten“-Zitat stammt sogar von einem prominenten bundesdeutschen Politiker.
In der ASF (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen) wird diese Entwicklung kritisiert. „Natürlich können Menschenrechtsverletzung, Verfolgung und Genozid nirgends auf der Welt hingenommen werden“, stellt die friedenspolitische Sprecherin der AG, Cornelia Östreich, klar: „Die Jesiden in Nordirak brauchen unsere Hilfe; gerade Deutschland steht in der Verantwortung, Minderheiten zu schützen und dem Terror von Fanatikern Einhalt zu gebieten. Aber wer garantiert, dass dieses Ziel allein – oder auch nur besonders Erfolg versprechend – mit Waffen erreicht werden kann?“ Bisherige westliche Militäreinsätze in der Region seien auf ganzer Linie gescheitert, hätten im schlimmsten Fall die Spirale der Gewalt nur weiter angeheizt. Und die dort eingesetzten Waffen seien oftmals später in den unheilvollsten Zusammenhängen wieder aufgetaucht – auch und gerade solche aus deutscher Produktion. „Deutsche Rüstungsgüter und militärisches Know-How sind begehrt; insofern ist der internationale Druck sehr hoch. Aber sollten wir darauf stolz sein – und solchem Druck sofort nachgeben?“ fragen die SPD-Frauen. „Unsere Politik muss stattdessen neue Wege zum Frieden entwickeln und der Welt zeigen, dass der Automatismus von rein militärischer Aktion und Reaktion durchbrochen werden kann.“ Schließlich sei jeder kriegerische Konflikt der Ausdruck eines politischen Versagens.