Petra Nicolaisen: Sonderregelung für Boostedt und Seeth sinnvoller als allgemeine Sperrklauseln
Petra Nicolaisen: Sonderregelung für Boostedt und Seeth sinnvoller als allgemeine Sperrklauseln – Am 04.01.2016 habe ich eine Kleine Anfrage – Drucksache 18/3672 – gestellt. Darin ging es um die Auswirkungen von Erstaufnahmeeinrichtungen und Landesunterkünften auf die Kommunen. Dabei stellt sich zunächst die Frage, in welchen Gemeinden bzw. Kreisen, kreisfreien Städten, das Land und aktuell Erstaufnahmeeinrichtungen/Landesunterkünfte betroffen sind.
Die Antworten nennen u.a. die Gemeinden Seeth und Boostedt. In der zweiten Frage wird nach den Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften aufgrund der Erstaufnahmeeinrichtungen auf die Berechnung der Einwohnerzahl gefragt.
Die Antwort: Die ankommenden Flüchtlinge werden bei ihrer Registrierung melderechtlich am Ort der jeweiligen Erstaufnahmeeinrichtung/Landesunterkunft als Einwohner erfasst. Das ist unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status und von der Art der Unterkunft. Alle von den Meldebehörden erfassten Meldedaten über Zuzüge und Fortzüge bilden die Grundlage für die Wanderungsstatistik. Sie werden vom Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein im Rahmen der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung auf der Basis der Zahlen des Zensus 2011 verarbeitet. Die monatlichen Ergebnisse fließen in die Ermittlung der Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinde ein. Bei der Bevölkerungsstatistik wird ausschließlich die Gesamtheit der Bevölkerung einer Kommune betrachtet und verwendet. Der jeweilige maßgebliche statistische Bericht über die Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung trifft keine Aussage dazu, ob und ggf. welcher Anteil der dort ausgewiesenen Bevölkerung in Erstaufnahmeeinrichtungen und Landesunterkünften lebt.
In Frage 3c wird nach den konkreten Auswirkungen für die Zahl der zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter nach §8 Gemeinde- und Kreiswahlgesetz gefragt. In der Antwort wird auf die Zahlen des Statistischen Amtes nach dem Stand vom 31.12.2015 verwiesen. In die Bevölkerungszahl sind die jeweiligen Flüchtlinge einbezogen.
Die Politik hat bereits nach Beantwortung der Kleinen Anfrage Alarm geschlagen. Für die Gemeinde Seeth heißt das konkret, dass die Einwohnerzahl von 574 (2014) auf 1417 (2015) gewachsen ist. Folge: Das nordfriesische Dorf muss die Anzahl der Gemeindevertreter gleich um zwei Einstufungen anpassen, von 9 auf 13 Gemeindevertreter(innen). Sollte Seeth mangels ehrenamtlicher Kandidaten zu wenig Gemeindevertreter stellen, dann droht die Zwangsverpflichtung. Zitat des Bürgermeisters „Wie kann man mit Menschen Politik machen, die nicht freiwillig mitmachen?“
In Boostedt schnellte die Einwohnerzahl auf 5.326, dort muss die Gemeindevertretung von 17 auf 19 Personen erweitert werden. Der Leitende Verwaltungsbeamte Sven Plucas bewertete die Situation damals bereits kritisch. „Das ist einer Momentaufnahme geschuldet, bildet aber nicht die tatsächliche Gegebenheit ab.“
Die Zeit drängt. Die Parteien und Wählergemeinschaften sind bereits dabei, ihre Gemeindevertreter(innen) aufzustellen. Das Problem hätte bereits von Seiten der alten Landeregierung angegangen werden können. Dies ist nicht passiert. Daher gibt es jetzt von uns den Entwurf eines Gesetzes zu Durchführung der Gemeindewahlen in Gemeinden mit Erstaufnahmeeinrichtungen. Der Vorschlag der SPD, den §61a als Sondervorschrift wieder ins Gemeinde- und Kreiswahlgesetz aufzunehmen, ist weder notwendig noch zielführend: Dieser Paragraph müsste nach der Kommunalwahl dann nämlich wieder gestrichen werden. So kann sich das Parlament auch mit sich selbst beschäftigen!
Liebe SPD-Fraktion, ich mache keinen Hehl daraus, dass ich mit ihrem Artikel 2 im Gesetz zur Einführung einer Sperrklausel durchaus sympathisiere. Im Landtagswahlkampf hat die CDU-Landtagsfraktion für die Einführung der 4%-Sperrklausel geworben. Die Handlungsfähigkeit der gewählten Vertretungskörperschaften auf kommunaler Ebene muss wiederhergestellt werden. Wir brauchen arbeitsfähige Kommunalvertretungen und Kreistage. Das habe ich bereits mehrfach im Plenum betont. Ob eine Sperrklausel von 2,5% in allen kommunalen Gremien ausreichend ist, um die Funktionsfähigkeit der kommunalen Gremien zu stärken, stelle ich aber in Frage.
Es ist Ihr gutes Recht als Opposition, den Finger in die Wunde zu legen. Sie haben die Sperrklausel zu Ihrer Regierungszeit ebenfalls nicht umsetzen können. So wie Sie sich damals an ihren Koalitionsvertrag gehalten haben, werden wir es jetzt auch tun.
Ich bitte um Überweisung der Gesetzesinitiativen in den Innen- und Rechtsausschuss. Dieser wird sich aufgrund der Dringlichkeit bereits morgen in der Mittagspause mit den Bürgermeistern der beiden Gemeinden und den kommunalen Spitzenverbänden über das weitere Verfahren austauschen.
Ich halte es für dringend erforderlich, dass die Sonderregelung für Boostedt und Seeth noch in dieser Landtagssitzung auf den Weg gebracht wird. Die erforderliche Rechtssicherheit sind wir den betroffenen Gemeinden schuldig. Dafür scheint unsere Gesetzesinitiative praktischer, da sie ausschließlich die Durchführung dieser Initiative zum Vorschlag hat. Die von Ihnen geforderte Einführung einer Sperrklausel und damit einhergehenden Verfassungsänderung bedarf eines längeren Verfahrens. Ich bitte um Überweisung in den Innen- und Rechtsausschuss.