Niebüll: Freispruch für Opfer von Polizeigewalt – Kieler Flüchtlingsrat fordert Ermittlungsverfahren wegen rassistischer Diskriminierung
Am Mittwoch hat im Amtsgericht Niebüll ein Verfahren wegen Widerstands gegen Polizeibeamte gegen das aus dem westafrikanischen Togo stammende Ehepaar Kanyni und Torovi Agbaze stattgefunden. Die Betroffenen wurden frei gesprochen.
In der dem Gericht vorliegenden Akte waren offenbar nur selektive Informationen der Polizei über den zu verhandelnden Vorfall zu ersehen. Doch die von der Verteidigung einbestellten Zeugen haben dem Gericht ausführlich über die grundlose Gewalt berichtet, die das Ehepaar Agbaze angab von der Polizei erlitten zu haben. Der Prozess dauerte dann auch statt der angesetzten einen Stunde insgesamt 6 Stunden.Anlass des Verfahrens war ein nachbarschaftlicher Streit in Westerland am 9. September 2009, im Zuge dessen die Polizei gerufen worden war. Herr Agbaze hörte die lautstarke Auseinandersetzung zwischen zwei Frauen und den Polizisten im Nachbarhaus und ging hinzu um ggf. zu helfen. Statt dass sein Schlichtungsangebot angenommen wurde, sahen sich Herr und Frau Agbaze unter Zeugen binnen Kurzem roher Polizeigewalt ausgesetzt. Das Ehepaar Agbaze ließ ihre erlittenen Verletzungen ärztlich attestieren und erhob Anzeige gegen die beteiligten Polizisten. Die hingegen antworteten prompt mit einer Anzeige wegen angeblichem Widerstand gegen Polizeibeamte, die jetzt in Niebüll zur Verhandlung kam. Ermittlungen gegen die Polizisten waren schon vor Monaten ohne Prozess eingestellt worden.
Der Flüchtlingsrat begrüßt den Freispruch. Gleichzeitig wird die Staatsanwaltschaft aufgefordert, auf Grundlage der am 19. Mai bei Gericht von zahlreichen Zeugen gewonnenen Erkenntnisse umgehend ein erneutes Ermittlungsverfahren wegen rassistisch motivierter Gewalt gegen die beteiligten Polizisten aufzunehmen.