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Politik & Wirtschaft

Teilzeit-Berufsausbildung ist keine halbe Sache

Zippendorfer Landbrot Inh. Bernd Sachau bietet Nadine Vedder

Berufsperspektive

Eine betriebliche Ausbildung in Teilzeit mit Kind? Für viele Ausbildungsbetriebe passt das zunächst nicht zusammen. „Doch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und dem steigenden Fachkräftebedarf sollte moderne Personalpolitik alle Möglichkeiten ausschöpfen. Eine Ausbildung ist und bleibt die Eintrittskarte in eine berufliche Zukunft und sichert Unternehmen motivierte und qualifizierte Arbeitskräfte“, erklärt Wolfgang Werner, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck.
Die 23-jährige Nadine Vedder erhält bei Zippendorfer Landbrot Inh. Bernd Sachau nach ihrer Elternzeit diese Chance. In einem Praktikum konnte sie den Betrieb von ihrer Eignung sowie Motivation überzeugen und startet im August mit einer
Teilzeitausbildung zur Fachverkäuferin – Lebensmittelhandwerk (Bäckerei). „Wir haben bereits vor einigen Jahren eine Teilzeitausbildung durchgeführt und gute Erfahrungen damit gemacht. Wir brauchen gut ausgebildete Mitarbeiter und bieten gerne die Möglichkeit, Beruf und Familie miteinander zu verbinden“, erläutert Jan Sachau, Junior-Chef des Betriebes. Zippendorfer Landbrot hat 16 Filialen und beschäftigt 95 Mitarbeiter, 60 davon im Verkauf. Ein Drittel sind Auszubildende in den Berufen Fachverkäufer/in – Lebensmittelhandwerk, Bäcker und Konditor. Die Übernahmemöglichkeiten nach der Ausbildung sind sehr gut.

Den Kontakt zwischen Betrieb und künftiger Auszubildender hat Monika Schernus von der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck (IHK) hergestellt. Sie ist Ansprechpartnerin im Rahmen des Projektes Teilzeitausbildung, das in gemeinsamer Trägerschaft mit den Handwerkskammern seit 2005 in Schleswig-Holstein durchgeführt wird. Die Finanzierung der insgesamt vier Beratungsstellen in Lübeck, Kiel, Flensburg und Itzehoe erfolgt aus Mitteln des Zukunftsprogrammes Arbeit durch das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein sowie dem
Europäischen Sozialfonds. Grundlage für das Projekt war die seit 2005 bestehende Möglichkeit des § 8 Berufsbildungsgesetz (BBiG), wegen Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit zu verkürzen. Betriebe und Auszubildende vereinbaren eine Stundenzahl zwischen 20 und 30 Wochenstunden. Sie legen fest, wie diese geleistet werden soll und ob die Ausbildungszeit um maximal ein Jahr verlängert wird. Der Berufsschulunterricht findet dabei in Vollzeit statt. Seit Beginn des Projektes sind im IHK-Bezirk Lübeck 390 Teilzeit-Ausbildungsverträge entstanden. Drei Viertel der Unternehmen sind laut einer aktuellen IHK-Befragung mit dem Verlauf der Ausbildung zufrieden, benötigen keine besonderen Anforderungen bei der Umsetzung und gaben an, dass die verringerte Stundenzahl ausreicht, um die Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Die Befragung widerlegt auch die Befürchtung, dass die Teilzeitauszubildenden öfter fehlen. 47 Prozent der Betriebe gaben an, dass die Fehlzeiten gleich hoch und bei 12 Prozent sogar niedriger als bei Vollzeitausbildungsverhältnissen sind.

„Obwohl die Arbeitszeit reduziert ist, ist die Ausbildung keine halbe Sache und verlangt viel Engagement von den jungen Leuten. Leider sind Teilzeit-Modelle, die sich in der Beschäftigung bewährt haben, in der Berufsausbildung noch eher die Ausnahme. Aktuell suchen im südlichen Teil Schleswig-Holsteins 300 junge Menschen eine zeitreduzierte Ausbildung. Ich wünsche mir, dass sich mehr Betriebe für Teilzeitausbildungen öffnen“, appelliert Karin Koop, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Arbeitsagentur Lübeck, an Betriebe.

„Neben der Teilzeitausbildung möchte ich am heutigen bundesweiten Tag des Ausbildungsplatzes verstärkt dafür werben, auch leistungsschwächeren Bewerbern eine Chance zu bieten. In einigen Jahren werden uns diese Fachkräfte fehlen, wenn
wir nicht rechtzeitig alle Potenziale ausschöpfen. Es gibt Unterstützungsmöglichkeiten wie zum Beispiel ausbildungsbegleitende Hilfen. Sprechen Sie mit unserem Arbeitgeber-Service“, ergänzt Werner.

Den Arbeitgeber-Service für Lübeck und Ostholstein erreichen Betriebe unter der 0180 1 664466 (Festnetzpreis 3,9 ct/min; Mobilfunkpreise höchstens 42 ct/min).

Zum Thema Teilzeitausbildung steht Monika Schernus, Ansprechpartnerin für die Teilzeitausbildung für das Handwerk sowie für die IHK, unter der Telefonnummer 0451 6006-144 beziehungsweise E-Mail schernus@ihk-luebeck.de gerne zur Verfügung. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.teilzeit-ausbildung.de .