Politik & Wirtschaft

Arbeitsmarktbilanz 2016 und Ausblick 2017

Arbeitsmarktbilanz 2016 und Ausblick 2017 –Die deutsche Wirtschaft hat im Jahr 2016 ihren moderaten Aufschwung fortgesetzt. Auch Ereignisse wie die Brexit-Entscheidung haben den Aufwärtstrend nicht wesentlich beeinflusst. Wichtigste Konjunkturstütze blieb der inländische Konsum, der von der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt getragen wurde.

Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind jahresdurchschnittlich gesunken, obwohl sich mehr geflüchtete Menschen arbeitslos meldeten oder als Teilnehmer arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen in der Unterbeschäftigung gezählt wurden.

 

„Auch im Bezirk der Agentur für Arbeit Lübeck sind wir auf einer sehr guten Basis ins Jahr 2017 gestartet. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie zuletzt 1992 und die Arbeitslosenquote lag in der Hansestadt Lübeck im Jahresdurchschnitt bei 9,1 Prozent“, erklärt Markus Dusch, Vorsitzender der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit Lübeck.

„Die hohe Flüchtlingszuwanderung im Jahr 2015 hat sich bisher nur moderat auf die Arbeitslosigkeit ausgewirkt. Ein Großteil der geflüchteten Menschen befindet sich noch im Asylverfahren, besucht einen Kurs des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder eine Fördermaßnahme der Arbeitsagentur oder des Jobcenters. Ich gehe davon aus, dass 2017 mehr geflüchtete Menschen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden. Diese Menschen brauchen die Chance, hier ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen. Wichtig ist deshalb eine früh einsetzende und enge Verzahnung von Sprachförderung, betrieblicher Praxis und Qualifizierung. In enger Kooperation mit Unternehmen kann zum Beispiel sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit dem Erwerb berufsbegleitender Teilqualifikationen und berufsbezogener Sprachförderung kombiniert werden. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird in vielen Bereichen die Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung schwieriger und bremst sogar weitere Beschäftigungszuwächse. Hier bietet neben der Integration geflüchteter Menschen die Aus- und Weiterbildung Geringqualifizierter gute Chancen. Sie können neben einer Tätigkeit berufsbegleitend bis zum Erwerb eines Berufsabschlusses qualifiziert werden. Wichtig ist für Unternehmen individuelle Personalstrategien zu entwickeln und alle Potenziale zu nutzen. Sie sollten zu Kompromissen bei der Stellenbesetzung bereit sein und versteckten Talenten eine Chance geben. Wir informieren gerne über die Fördermöglichkeiten“, bietet Dusch an.

 

1. Beschäftigung

 

Bereits das elfte Jahr in Folge steigt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Hansestadt Lübeck an. Laut der aktuellsten Daten haben 92.547 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Ende Juni 2016 in der Hansestadt Lübeck gearbeitet, ein Plus von 2.220 oder 2,5 Prozent. Die Entwicklung fiel etwas schwächer als in Schleswig-Holstein (+2,7 Prozent) und etwas stärker als im Bundesgebiet (+2,0 Prozent) aus.

 

Bei der Zahl der geringfügig entlohnten Beschäftigten ist nach einem Rückgang im Jahr 2015 erneut ein Anstieg auf 19.569 (+348 oder 1,8 Prozent) zu beobachten, ebenso wie in Schleswig-Holstein (+1,3 Prozent) und im Bundesgebiet (+0,8 Prozent). Das spricht dafür, dass der gesetzliche Mindestlohn zu keinem dauerhaften Arbeitsplatzverlust geführt hat. Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht überschreitet.

Die Mehrfachbeschäftigungsquote beträgt 7,9 Prozent und liegt damit unter dem Landesdurchschnitt von 9,1 Prozent. Sie gibt an, wie hoch der Anteil der Mehrfachbeschäftigten an allen Beschäftigten ist. Die bedeutsamste Form der Mehrfachbeschäftigung ist die Kombination von sozialversicherungspflichtigem und geringfügigem Beschäftigungsverhältnis. In die Erwerbstätigenrechnung gehen allerdings alleine die ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten ein, weil die Nebenjobber schon mit ihrer Hauptbeschäftigung gezählt werden.

 

Der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beruht sowohl auf mehr Vollzeit- als auch auf mehr Teilzeitbeschäftigung. Mit der Umsetzung einer EU Richtlinie im Teilzeit- und Befristungsgesetz im Jahr 2001 wurden die Rechte der Arbeitnehmer zur Verringerung der Arbeitszeit gestärkt. In der Folge nahm die Zahl der Teilzeitbeschäftigten deutschlandweit – und auch in Lübeck – zu. Im Vergleich zum Vorjahr gab es eine Zunahme um 3,9 Prozent (Schleswig-Holstein +4,7 Prozent). Mit einem Anteil von 31,4 Prozent an allen Beschäftigten liegt der Teilzeitanteil über dem Landesdurchschnitt von 30,3 Prozent.

 

Insbesondere in den Wirtschaftszweigen Gesundheitswesen (+483), Arbeitnehmerüberlassung (+392), Gastgewerbe (+252) und verarbeitendes Gewerbe (+209) nahm die Zahl der Beschäftigten zu. Einen Rückgang verzeichneten die Wirtschaftszweige Handel (-80), Heime und Sozialwesen (-23) sowie Verkehr und Lagerei (-22).

 

Mit 76,7 Prozent der Beschäftigten ist der tertiäre oder Dienstleistungssektor stärker ausgeprägt als im Landes- (75,2 Prozent) und Bundesschnitt (70,6 Prozent). Da auch der Anteil des produzierenden Gewerbes (23,2 Prozent), in dem die Gehaltsstruktur meist besser ist, sowie der Anteil Hochqualifizierter (10,8 Prozent) vergleichsweise hoch sind, lag 2015 in Lübeck der Medianwert der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) mit 2.931 Euro über dem von Schleswig-Holstein (2.843). Er war allerdings niedriger als im Bundesgebiet (3.084 Euro).

 

Demografiebedingt ist die Zahl der älteren Arbeitnehmer zwischen 55 und 65 Jahren auf 15.484 (+6,6 Prozent) gestiegen. Besonders stark war der Anstieg mit 10,6 Prozent auf 842 Arbeitnehmer bei 65 Jahre und Älteren.

Vom Zuwachs der Beschäftigung haben Männer (+3,4 Prozent) und Ausländer (+19,9 Prozent) ebenfalls profitiert. 51,1 Prozent (47.309) aller Beschäftigten, die in Lübeck arbeiten, sind männlich und 7,4 Prozent (6.870) haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.

Aufgrund von Einpendlern ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer, die in der Hansestadt Lübeck wohnen, mit 6,7 Prozent (5.089) etwas niedriger. Er liegt über dem Anteil von 5,1 Prozent in Schleswig-Holstein und unter den 9,6 Prozent im Bundesgebiet. Die größte Gruppe stellen mit 24 Prozent Türken, gefolgt von Polen (15 Prozent) und Bulgaren (6 Prozent).

 
2. Arbeitskräftenachfrage

 

Die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften kann über die Zugänge der gemeldeten Arbeitsstellen abgebildet werden. Weil bei der Stellenbesetzung z.B. auch Stellenangebote in Zeitungen oder persönliche Kontakte genutzt werden, decken diese nur einen Teil der Nachfrage ab.

 

2016 wurden in der Hansestadt Lübeck 8.251 offene Stellen zur Besetzung gemeldet, das waren 7,4 Prozent weniger als 2015. Da im Kreis Ostholstein (+4,6 Prozent) die Anfrage anstieg, gab es im Gesamtbezirk der Arbeitsagentur Lübeck nur 2,9 Prozent weniger offene Stellen im Angebot. In Schleswig-Holstein nahm das Angebot um 7,7 Prozent und im Bundesgebiet um 6,7 Prozent zu.

 

Obwohl das Angebot von Zeitarbeitsunternehmen um 1.174 (-26,3 Prozent) auf 3.285 Stellen zurückging, blieb es die nachfragestärkste Branche. Weitere Schwerpunkte der Arbeitskräftenachfrage kamen aus den Wirtschaftszweigen Gesundheits- und Sozialwesen (918), Handel (870), Gastgewerbe (559) und verarbeitendes Gewerbe (463).

 

Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage verschiebt sich in einigen Berufen bereits zu Gunsten der Arbeitnehmer. In Berufen der Mechatronik, Energie und Elektronik standen in Lübeck zum Beispiel nur noch rechnerisch 0,5 Arbeitslose je gemeldeter Stelle zur Verfügung. In nicht medizinischen Gesundheitsberufen waren es rechnerisch 1,3 Arbeitslose. Auch in Metallberufen, Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik, Werbung oder Lebensmittelherstellung gibt es zunehmend weniger Bewerber pro Stelle. Entsprechend lang ist auch die Zeit von dem gewünschten Besetzungstermin bis zur tatsächlichen Besetzung der Stelle. Sie lag zum Beispiel in Berufen der Mechatronik, Energie und Elektronik bei 154 Tagen und in nicht medizinischen Gesundheitsberufen bei 130 Tagen.

 

3. Arbeitskräfteangebot

 

Im Gesamtbezirk der Agentur für Arbeit Lübeck waren im Jahresdurchschnitt 16.061 Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet, 1.022 oder 6,0 Prozent weniger als 2015.

 

In der Hansestadt Lübeck fiel der Rückgang der Arbeitslosigkeit mit 7,2 Prozent oder 780 Frauen und Männern auf 10.078 stärker als in Schleswig-Holstein (-2,9 Prozent) und im Bundesgebiet (-3,7 Prozent) aus. Die meisten Arbeitslosen waren im Januar (11.151) gemeldet, während der niedrigste Bestand im November (9.456) erreicht wurde.

 

Von den 10.078 Arbeitslosen wurden 2.125 (-165 oder 7,2 Prozent) von der Agentur für Arbeit und 7.953 (-616 oder 7,2 Prozent) vom Jobcenter Lübeck betreut.

 

Die Arbeitslosigkeit ist kein fester Block, vielmehr gibt es viel Bewegung. Im Laufe des Jahres 2016 haben sich im Gesamtbezirk in beiden Rechtskreisen 43.558 (‑0,5 Prozent zum Vorjahr) Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet und 44.788 (+2,3 Prozent) Frauen und Männer konnten die Arbeitslosigkeit wieder verlassen.

 

In der Hansestadt Lübeck meldeten sich 27.405 (+0,5 Prozent) Frauen und Männer arbeitslos; 8.866 (-0,8 Prozent) davon in der Arbeitsagentur und 18.539 (+1,1 Prozent) im Jobcenter. Die Arbeitslosigkeit wieder verlassen konnten 28.360 (+4,2 Prozent) Arbeitnehmer; 8.276 (-1,8 Prozent) davon wurden von der Arbeitsagentur und 20.084 (+6,8 Prozent) vom Jobcenter betreut.

Dabei ist die Zahl der Meldungen aus einer Erwerbstätigkeit in der Arbeitsagentur um 286 oder 5,1 Prozent auf 5.282 Arbeitnehmer und im Jobcenter Lübeck um 471 oder 11,3 Prozent auf 3.714 zurückgegangen. In eine Erwerbstätigkeit einmünden konnten 4.188 der von der Arbeitsagentur betreuten Arbeitnehmer, 214 oder 4,9 Prozent weniger als 2015. Im Jobcenter waren es 4.287 (-220 oder 4,9 Prozent).

Rund 58 Prozent der Abgänge aus Arbeitslosigkeit sind in Lübeck und Ostholstein jedoch auch noch sechs und 12 Monaten später sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

 

Bei weiteren 1.177 Arbeitnehmern, die sich arbeitsuchend gemeldet haben, wurde die Arbeitslosigkeit verhindert. Sie konnten bereits während der Job-to-Job-Phase integriert werden.

 

Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug in der Hansestadt Lübeck im Jahresdurchschnitt 9,1 Prozent. Damit blieb sie erneut über den Quoten von Schleswig-Holstein (6,3 Prozent) und vom Bundesgebiet (6,1 Prozent). Die Arbeitslosenquote bewegte sich zwischen dem höchsten Wert im Januar von 10,1 Prozent und dem niedrigsten im Oktober und November von 8,5 Prozent.

 

Bezirk

Bestand an Arbeitslosen

% – Veränd. zum Vorjahr

Arbeitslosenquote

auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen

SGB III-

Anteil

SGB II-

Anteil

Schleswig-Holstein

94.977

-2,9

6,3

30,8

69,2

Gesamtbezirk

16.061

-6,0

7,5

27,0

73,0

Hansestadt Lübeck

10.078

-7,2

9,1

21,1

78,9

Ostholstein

5.983

-3,9

5,8

36,9

63,1

Bezirk Eutin

1.834

-1,8

7,6

25,6

74,4

Bezirk Neustadt

900

-9,5

5,6

47,2

52,8

Bezirk Oldenburg

1.586

-4,0

6,3

37,0

63,0

Bezirk Timmendorfer Strand

748

-2,0

4,8

45,0

55,0

 

Die Jahresarbeitslosenquote der von der Arbeitsagentur betreuten Arbeitnehmer ging um 0,2 Prozentpunkte auf 1,9 Prozent zurück. Im Jahresverlauf bewegte sie sich zwischen 2,2 und 1,7 Prozent.

Die Quote der Kunden des Jobcenter Lübeck ging um 0,6 Prozentpunkte auf 7,2 Prozent zurück. Hier bewegte sie sich zwischen 7,9 und 6,8 Prozent.

Beide Arbeitslosenquoten sind seit 2005 stärker zurückgegangen als in Schleswig-Holstein und im Bundesgebiet.

 

4. Arbeitslosigkeit einzelner Personengruppen

 
Im Jahresdurchschnitt ging die Zahl der Frauen (-7,3 Prozent) stärker zurück als die der Männer (-7,1 Prozent). Damit fiel der Anteil der Frauen an allen Arbeitslosen auf 43,3 Prozent. Insgesamt waren 4.366 Frauen (942 SGB III, 3.424 SGB II) und 5.712 Männer (1.183 SGB III, 4.529 SGB II) im Jahresdurchschnitt arbeitslos.

 

Jüngeren unter 25 Jahren konnten am stärksten vom Rückgang der Arbeitslosigkeit profitieren. Bei jungen Menschen, die von der Arbeitsagentur betreut werden, gab es einen Rückgang um 16,2 Prozent und beim Jobcenter um 13,0 Prozent. Im Jahresdurchschnitt waren 838 Jüngere (249 SGB III, 589 SGB II) arbeitslos gemeldet. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen lag bei 8,3 Prozent. In Schleswig-Holstein betrug der Anteil 10,3 Prozent.

 

Auch Ältere konnten besser auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen. Insgesamt waren 3.028 (759 SGB III, 2.269 SGB II) der Arbeitslosen älter als 50 Jahre, 4,7 Prozent weniger als 2015. Bei der Arbeitsagentur gab es einen Rückgang um 2,6 Prozent und beim Jobcenter um 5,4 Prozent. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen lag bei 30,0 Prozent und war damit niedriger als in Schleswig-Holstein mit 32,8 Prozent.

 

Einen Rückgang gab es auch bei Langzeitarbeitslosen. Insgesamt waren 3.880 Arbeitnehmer ein Jahr und länger arbeitslos (-6,9 Prozent). Ihr Anteil an allen Arbeitslosen lag bei 38,5 Prozent. Er blieb damit etwas höher als in Schleswig-Holstein (36,8 Prozent). Bei der Arbeitsagentur waren 9,3 Prozent aller Arbeitslosen Langzeitarbeitslose (197) und beim Jobcenter 46,3 Prozent (3.682).

 

Obwohl die Zahl der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung im Jobcenter Lübeck auf 4.965 (-329 oder 6,2 Prozent) zurückging, bleibt ihr Anteil an allen Arbeitslosen mit 62,4 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in der Arbeitsagentur. Mit 494 (-55 oder 10,0 Prozent) Arbeitnehmern sind hier 23,3 Prozent der Arbeitslosen ohne berufliche Qualifikation.

 

Einen leichten Anstieg verzeichneten dagegen Arbeitslose mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Im Jahresdurchschnitt waren 1.801 Ausländer arbeitslos gemeldet, 4 oder 0,2 Prozent mehr als 2015. Der Anstieg fiel geringer als im Landesschnitt aus (+17,3 Prozent). 13,3 Prozent (239; +23 oder 10,5 Prozent) der ausländischen Arbeitslosen wurden von der Arbeitsagentur und 86,7 Prozent (1.562; -19 oder 1,2 Prozent) vom Jobcenter betreut. Die größte Gruppe stellen mit 24 Prozent Türken, gefolgt von syrischen Staatsangehörigen mit 14 Prozent. Unter den Arbeitslosen sind auch Personen enthalten, die schon lange in Deutschland leben. Der Anteil der Arbeitslosen im Kontext von Fluchtmigration liegt insgesamt bei rund 25 Prozent und bei nichteuropäischen Asylherkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien) bei 80 Prozent.

 

5. Unterbeschäftigung

 

Neben dem gesetzlich definierten Kreis der Arbeitslosen gibt es weitere Menschen, die ohne Beschäftigung sind. Sie werden in der Unterbeschäftigung erfasst und monatlich veröffentlicht, um den Arbeitsmarkt transparent zu machen. Die Unterbeschäftigung stellt damit das Defizit an regulärer Beschäftigung dar. Hier werden neben den Arbeitslosen beispielsweise Personen in Qualifizierungsmaßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten, Krankgeschriebene, geförderte Existenzgründer oder Arbeitsuchende mit Vorruhestandsregelungen ausgewiesen.

 

In Lübeck betrug 2016 die Unterbeschäftigung im Jahresdurchschnitt 14.310 Personen. Die Zahl ging in den letzten zwölf Monaten um 630 Personen (-4,2 Prozent) zurück. Die Unterbeschäftigungsquote lag mit 12,5 Prozent (-0,7 Prozentpunkte zum Vorjahr) über der von Schleswig-Holstein mit 8,2 Prozent. 4.232 Personen befanden sich im Jahresdurchschnitt in Entlastungsmaßnahmen.

 

6. Ausgaben und Planungen für den Bezirk der Arbeitsagentur Lübeck

 

Die Agentur für Arbeit Lübeck hat 2016 in der Hansestadt Lübeck und im Kreis Ostholstein 143,8 Millionen Euro ausgegeben; 13,3 Millionen oder 10,1 Prozent mehr als 2015.

 

54,5 Prozent der Haushaltsmittel wurden unter anderem für die Lohnersatzleistungen Arbeitslosengeld I (78,3 Millionen Euro; +19,7 Prozent) und Insolvenzgeld (3,5 Millionen Euro; -19,1 Prozent) gezahlt. Der Anstieg beim Arbeitslosengeld betraf die Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge und ist auf eine technische Umstellung zurückzuführen. Seit 2016 können die gezahlten Beiträge den Arbeitsagenturen direkt zugeordnet werden. Vorher wurden sie nur in den Ausgaben der Bundesagentur insgesamt ausgewiesen. Im Jahresdurchschnitt gab es 4.605 Arbeitslosengeld I-Bezieher, die monatlich durchschnittlich 826 Euro erhielten und für die 592 Euro Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden.

 

Rund ein Viertel der Haushaltsmittel (35,1 Millionen Euro; +3,4 Prozent) wurde für Leistungen der aktiven Arbeitsförderung gewährt. 39 Prozent davon für die Teilhabe behinderter Menschen, 30 Prozent für Weiterbildung und Qualifizierung sowie 15 Prozent für die Förderung Jugendlicher.

1.216 Jugendliche wurden von der Agentur für Arbeit und 138 vom Jobcenter Lübeck und Jobcenter Ostholstein zum Beispiel durch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, ausbildungsbegleitende Hilfen oder Einstiegsqualifizierungen gefördert. Durch das 2015 eigeführte Instrument der „Assistierten Ausbildung“ wurden 60 jungen Menschen unterstützt. Dieses kostenfreie Angebot an zusätzlichem Unterricht und sozialpädagogischer Begleitung hilft dabei, den Abschluss erfolgreich zu erreichen.

 

Die Integration von Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt wird 2017 durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen weiter unterstützt. Für Weiterbildung, Eingliederungszuschüsse, Aktivierung und berufliche Eingliederung, Förderung der Selbständigkeit oder spezielle Maßnahmen für Jugendliche wurden insgesamt 16,2 Millionen Euro veranschlagt.

 

7. Ausgaben und Planungen des Jobcenters Lübeck

 

„Auch 2016 ist es dem Jobcenter Lübeck gelungen, fast 5000mal Kundinnen und Kunden in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren: 4.941 Integrationen bedeuten gegenüber dem erfolgreichen Jahr 2015 noch einmal eine leichte Steigerung. Unsere persönlichen Ansprechpartner haben gute Arbeit geleistet und ihre hohe Beratungskompetenz effektiv eingesetzt, um ihren Kundinnen und Kunden weiterzuhelfen“, resümiert Joachim Tag, Geschäftsführer des Jobcenters Lübeck.

 

„Im zurückliegenden Jahr hat die arbeitsmarktpolitische Förderung wieder Priorität gehabt. Besonders freuen wir uns, wenn wir in passgenaue Qualifizierungen investieren konnten, die möglichst zu einem anerkannten Abschluss geführt haben. Den damit verbundenen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs darf man nicht unterschätzen. Diese Strategie werden wir 2017 fortsetzen. Insgesamt konnten wir 19,1 Millionen Euro einsetzen“, erläutert Tag weiter.

Besonders im Pflegebereich, aber auch in den Bereichen Lager, Logistik und anderen Dienstleistungsbranchen haben viele Jobcenterkunden eine neue Aufgabe gefunden.

 

Die Zahl der Leistungsempfänger ist im September 2016 (gegenüber dem Vorjahresmonat) wieder rückläufig (von 27.737 auf 27.334). Auch die Bedarfsgemeinschaften haben abgenommen (von 15.445 auf 15.115).

 

Trotz der Abnahme des Kundebestandes insgesamt, ist weiterhin ein Zustrom von geflüchteten Menschen zu verzeichnen. Insgesamt werden 5.600 Kunden (September 2016) ausländischer Herkunft im Jobcenter Lübeck betreut, von denen 1.921 aus nichteuropäischen Herkunftsländern stammen. Davon sind allein 968 Kunden aus der Arabische Republik Syrien. „Wir haben bereits 2015 begonnen, die infrastrukturellen und personellen Voraussetzungen zu schaffen, um auch auf einen noch größeren Zustrom von Schutzsuchenden vorbereitet zu sein. Dazu gehört auch, dass wir entsprechende Sprachkenntnisse in unserer Anlaufstelle vorhalten und ein qualifiziertes Angebot an Kursen mit berufsbezogener Sprachförderung haben. Darüber hinaus bieten wir den geflüchteten Menschen Maßnahmen zur beruflichen Orientierung und Aktivierung an. Die Jüngeren wollen wir nach Möglichkeit auf eine Ausbildung vorbereiten“, erläutert Tag weiter.

 

Ein Schwerpunkt der Jobcenterarbeit war 2016 die Förderung und Unterstützung von Langzeitarbeitslosen. Dieser Personenkreis wurde durch aufeinander abgestufte zum Teil niedrigschwellige Angebote gefördert, aber auch durch Lohnkostenzuschüsse und öffentlich geförderte Beschäftigung konnte Gutes bewirkt werden. Mit dem ESF-Projekt zur Förderung von Langzeitarbeitslosen konnten mit Hilfe von Betriebsakquisiteuren und Coaches flankiert von Lohnkostenzuschüssen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsangebote initiiert werden. Auch 2017 wird es darum gehen, die zahlreichen von den Betriebsakquisiteuren angebahnten Kontakte zwischen Langzeitarbeitslosen und Lübecker Unternehmen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umzuwandeln.

 

2016 ist das Programm „Netzwerke ABCplus“ erfolgreich gestartet. „Durch Nutzung unserer im Laufe der Jahre aufgebauten Netzwerkkontakte konnten wir auch viele Kundinnen und Kunden mit Vermittlungshemmnissen voran bringen und in 258 Fällen zu einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verhelfen. 2016 haben wir daher zusammen mit den Netzwerkpartnern nicht nur ein Unternehmen mit Weitblick ausgezeichnet, das durch vorausschauende Beschäftigungspolitik Demographie sensibel handelt und ein gutes Beispiel für die Region sein kann, sondern auch einen „Chancengeber“, der mit seinen Einstellungen ein Herz für marktfernere Kundinnen und Kunden bewiesen hat“, fasst Joachim Tag zusammen.

 

Ebenso wie im Vorjahr hat das Jobcenter Lübeck insgesamt 166 Millionen Euro für passive Leistungen ausgegeben. 69,2 Millionen Euro (+0,7 Prozent) wurden für Leistungen zum Lebensunterhalt gezahlt, 66,2 Millionen Euro davon für Arbeitslosgengeld II und 3,0 Millionen Euro für Sozialversicherungsbeiträge. 70 Millionen Euro (-0,6 Prozent) wurden für Kosten der Unterkunft und Heizung sowie 893.000 Euro (+5,4 Prozent) für sonstige Leistungen ausgegeben. Für aktive Arbeitsmarktleistungen konnten 19,1 Millionen Euro (‑6,4 Prozent) eingesetzt werden.

 

Nur zwei von fünf Arbeitslosengeld II- Bezieherinnen und Beziehern sind arbeitslos. Der überwiegende Teil der nicht arbeitslosen Leistungsempfängern befindet sich in einer ungeförderten (27 Prozent) oder geförderten (6 Prozent) Erwerbstätigkeit sowie im Studium oder Schulbesuch (14 Prozent). Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II werden auch bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen (13 Prozent), vorruhestandsähnlichen Regelungen (10 Prozent) oder bei Kindererziehung/ Pflege von Angehörigen (11 Prozent) gewährt.

 

2017 stehen 19,4 Millionen Euro für Eingliederungsleistungen wie berufliche Weiterbildung (24 Prozent des Budgets), Aktivierung und berufliche Eingliederung (30 Prozent), Maßnahmen für Jugendliche (7 Prozent), Einstiegsgeld (3 Prozent), Eingliederungszuschüsse (5 Prozent) oder Arbeitsgelegenheiten (17 Prozent) zur Verfügung.

 

8. Handlungsbedarf 2017

 

„Manchmal sind es veraltete SAP-Kenntnisse oder eine fehlende Ausbildung, manchmal sind es gesundheitliche Gründe oder Einschränkungen in der Arbeitszeit: Die Gründe, die zur Arbeitslosigkeit führen oder hindern, diese zu beenden, sind vielfältig. Prävention ist ein wirksamer Schlüssel, um Langzeitarbeitslosigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen. Manchmal bedarf es stufenweiser Maßnahmen bis der gewünschte Erfolg eintritt. Mit Bildung und Qualifizierung können wir Menschen auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereiten. Doch wir brauchen auch Unternehmen, die bereit sind diesen Menschen – ebenso wie Jugendlichen mit Startschwierigkeiten – eine Chance zu geben“, erläutert Agenturchef Dusch.

„Unsere Arbeitswelt und die Anforderungen der Betriebe verändern sich immer schneller. Durch die Digitalisierung werden Veränderungen beschleunigt. Es wird noch wichtiger, das Wissen und Können der Arbeitskräfte aller Qualifikationsniveaus auf dem neusten technologischen Stand zu halten. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels werden alle Arbeitskräfte benötigt und erfordern eine strategische Personalplanung, um frühzeitig zu wissen, wo Arbeitsplätze wegfallen und wo durch Qualifizierung Menschen in Arbeit gehalten werden können. Wichtig ist aber ebenso die Bereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum lebenslangen Lernen“, so Dusch.

„Auch die Integration von geflüchteten Menschen wird auf absehbare Zeit eine Herausforderung bleiben. Zwei Drittel der geflüchteten Menschen sind jünger als 30 Jahre. Da sind die Bildungskarrieren noch lange nicht zu Ende. Wenn wir es gemeinsam schaffen, ihnen Wege in Ausbildung und Arbeitsmarkt zu erschließen, bietet die Zuwanderung große Chancen für unsere Region. Gerne steht der Arbeitgeber-Service Unternehmen als Partner rund um alle Fragen zur Nachwuchs- und Personalgewinnung sowie Qualifizierung der einheimischen und ausländischen Arbeitnehmer zur Seite“, bietet Dusch an.