Brunei: Christen unter der Scharia richten sich neu aus
Brunei: Christen unter der Scharia richten sich neu aus. Christliche Aktivitäten nur hinter Kirchenmauern – Allein der Islam darf verbreitet werden. (Open Doors, Kelkheim) – Seit dem 3. April 2019 gilt im Sultanat Brunei die Scharia vollumfänglich als Rechtssystem. Das Strafrecht war bereits seit Mai 2014 schrittweise an die Scharia angepasst worden (Open Doors berichtete). Jetzt ist die Scharia Grundlage der Rechtsprechung für alle Bewohner von Brunei (mit Ausnahme der königlichen Familie): Muslime wie Nicht-Muslime, Gastarbeiter eingeschlossen. Offiziell befindet sich das Land seit 1962 im Ausnahmezustand, dem Jahr der Revolte gegen das britische Protektorat. Damit liegt alle Macht in den Händen des Sultans.
Beispiele für Auswirkungen im Bereich Religion und speziell für Christen
Etwa 57% der Bevölkerung sind Muslime. Von den 430.000 in Brunei lebenden Menschen bekennen sich etwa 57.400 zum christlichen Glauben. Sie sehen mit der neuen Gesetzgebung ihre Religionsfreiheit in Gefahr. Im Land sind drei römisch-katholische und zwei anglikanische Kirchen offiziell anerkannt. Andere protestantische Gemeinden haben es sehr schwer, eine Registrierung zu erlangen. Bei Genehmigungen für die Erweiterung bestehender Gebäude haben selbst anerkannte Kirchen größte Schwierigkeiten, von Gemeindegründungen ganz abgesehen. Es ist generell streng verboten, eine andere Religion als den Islam zu verbreiten. Christen dürfen nur innerhalb ihrer Kirchen im Glauben unterwiesen werden.
Bild: Christen treffen sich in der Hauptstadt von Brunei, Bandar Seri Begawan, zum Gebet
Wendet sich ein Muslim vom Islam ab, gilt er als Abtrünniger. Bezeichnet er sich selbst oder eine andere Person als Gott, Prophet oder einen Gesandten Gottes, so muss er auf die glaubwürdige Aussage von zwei Zeugen hin getötet werden. Sind keine Zeugen da, so genügen auch andere Beweise für sein ‚Verbrechen‘, um ein Urteil von bis zu 30 Jahren Haft zu verhängen. Sollte der Beschuldigte seinen Glaubenswechsel bereuen und widerrufen, wird die Anklage fallen gelassen. Todesurteile wegen Abfall vom Islam wurden jedoch seit vielen Jahren nicht mehr vollstreckt. Homosexuellen droht durch die neue Gesetzgebung die Todesstrafe durch Steinigung.
Stimmen von Pastoren
In einer ersten Reaktion äußern sich christliche Leiter unterschiedlich. Die einen wollen sich die Weitergabe ihres Glaubens nicht verbieten lassen, selbst wenn sie dafür einen hohen Preis zahlen müssen. Andere plädieren für den Rückzug hinter die Kirchenmauern. Eine Kontaktperson von Open Doors berichtet: „Viele Christen fordern ihre Kinder auf, sich im Ausland eine Zukunft aufzubauen. Brunei könnte zu einem Zentrum des Islamismus für Südostasien werden, wie das neue islamische Studienzentrum in Temburong befürchten lässt. Die neue Gesetzgebung kann dazu führen, dass alle Bewohner Bruneis sich dem Islam zuwenden müssen. Eine Lokalzeitung zitierte einen Regierungsverantwortlichen mit den Worten: ‚Die Bibel und derlei Material kommen nicht ins Land.“
Pastoren, die sich gegenüber Open Doors zu dem Thema äußerten, wollen unerkannt bleiben. Einer sagte: „Die christlichen Nationen sind sehr besorgt um die Rechte der LGBT-Community und sprechen darüber mit der Regierung von Brunei. Aber niemand tritt ein für die Christen wegen des Verbots der Verbreitung des Evangeliums unter der Scharia.“ Und: „Wenn die Kirchengemeinden das Evangelium nicht mehr verbreiten dürfen, werden sie absterben.“ Ein anderer dazu: „Wir dürfen nicht aufhören, unseren Nachbarn das Evangelium zu bringen.“
Nicht registrierte Kirchen werden geduldet, solange sich die Nachbarn nicht über sie beschweren. Anhand der neuen Rechtslage kann jedes Glaubensgespräch als Beleidigung des Propheten Mohammed ausgelegt werden, was zu Haft und Verurteilung führt. Open Doors ruft deshalb zum Gebet für die Christen in Brunei auf.
Ein ausführlicher Bericht zur Einführung der Scharia in Brunei ist als Podcast (5 Min.) abzurufen. (Hinweis: Mit einem Klick auf das Bild öffnet sich der Podcast in unserer Mediathek)
Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors rangiert Brunei aktuell an 36. Stelle unter den Ländern, in denen Christen wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
Hinweis: Open Doors Tag und Jugendtag sowie Lobpreis- und Gebetsabend in Karlsruhe
Vom 30. Mai bis 1. Juni 2019 werden Sprecher aus der verfolgten Kirche darüber berichten, wie Jesus inmitten von Verfolgung in ihren Ländern Gemeinde baut. Alle Informationen dazu finden Sie auf unserer Website: www.opendoors.de/odtage
Über Open DoorsOpen Doors ist als überkonfessionelles christliches Hilfswerk seit über 60 Jahren in mittlerweile rund 60 Ländern im Einsatz für verfolgte Christen. Jährlich veröffentlicht Open Doors den Weltverfolgungsindex, eine Rangliste von Ländern, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Derzeit leiden mehr als 200 Millionen Christen unter einem hohen Maß an Verfolgung. Projekte von Open Doors umfassen Hilfe zur Selbsthilfe, Ausbildung von christlichen Leitern, Engagement für Gefangene, Nothilfe und Trauma-Arbeit, die Bereitstellung von Bibeln und christlicher Literatur sowie die Unterstützung von Familien ermordeter Christen. Mit einer breiten Öffentlichkeitsarbeit informiert das Werk in Publikationen und mit Vorträgen über Christenverfolgung und ruft zu Gebet und Hilfe für verfolgte Christen auf.
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