„Da hat einer angefangen aufzuhören!“
Schwerin (std). Gerhard Ulrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), wird am 4. April (Karsamstag) erstmals eine Theaterpredigt halten. Die Predigt zum Thema „Da hat einer angefangen aufzuhören!“ beginnt um 16 Uhr im Konzertfoyer des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin.
Die Veranstaltung bildet den Auftakt des gemeinsamen Projekts „Dialog Kirche und Bühne“ der Schweriner Kirchen und des Staatstheaters. Landesbischof Ulrich wird sich in seiner Theaterpredigt mit dem Shakespeare-Stück „Der Kaufmann von Venedig“ auseinandersetzen. Dabei werden Schauspielerinnen und Schauspieler den Monolog des Shylock und eine weitere Schlüsselszene aus der aktuellen Produktion des Staatstheaters aufführen. Musikalisch wird der Komponist und Pianist John R. Carlson die Theaterpredigt begleiten.
„In dem Stück geht es um Schuld, um Opfer und um Gnade. Und in alldem um Sehnsucht nach Liebe und Freundschaft, nach Zuwendung“, sagt Landesbischof Ulrich. „Das Stück berührt damit auch den Kern der Botschaft von Karfreitag und Ostern, vom Kreuz, an dem Jesus die Teufelskreise von Schuld, Sühne und Rache durchbricht. Das ist die Wende vom Tod zum Leben.“
Gerhard Ulrich, seit 2013 Landesbischof der ein Jahr zuvor gegründeten Nordkirche, hat zunächst Germanistik, Theaterwissenschaften und Schauspielkunst studiert, bevor er 1974 zum Studium der evangelischen Theologie wechselte, das er an der Universität Hamburg absolvierte.
„Es gibt eine gemeinsame Wurzel von Theater und Gottesdienst“, so Ulrich. Schon die ersten Theaterstücke seien Kultdarstellungen gewesen: „Das waren Inszenierungen der Begegnung von Mensch und Gott oder Göttern, heilige Räume, die das Gefährliche dieser Begegnung bargen und schützten. Bis heute sind Gottesdienste Inszenierungen der Begegnung zwischen Mensch und Gott, zwischen endlicher und unendlicher Macht.“
Shakespeares Komödie „Der Kaufmann von Venedig“ wird in der aktuellen Spielzeit im Großen Haus des Staatstheaters in einer Fassung und Inszenierung von Marc von Henning gezeigt. Die Theaterpredigt verstehe sich als theologischer Kommentar zur Inszenierung, heißt es in einer Ankündigung des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin. Das Theaterstück diene dazu, „über konkrete Themen, Erfahrungen und Glauben in den Dialog zu treten“. Entstanden sei das Projekt „Dialog Kirche und Bühne“ in Kooperation der Kirchen der Stadt mit dem Staatstheater, sagt Domprediger Volker Mischok. Die Kirchengemeinde des Schweriner Doms arbeitet schon seit über 15 Jahren mit dem Theater zusammen. Im Dom-Innenhof finden Aufführungen unter freiem Himmel statt, Pastor Mischok wirkte bereits an Veranstaltungen im Staatstheater, wie dem Reformationskonzert, mit.
„Bis zum Sommer haben wir zwei Theaterpredigten vorgesehen“, erläutert Ralph Reichel, Chefdramaturg und Regisseur am Staatstheater. Am 30. Mai werde der frühere Hamburger Erzbischof, Dr. Werner Thissen, vor dem Hintergrund der Verdi-Oper „La Traviata“ predigen. Ralph Reichel: „Wir haben schon jetzt, zum Auftakt mit Landesbischof Ulrich, das Gefühl, das Projekt wird gut angenommen, die Menschen sind überaus interessiert, uns macht es Spaß miteinander. Es ist besonders spannend, über Inhalte mit klugen Leuten zu diskutieren, die aus einer anderen Perspektive draufgucken.“ Deswegen hoffe man, den „Dialog Kirche und Bühne“ fortzusetzen, so Reichel.
Der Eintritt zur Theaterpredigt ist frei. Kostenlose Platzkarten gibt es über die Theaterkasse.
Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).