Samtener Gang übers Wasser

Immer auch am Nektar des Melodischen süffelnd: Susan Weinert. Foto BevisKiel – Man kann das so oder so hören: Susan Weinert und Duo-Partner Martin Weinert lassen ihre Instrumente sanglich aufspielen oder Gast-Sänger Francesco Cottone singt, scattet und beatboxt seine Stimme instrumentell. Wie dem sei, im auch auf den Stehplätzen gut gefüllten Luna gewährt ein organisch zusammenwirkendes Trio Einblick – nicht nur in das neue Album Dancing On The Water, auch in eine neue Art, Stimme und Instrumente zu verschmelzen.
Ein dreifach hochsensibles Saitenspiel, wenn wir auch Cottones Stimmbänder mal als Saiten betrachten. Wofür es manchen Anlass gibt. Denn die samthauchige Stimme mit ihrer instrumentell agierenden Virtuosität im Scat-Gesang verfügt über eine so klangfarbige Vielfalt der Register, dass man meint, hier würden jeweils ganz unterschiedliche Saiten angeschlagen. Das hat zuweilen etwas raubkatzig Anschleichendes, dann aber auch wieder den Schmelz säuselnder Lyrik selbst im Sauseschritt der Registersprünge. So ist Francesco Cottone der perfekte „Dritte Mann“ im Bunde des new-jazzenden Ehepaars.
Am Titelstück der neuen CD Dancing On The Water wird das am deutlichsten. Elfenhaft schmetterlingsbeflügelt gibt sich Susan Weinerts Gitarre im Intro, quasi die Einsinge-Übung. Dann kommen Fragmente rhythmischer Phrasen hinzu, immer am Nektar des Melodischen süffelnd, die sich zu energischen Skalen verdichten. Mit verhaltenem Soul-Druck in der Stimme liefert Cottone dazu die Lyrics: „I’m walking up and down“, was man wörtlich nehmen darf – und als eben jenen Gang übers Wasser, für den man sich sonst Glaubensgemeinschaften anschließen müsste, hier geht er wie von selbst dem Flüssigen auf den Grund.
Nicht minder traumwandlerisch über unerforschten Tiefen bewegt sich Martin Weinerts Bass in Iceland. Sonst der stoisch loopende Rhythmiker des Trios, das sichere Fundament für Höhengeflügeltes, greift er hier zum Bogen und entlockt dem Bass Sphären-Klänge nah am Gesang der menschlichen Stimme. Dem Cello sagt man derlei Qualitäten sonst nach, auf dem Bass wirkt das meistens etwas gekünstelt, nicht so, wenn Martin Weinert zum Solo ausholt. Hall- und Echo-Generatoren unterstützen den wahrlich psychedelischen Sound, doch allenfalls als die Saitenkunst unterstreichende Hilfsmittel. So „ambient“ klingt sonst nur Elektronik, Weinert & Weinert gelingt das akustisch.
Eine Journey To Inside, nicht nur ins Innere der besungenen Seelenzustände; sondern auch dessen, was Instrumente, gleich ob darauf Metall- oder Saiten aus organischem Material gespannt sind, dort verbergen, wohin noch selten sie jemand entführt hat. Immer wieder ist das wie Singen, die ureigene Stimme durch die Prothese des Instruments klingen zu lassen. Samtig die Seele streichelnd oder funky gescattet – ein schwebender Gang übers Wasser. Von Jörg Meyer.










