Politik & Wirtschaft

IHK zu Lübeck: Wirtschaft startet optimistisch ins neue Jahr – Konjunkturklimaindex gestiegen

Die Stimmung der Wirtschaft im HanseBelt ist gut: Der Anstieg des IHK-Konjunkturklimaindex auf 125,1 Punkte belegt die positive Stimmung. Mit mehr Service und Beratungsangeboten will die IHK zu Lübeck ihre Mitglieder passgenauer unterstützen. Die Mitgliedsunternehmen sind aufgerufen, Ende des Jahres ihre neue Vollversammlung zu wählen.

Der erneute Anstieg des Industrieumsatzes in Schleswig-Holstein, die erhöhte Binnennachfrage, das Weihnachtsgeschäft auf hohem Niveau und der ungeahnte Touristenansturm auf die Ostseeküste haben der Wirtschaft im Bezirk der IHK zu Lübeck einen guten Start in das neue Jahr beschert. Ebenfalls günstig auf die geschäftliche Lage der Unternehmen wirkten sich das weltweite Anziehen der Konjunktur aufgrund des sinkenden Ölpreises und positive Daten vom Arbeitsmarkt aus. „Trotzdem ist die Lage in der Wirtschaft angespannt. Die wirtschaftliche Schieflage Russlands, deren weiterreichende Folgen heute noch nicht absehbar sind, wirkt sich belastend auf den exportstarken industriellen Mittelstand im IHK-Bezirk aus. Hinzu kommen äußere Faktoren wie die Ukraine-Krise, die Kriege im Nahen Osten und die wieder aktuellen Probleme im Euroraum. Auch die Rente mit 63, die Auswirkungen des Mindestlohnes und die mangelnde Rechtssicherheit bei der Erbschaftssteuer lasten wie Blei auf dem Mittelstand“, sagte Friederike C. Kühn, Präses der IHK zu Lübeck. Gemeinsam mit IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning und seinem Stellvertreter Nils Thoralf Jarck zog Kühn in der IHK-Jahrespressekonferenz eine Bilanz des zu Ende gegangenen Jahres und gab einen Ausblick auf 2015.

„Wir müssen endlich wegkommen von einem ideologisch motivierten Reformgeist zu echter, auf Langfristigkeit und vor allem volkswirtschaftlichen Nutzen angelegter Gestaltung“, mahnte die Präses. Die Unsicherheiten bei der Erbschaftssteuer würden besonders die kleinen und mittleren Betriebe treffen, die die Wirtschaftsstruktur des Nordens prägen. „Der steigenden Steuerlast könnten Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Am Ende schadet der Staat sich selbst, indem er Investitionen hemmt. Sowohl die Existenz als auch die Wettbewerbsfähigkeit vieler Betriebe seien gefährdet.“, betonte Kühn. Zudem werde es für Gründungsinteressenten immer unattraktiver, einen bestehenden Betrieb zu übernehmen.

Trotz insgesamt ungünstiger Rahmenbedingungen bleibe der Mittelstand im HanseBelt optimistisch. „Die Aussichten für 2015 sind gut, unsere Mitgliedsbetriebe berichten in einer aktuellen Konjunkturumfrage über volle Auftragsbücher und eine hohe Auslastung auch in den kommenden Monaten. Der Konjunkturklimaindex ist nach einer ersten Trendrechnung um 3,2 Punkte auf 125,1 Punkte gestiegen, die Stimmung ist deutlich besser als im vorangegangen Quartal“, berichtete Kühn. „Ein wichtiger Treiber dieser grundsätzlich erfreulichen Entwicklung ist das gut laufende Auslandsgeschäft der IHK-Mitglieder.“ Außer der aktuellen Entwicklung des Eurokurses dürften hier auch die fortgesetzten Gespräche zum transatlantischen Handelsabkommen TTIP weiteren Auftrieb geben. „Das Handelsvolumen zwischen Schleswig-Holstein und den USA erreicht heute schon ein Niveau von annähernd 2,5 Milliarden jährlich“, führte die Präses aus. Auch die Beschäftigungslage werde stabil bleiben, da die Unternehmen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels rechtzeitig Fachkräfte gewinnen und halten wollen. Davon zeuge die niedrige Arbeitslosigkeit  besonders in den Kreisen Segeberg und Stormarn.

Die Rente mit 63 sei allerdings die verkehrte Antwort auf den Fachkräftemangel. „Eine neue Frühverrentungswelle belastet unsere Sozialsysteme und erschwert es dem Mittelstand, Fachkräfte zu halten. Im Zuge des demografischen Wandels aber sind die Betriebe auf ältere Mitarbeiter und deren  Erfahrung angewiesen“, so Kühn. Auch die Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns seien vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels gefährlich: „Besonders kleinere Unternehmen der Branchen Transport, Tourismus, Handel und Dienstleistungen dürften Schwierigkeiten haben, die Beschäftigung in dem jetzigen Maße aufrecht zu erhalten.“ Der Mindestlohn setze Einstiegshürden für Geringqualifizierte, die Schwächsten am Arbeitsmarkt. Auch die im Gesetz verankerte Altersgrenze von 18 Jahren greife zu früh. Eine Folge sei, dass junge Menschen sich für einen kurzfristig attraktiveren Mindestlohnjob entscheiden könnten, anstatt eine langfristig lohnendere qualifizierte Ausbildung zu absolvieren, bemängelte Kühn.

Dem pflichtete Hauptgeschäftsführer Schöning bei: „Nach wie vor sind eine solide duale Ausbildung und darauf aufbauende Weiterbildung Schlüsselfaktoren für die Qualität in allen Arbeits- und Prozessabläufen. Kein Unternehmen will darauf verzichten.“ Daher habe die Wirtschaft gemeinsam mit der Bundesregierung, den Gewerkschaften und weiteren Partnern die Allianz für Aus- und Weiterbildung von 2015 bis 2018 vereinbart. „Damit wollen wir für unser bewährtes duales System werben und mehr Auszubildende gewinnen“, so Schöning. Elementar für den Erfolg der Allianz ist das Know-how der ausbildenden Betriebe „Die Wirtschaft stellt trotz des Bewerberrückganges auch weiterhin ausreichend Plätze zur Verfügung und macht jedem Jugendlichen ein Angebot.“

Das belege die positive Bilanz des Ausbildungsjahres: 2014 stieg die Zahl der bei der IHK registrierten Verträge um rund 3,3 Prozent auf 3.930. Es gebe weiterhin viele Plätze, aber zu wenig passende Bewerber. Allein im Bezirk der IHK zu Lübeck blieben knapp 400 Stellen unbesetzt, so Schöning. Die IHK werde daher 2015 die Unternehmen bei der Suche nach Auszubildenden noch passgenauer unterstützen, kündigte er an. Das fange bereits vor der Ausbildung an. „Seit Ende des Jahres betreiben wir in der IHK Schleswig-Holstein eine neue Praktikantenbörse. Eine Hospitanz ist eine wichtige Entscheidungshilfe für Jugendliche auf der Suche nach dem richtigen Beruf und für Arbeitgeber bei der Auswahl der Bewerber.“ Auch bei der Suche nach Fachkräften werde die IHK ihren Service für die Mitglieder durch den Einsatz eines neuen Fachkräfteberaters ausbauen. „Der neue Mitarbeiter soll auch kleineren Unternehmen Möglichkeiten der Personalgewinnung aufzeigen“, erläuterte der Hauptgeschäftsführer.

Mit einer neuen Datenbank wollen die drei IHKs in Schleswig-Holstein auch Angebot und Nachfrage bei der Unternehmensnachfolge stärker als bisher zusammenbringen. „Anfang vergangenen Jahres haben wir den Begriff ‚Chefmangel‘ geprägt und damit die Unternehmer sensibilisiert, sich rechtzeitig Gedanken über die Betriebsübergabe zu machen“, so Schöning. In den kommenden Jahren stehen mehrere Tausend Firmen zur Übergabe an, jedoch fehlt häufig ein Nachfolger. „Das können wir nicht hinnehmen, es stehen Wohlstand, Wachstum, Know-how, Innovationsfähigkeit und vor allem Arbeitsplätze sowie die Altersversorgung der Unternehmer auf dem Spiel. Daher haben wir unser Beratung- und Informationsangebot im Jahr 2014 verstärkt und mehr Unternehmer erreicht als in den Vorjahren.“

Das sei ein Beleg für die Wirksamkeit der konsequenten Kunden- und Dienstleistungsorientierung der IHK. „Der Service für unsere Mitglieder ist unser Kerngeschäft. Durch die große Kundennähe haben wir unser Angebot im vergangenen Jahr ausgebaut“, sagte Schöning. Es habe sich gezeigt, dass die Mitglieder mehr Beratung vor Ort und auch in individualisierter Form wünschten. „Im vergangenen Jahr sind wir mit unseren Angeboten stärker in die Region gegangen. Besonders in unseren Geschäftsstellen Ahrensburg und Norderstedt haben wir unsere Veranstaltungen jeweils mehr als verdoppelt und entsprechend höhere Teilnahmen unserer Kunden erzielt“, erläuterte der Hauptgeschäftsführer.

Diesen Kurs wolle die IHK in diesem Jahr fortsetzen und ihre Mitglieder noch gezielter und bei Bedarf auch noch individueller beraten. In den Gesprächen haben die Betriebe immer häufiger Beratungsbedarf rund um die Themen Innovationen und Energie angemeldet. „Wir haben darauf reagiert und unseren Geschäftsbereich Innovation und Umwelt durch eine interne Umstrukturierung deutlich gestärkt“, so Schöning. Insgesamt haben die IHK-Experten dieses Bereiches im vorigen Jahr 60 Betriebe individuell beraten und 30 Kontakte zwischen Firmen und Hochschulen oder Forschungseinrichtungen vermittelt.

Mit ihrem Angebot will die IHK dazu beitragen, die Standortqualität im HanseBelt zu verbessern. „Hier sollen sich Unternehmen wohl fühlen. Das fängt schon bei den Gründungen an: Junge Selbstständige müssen ein ideales Umfeld vorfinden, um ihre Geschäftsidee entwickeln zu können“, sagte Nils Thoralf Jarck, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Leiter des Geschäftsbereiches Existenzgründung und Unternehmensförderung. Der aktuelle Gründerreport der IHK zu Lübeck stütze diesen Ansatz. Besonders im Hamburger Umland ist die Gründungsintensität –
die Anzahl der Gründungen pro 1.000 Einwohner – höher als beispielsweise in Lübeck oder Ostholstein. „Der hohen Nachfrage werden wir mit einem stärkeren Beratungsangebot vor Ort in den Kreisen Stormarn und Segeberg begegnen.“

Dieser Trend erfordere allerdings eine Konsolidierung der Rahmenbedingungen. „Einer unserer Arbeitsschwerpunkte 2015 wird das Thema ‚Unternehmertum stärken‘ sein. Unter diesem Motto steht auch unser traditioneller Neujahrsempfang am 14. Januar 2015 in Lübeck. Dort wollen wir einen Startschuss für eine neue Kultur im Wirtschaftsleben bei uns im Norden geben“, kündigte Schöning an.

Die von der IHK unterstützte HanseBelt Initiative habe für die Region bereits einen wichtigen Schritt getan. Im Sommer unterzeichneten die Mitglieder eine in Deutschland bisher einzigartige Charta für eine moderne Unternehmenskultur, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Schöning: „Das ist ein deutliches Signal für Fach- und Führungskräfte, bei den attraktiven Arbeitgebern hier im HanseBelt zu bleiben oder sich für einen Wechsel in den Norden zu entscheiden.“ Die Wirtschaft in der Region habe sich damit ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen.

„Es ist ein gutes Zeichen, wenn die Unternehmen Zukunft gestalten und am Standort aktiv werden“, lobte Präses Kühn. Die Wirtschaft brauche eine starke Interessenvertretung, ergänzte sie mit Blick auf die Wahl zur IHK-Vollversammlung Ende des Jahres. Alle IHK-Mitglieder in den Kreisen Ostholstein, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie in der Hansestadt Lübeck sind vom 9. November bis 8. Dezember 2015 aufgerufen, ihre 64 Vertreter für das höchste Gremium der Kammer zu wählen. „Wie die Gesellschaft lebt auch die Wirtschaft vom Mitmachen. Wer wählt oder ein Ehrenamt in der Selbstverwaltung der Wirtschaft ausübt, kann mitbestimmen und die Rahmenbedingungen für die regionale Wirtschaft mitgestalten“, so Kühn. Das fange bei Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau von Straßen und der Breitbandversorgung an und reiche bis zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz oder der Erbschaftsteuer.

Die entsprechende Einflussnahme würde im Verbund der IHK-Organisation geschehen. „Kooperationen sind ein wichtiges Thema, an dem wir auch im neuen Jahr weiter arbeiten wollen“, kündigte Kühn an. Im Sommer haben sich die Mitglieder der Vollversammlungen der IHK Flensburg, der IHK zu Kiel und der IHK zu Lübeck in einer gemeinsamen Sitzung einhellig gegen eine Erhöhung von Steuern und Abgaben ausgesprochen. „Das ist ein deutliches Signal an die Landesregierung“, betonte die Präses, die zugleich Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft IHK Schleswig-Holstein ist.

Auch über die Landesgrenzen hinaus hat sich die IHK zu Lübeck engagiert. „Mit der IHK zu Schwerin haben wir gemeinsame Veranstaltungen organisiert. Außerdem haben wir mit beiden Vollversammlungen in einer Vor-Ort-Tour den Fehmarnbelt besucht und uns gemeinsam über den aktuellen Planungsstand für die feste Fehmarnbelt-Querung informiert. Der Schulterschluss der Wirtschaft in beiden IHK-Bezirken belegt die Bedeutung des Projektes. Die Schweriner wollen ebenfalls von den Impulsen profitieren und entwickeln derzeit Konzepte dafür.“ Zudem hatte die IHK zu Lübeck im zweiten Halbjahr den Vorsitz in der IHK Nord inne, dem Zusammenschluss von 13 IHKs in den fünf norddeutschen Küstenländern. Die IHK zu Lübeck habe neue Akzente gesetzt und unter anderem das auf dem Neujahrsempfang vor einem Jahr geprägte Thema Frauen als Fachkräftepotenzial für die norddeutsche Wirtschaft erfolgreich in die Nachbarbundesländer gespielt.

Herausragend seien auch die Ergebnisse der gemeinsamen Konferenz der IHK Nord-Spitzen sowie der Wirtschafts- und Verkehrsministerkonferenz der fünf norddeutschen Küstenländer im vergangenen September gewesen. In Itzehoe haben Wirtschaft und Politik eine bisher einzigartige Kooperation bei Infrastrukturvorhaben vereinbart. Eine Arbeitsgruppe befasst sich derzeit mit der elementaren Frage der Finanzierung von Bauvorhaben. Einmalig ist auch der am selben Tag besiegelte Schulterschluss zugunsten der Bewerbung der Hansestadt Hamburg um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele 2024 oder 2028. Kühn: „Die Wirtschaft und die Landesregierungen haben hier ein deutliches Signal ausgesandt, denn wir sehen damit einhergehend entsprechend dem Beschluss unserer Vollversammlung auch die Chancen für den weiteren Ausbau der Infrastruktur im HanseBelt.“

Da habe noch einiges zu geschehen: Der Stillstand beim Bau der Autobahn 20 sei ein Rückschlag für den gemeinsamen Wirtschaftsraum Schleswig-Holstein-Hamburg. „Andere Regionen sind uns bei derartigen Projekten weit voraus. Wir müssen endlich die Weichen stellen, damit wir vorankommen“, sagte Schöning. Das betrifft auch den Ausbau der B404 von Bargteheide nach Süden als A21. „Die Elbquerungen sind extrem anfällig für Störungen, wie die unfallbedingte Sperrung der Süderelbbrücke in Hamburg belegt. Daher fordern wir, die Planungsreife für den Ausbau der B404 voranzutreiben und das Projekt in den Bundesverkehrswegeplan aufzunehmen.“

Grundsätzlich seien die Landesregierung und die Kommunen weiterhin gefordert, die Bürokratie abzubauen und ihre Haushalte zu konsolidieren. „Nur dann lassen sich Belastungen für die Wirtschaft vermeiden. Wir haben es satt, ständig die Lücken in den Etats durch höhere Abgaben und einen höheren bürokratischen Aufwand stopfen zu müssen“, betonte Präses Kühn.