TOP 51 – Abbau der Kalten Progression ab 2016
Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Rasmus Andresen: Einzig und allein die Kalte Progression zu mildern ist populistisch und haushaltspolitisch der falsche Schwerpunkt Wir Grüne halten den alleinigen Abbau der Kalten Progression immer noch für falsch.Für ArbeitnehmerInnen ist es ein unliebsamer Effekt, wenn die Lohnerhöhung von der Inflation wieder aufgefressen wird. Keine Frage. Man muss sich aber bewusst machen, welche ungerechte Verteilungswirkung der Abbau der Kalten Progression hat.
Ist die Inflation gering, ist der Entlastungseffekt für die einzelne SteuerzahlerIn kaum spürbar: 17 Euro im Jahr, bei einem Einkommen von 20.000 Euro und einer Inflation von 1,5 %. Bei einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro wären es 100 Euro. Menschen mit hohem Einkommen profitieren mehr als GeringverdienerInnen.
Einen Vorteil im Portemonnaie werden beide nicht wirklich wahrnehmen.
Trotzdem summieren sich die Mindereinnahmen für den Staat auf einen Milliardenbetrag. Und da muss man sich mal fragen, was das eigentlich für die Menschen bedeutet, die gar kein Einkommen beziehen oder so wenig, dass sie unter dem Freibetrag liegen.
Sie sind die, die besonders auf öffentliche Leistungen angewiesen sind. Wenn die öffentliche Hand an der Bildung sparen muss, um Steuersenkungen zu finanzieren, führt das zu der Manifestierung von Chancenungleichheit in der Gesellschaft.
Steuerentlastungen für Alleinerziehende, die Anhebung des Steuerfreibetrags, die Anhebung von Hartz IV und ein höherer BAföG-Satz – das wären echte Entlastungen für die Menschen, die nicht so viel Geld haben.
Auch sie sind von der Inflation betroffen. Wenn es denn überhaupt eine Inflation gibt.
Das ist auch noch eine offene Frage, ob Schäuble nur eine Nebelkerze wirft. Denn Ende des letzten Jahres hat Bundesfinanzminister Schäuble selbst durch Zahlen belegt, dass die Kalte Progression aufgrund niedriger Inflation und hoher Freibeträge, nicht vorhanden sei. Ich würde mir eine ehrliche Position des Bundesfinanzministers wünschen.
Wenn die Inflation anzieht, was momentan nicht der Fall ist, kann der Staat den Abbau der kalten Progression ohne Gegenfinanzierung nicht leisten. Wenn es andererseits keine Preissteigerungen gibt, dann müssen wir über die kalte Progression gar nicht reden.
Generell lassen sich die konkreten Auswirkungen schwer schätzen.
Der reflexhafte Ruf nach Steuersenkungen, wenn die Konjunktur gut ist, ist so sicher, wie er falsch ist. Die Einnahmen werden gebraucht! Zum Ausgleich für das, was bei schlechteren Haushaltslagen nicht möglich ist, für die Vorsorge, für Investitionen in Bildung und Infrastruktur.
Es erzeugt ein ungutes Gefühl in mir als Haushaltspolitiker, wenn ich einerseits sehe, welche finanziellen Herausforderungen in den kommenden Jahren vor uns liegen und andererseits eine eigentlich positive Steuerschätzung wie letzte Woche erstens keine realen Handlungsspielräume eröffnet und zweitens vorsorglich mit Steuermindereinnahmen von 60 Millionen Euro jährlich ab 2016 geplant werden muss.
Solange diese Mindereinnahmen auf die Anhebung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags zurückzuführen sind, ist das noch akzeptabel, auch wenn der Fokus bei Familien mit Hartz IV-Bezug und Alleinerziehenden liegen sollte.
Wenn es um den Abbau der kalten Progression geht, sieht die Lage aber anders aus. Als Land Schleswig-Holstein müssen wir deutlich machen, dass der Haushalt eines Konsolidierungslands diese Einschnitte nicht verträgt. Und als rot-grün-blaue Koalition müssen wir vor allem die Umverteilung einfordern.
Eine umfängliche Steuerreform, die hohe Einkommen, Erbschaften und Vermögen stärker belastet und niedrige Einkommen entlastet: da sind wir dabei!
Einzig und allein nur die Kalte Progression zu mildern ist populistisch und haushaltspolitisch für unsere Länder der falsche Schwerpunkt.