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Glaubhaft

Bhutan: Pastor verteidigt sich vor Gericht selbst

Open DoorsEhefrau Nengboi bangt um die Familie und vertraut auf Gottes Eingreifen – (Open Doors) – Der Prozess gegen den bhutanischen Pastor Tandin Wangyal geht in die nächste Runde. Am 10. September wurde Tandin zu 3 Jahren und 11 Monaten Haft verurteilt (wir berichteten). Am kommenden Montag, dem 13. Oktober, findet vor dem Bezirksgericht von Samtse seine Berufungsverhandlung statt.Hoffnung auf ein milderes Urteil

„Noch nie in der Rechtsgeschichte Bhutans ist ein angeklagter Christ so weit gekommen“, freut sich der Pastor über die Chance der Berufung. Nachdem er zunächst wegen der „Vorführung eines Filmes ohne Genehmigung“ sowie „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ verurteilt wurde, hofft er auf eine Reduzierung der Haftzeit oder die Möglichkeit, durch eine Geldstrafe ganz dem Gefängnis zu entgehen. Eine Besonderheit ist, dass der Pastor bislang keinerlei Rechtsbeistand in Anspruch genommen hat: „Ich habe unsere Verfassung und unsere Gesetze studiert. Bei allen Anhörungen habe ich mich selbst verteidigt.“ Dieses Mal werden seine Frau und seine drei Söhne der Verhandlung beiwohnen.

Enorme Belastung für die Familie

Für seine Familie stellt das Verfahren bereits jetzt eine enorme Belastung dar. „Ich begleite meine Söhne normalerweise bei ihrer Schulausbildung. In den letzten Wochen war ich jedoch häufig beschäftigt oder saß in Haft. Mein Ältester ist bei seiner Zwischenprüfung durchgefallen und muss vielleicht das Jahr wiederholen“, gibt Tandin Einblicke in die unmittelbaren Auswirkungen. „Meine Söhne brauchen mich! Auch für meine Frau Nengboi ist es hart. Sie hat schon viel zu tragen.“ Die Angesprochene ergänzt, dass auch sie am Montag gerne sprechen und an das Gericht appellieren würde – um der Familie willen. „Er könnte vier Jahre im Gefängnis sitzen – das ist eine furchtbar lange Zeit!“ Dann erinnert sie sich: „Als Tandin in Untersuchungshaft saß, hielten die Kinder immer Ausschau nach ihm und ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihnen die Wahrheit zu sagen. Vier Jahre ohne ihn wären sehr schwer. Ich habe Angst, gleichzeitig weiß ich, dass Gott mein Friede ist. Er tröstet mich.“ Um rechtzeitig in Samtse einzutreffen, wird Familie Wangyal sich bereits am Samstag auf die zweitägige Reise begeben.

Alle wissen, es geht um sehr viel. „Noch nie war mir die Freiheit so kostbar“, sagt Tandin. „Solange ich kann, will ich sie so gut wie möglich nutzen.“