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Politik & Wirtschaft

Bürokratische Belastungen beim Mindestlohn für Mittelstand, Vereine und Verbände abbauen

Wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,  Andreas Tietze: Umsetzung braucht Zeit. Evaluation braucht Zeit. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,  der CDU Antrag kommt zur Unzeit. Es sind nicht einmal zwei Monate nach Inkrafttreten verstrichen. Es gibt derzeit keine belastbaren Erkenntnisse über die Auswirkungen des Mindestlohns – weder negative noch positive.Die Umsetzung steckt noch in den Kinderschuhen. Wenn die Wirtschaft schon heute argumentiert, dass junge Menschen keine Ausbildung mehr antreten, weil sie mit dem Mindestlohn mehr verdienen, sind das politische Mutmaßungen, keine Erfahrungen. Das Ausbildungsjahr beginnt erst nach der Sommerpause. Ähnlich verhält es sich mit der Tourismusbranche, dem Hotel- und Gaststättengewerbe. Hier wird deutlich, liebe CDU, wie Sie politisch aufgestellt sind. Sie haben sich beim Mindestlohn einen sozialdemokratischen Anstrich gegeben, aber mit diesem Antrag wird Ihre eigentliche Denke übertüncht.

So oft wie Sie hier im Parlament gegen den Mindestlohn gestänkert haben, Herr Callsen, nimmt Ihnen hier im Hause die Wandlung vom Saulus zum Paulus sowieso niemand ab. Wenn Sie ein wirkliches Interesse an einem gerechten Mindestlohn haben, dann fordert man nicht schon nach sechs Wochen eine Novellierung.

In Wahrheit wollen Sie keinen Mindestlohn, dann sagen Sie das auch so und schwurbeln nicht rum. Umsetzung braucht Zeit. Evaluation braucht Zeit.  Lassen wir den ArbeitgeberInnen und den ArbeitnehmerInnen die notendige Zeit, den Mindestlohn umzusetzen und pfuschen ihnen nicht ins Handwerk.

Frühestens in einigen Monaten werden wir belastbare Aussagen über die wirklichen Auswirkungen machen können. Da ist Frau Nahles ganz auf dem richtigen Weg. Ich komme jetzt aber auch zur inhaltlichen Bewertung ihres Antrages. Die von Ihnen vorgeschlagenen Änderungen ergeben keinen Sinn. Ihre Änderungswünsche am Gesetz unterlaufen den Mindestlohn in Wahrheit.

Ihre Argumentation: Dokumentation ist Bürokratie und die muss weg. Das hört sich erst mal gut an – ist aber in Wahrheit schwach. Sie wollen die Hintertüren für viele ArbeitgeberInnen weit aufmachen.

Diese Forderung macht offensichtlich, dass es Ihnen hier weniger um Bürokratieabbau, sondern um neue Schlupflöcher geht. In keiner anderen Beschäftigungsform wird so viel mit den Arbeitszeiten getrickst, wie bei den MinijobberInnen.

Wer auf dem Papier Mindestlohn zahlt, seine ArbeitnehmerInnen aber länger arbeiten lässt, handelt unredlich.

Er beutet seine Beschäftigten aus, denn sie verdienen real eben keinen Mindestlohn.

Diesen Pseudomindestlohn kann auch die CDU nicht wollen, oder doch? Nur wenn Arbeitsbeginn und Arbeitsende verpflichtend dokumentiert werden, haben KontrolleurInnen die Chance Verstöße aufzudecken.  Und das gilt insbesondere im Bereich der geringfügigen Beschäftigung. Allein deshalb ist eine Heraufsetzung der Lohngrenze für die Dokumentation widersinnig.

Noch ein Wort zur Haftung. Am Ende gucken immer die Schwächsten in die Röhre. Und das sind in diesem Fall Sub- und Subsub-Unternehmen bzw. ihre ArbeitnehmerInnen.

Es ist einfach, sich als AuftraggeberIn einen schlanken Fuß zu machen. Für die Arbeitsbedingungen sind ja die anderen Unternehmen zuständig. Was dann passiert ist klar. Verantwortlich ist am Ende keiner. Die einen schließen die Augen und wollen nicht sehen, dass die anderen sich nicht anderen Mindestlohn halten.

Oder wie es das schöne Bild der drei Affen symbolisiert, nichts hören, nichts sehen, nichts sagen! Die Beschäftigten können sich nicht wehren und zahlen die Zeche. Genau das wollen wir vermeiden. Und genau deshalb, nehmen wir auch die Auftrag gebenden Unternehmen mit in die Pflicht. Mein Fazit: Sie haben immer noch nicht kapiert, dass der Mindestlohn mehr soziale Gerechtigkeit schafft und nicht weniger.

Sie wollen ihn nicht wirklich und dokumentieren es mit diesem peinlichem Antrag auch nun öffentlich.Diesen Antrag kann man nur ablehnen, er ist es nicht mal Wert im Ausschuss diskutiert zu werden.  Schade: Soziale Gerechtigkeit geht anders liebe CDU!