Freie Rede: Regime hebeln offenes Internet aus – Web kann Weg zu mehr Meinungsfreiheit nicht ebnen
Wien (Nutzung eingeschränkt: Zensur nimmt zu (Foto: flickr.com, Sami Ben Gharbia) – Skandale um Medien- und Meinungsfreiheit sollten seit Internet und Web 2.0 eigentlich der Vergangenheit angehören. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International http://www.amnesty.at aufzeigt. Zwar leistet das weltweite Netzwerk in seiner offenen Natur zweifelsfrei einen bedeutenden Beitrag zur Durchsetzung der freien Rede. Gerade Regime in totalitären Systemen verstehen es jedoch nur allzu gut, das Internet und seine Nutzer daran zu hindern, die Möglichkeiten für mehr Medienfreiheit vollumfänglich auszuschöpfen.„Manipulationsinstrument und Propagandamaschine“
„Das Internet ist ein sehr leistungsfähiges Werkzeug, das sich in alle Richtungen bewegen lässt“, sagt Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty Österreich, im Gespräch mit pressetext. „So stellt es aber auch ein äußerst effizientes Manipulationsinstrument und eine hoch wirksame Propagandamaschine dar.“ Es sei davor gewarnt, das Web ausschließlich zu verherrlichen. Gleichzeitig muss es im Sinne der Menschenrechte aber auch frei und offen zugänglich sein.Trotz der globalen Vernetzung und entgegen ihrer Aufgabe, für eine freiere Rede zu sorgen, hat sich die Lage in Sachen Rede-, Presse- und Meinungsfreiheit in den vergangenen Jahren verschlechtert. „China hat seine Zensurmaschinerie perfektioniert und die Entwicklung in Ungarn zeigt einen ganz klaren und massiven Rückschritt“, nennt Patzelt nur zwei Beispiele. Von diversen Diktaturen in aller Welt abgesehen verschlechtert sich die Situation damit auch in Europa. Die Reporter ohne Grenzen identifizieren gleich „38 größte Feinde der Pressefreiheit“ (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20110503002 ).
Unterdrückung statt Freiheit und Demokratisierung
Den technologischen Fortschritt im Web zugunsten der Medienfreiheit haben auch ihre Gegner mitgemacht. „Die technischen Mittel für Zensur und zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit wurden verfeinert“, so Patzelt gegenüber pressetext. Insbesondere in der Volksrepublik ist dem Amnesty-Generalsekretär zufolge zu beobachten, „wie eine regelrechte Unterdrückungsindustrie fieberhaft versucht, das Internet nicht zum Vehikel für Freiheit und Demokratisierung werden zu lassen, sondern zum Instrument der Unterdrückung zu machen“.
In Reaktion auf die sich mehrenden Aufrufe zu einer chinesischen Revolution nach tunesischem Vorbild, wurde die Online-Zensur in China noch weiter verschärft. Der durch die neuen Kommunikationstechnologien ermöglichte und beschleunigte Wandel steht laut Amnesty zudem in Ländern wie Ägypten oder Tunesien weiterhin „auf Messers Schneide“, wo bereits ein Sturz alter Regime gelungen ist. Um ihn fortführen zu können, nimmt Amnesty auch die europäischen Staaten in die Pflicht. Allein im vergangenen Jahr hat die Organisation in 89 Staaten Fälle dokumentiert, wo das Recht auf freie Meinungsäußerung menschenrechtswidrig eingeschränkt wurde.