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Politik & Wirtschaft

BfL: Wissenschaftsminister verletzt Grundregeln

Die Lübecker sind sich einig: Die Schließung des Medizinstudiums an der Universität zu Lübeck ist völlig unangemessen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Standort Lübeck, die umliegenden Landkreise und auch das Land Schleswig-Holstein selbst sind fatal. Eine fundierte Abwägung von Argumenten hat offensichtlich nicht stattgefunden. Die besten Grundregeln der Bürokratie wurden insbesondere durch den Wissenschaftsminister grob verletzt: Keine Gerechtigkeit und Neutralität; statt Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt für abgewogene und durchdachte Entscheidungen nur Voreiligkeit und Unbegründetheit:

– Der Universitätsrat des Landes Schleswig-Holstein wurde weder um Rat gebeten noch informiert: er ist deswegen zurückgetreten und hat dies eben mit dem Argument eines unangemessenen Entscheidungsprozesses begründet.

– Der Medizinausschuss, der laut Hochschulgesetz die Universitätsmedizin im SH koordiniert und leitet, ist zum Thema Schließung des Medizinstudiums an der Uni Lübeck bis jetzt nicht informiert worden, geschweige denn im Vorfeld um seine Einschätzung gebeten worden, obwohl 90% der Sparmaßnahmen im Bereich Wissenschaft und Forschung von der Medizin getragen werden sollen und davon alles von Lübeck.

– Der Wissenschaftsrat ist 2009 vom Land gebeten worden, die Universitätsmedizin zu begutachten. Die Fakultäten arbeiten seit Monaten mit Hochdruck daran, die entsprechenden Daten zu erheben. Statt das Votum im November abzuwarten, schafft das Land im Mai Fakten. Eine ungebührliche Missachtung des Wissenschaftsrates.

– Weder Präsident noch Dekan der medizinischen Fakultät in Lübeck wurden vor der Entscheidung zu Rate gezogen oder im Vorfelde informiert. Im Gegenteil wurden entgegenstehende Aussagen gegenüber dem Präsidenten abgegeben. Ungesichert ist dagegen, ob stattdessen Präsident und Dekan in Kiel vorher einbezogen waren.

Ein weiterer zentraler Vorwurf an den Wissenschaftsminister ist in diesem Zusammenhang die völlig unzureichende Transparenz gegenüber den Bürgern und selbst den Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen. Die Begründungspflicht für weitreichende Sparvorschläge wurde vom Minister nicht wahrgenommen, obschon sie bei der Reichweite und dem zu erwartenden und teilweise bereits eingetretenen Flurschaden der Sparbeschlüsse höchst selbstverständlich sein muss. Bis heute gibt es keine stichhaltigen Begründungen oder gar belastbare Zahlen zu Einsparungen durch den Entfall des Medizinstudiums, erst recht nicht unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Folgeeffekte. Der Wissenschaftsminister muss sich ernsthaft fragen lassen, ob er seiner Aufgabe gerecht wird.