Fortuna ist eine launische Diva
Foto: MK/Travemünder Woche
Deutsches Freud und Leid bei den TW-Titelentscheidungen
TRAVEMÜNDE. Ein Tiefdruck-Ausläufer über der Lübecker Bucht hat am Freitag (29. Juli) für ein rasantes Finale in sieben internationalen Meisterschaften zur 122. Travemünder Woche gesorgt. Mit Winden zwischen vier und fünf Beaufort, in Spitzen auch darüber, kamen die Starkwind-Experten auf ihre Kosten – mit Glück und Pech für die deutschen Athleten. Während Motten-Segler Markus Steeg (Budenheim) wegen Materialbruchs eine fast sichere Medaille bei der Nordea Moth-EM an ein britisches Trio verlor, verteidigte der Oldenburger Peter Ullmann bei der WM der International Canoe trotz eines Pinnenbruchs seinen zweiten Platz hinter Chris Maas (USA). Bei den Javelins schüttelten die Braunschweiger Jens und Jan Schlittenhard ihre hartnäckigsten Konkurrenten aus Großbritannien ab und gewannen EM-Gold. Ein rein deutsches Podium gab es bei den Laser 2, mit Lisa Buddemeier/Matthias Düwel an der WM-Spitze.
Auch die Folkeboot-Trophäen blieben im Land des Ausrichters. Der bereits als Goldcup-Sieger feststehende Stefan Schneider (Berlin) konnte auf das Rennen verzichten. Dahinter jagte Titelverteidiger Christoph Nielsen (Berlin) dem Strander Walther Furthmann noch die Silbermedaille ab. Ohne deutsche Medaillengewinner gingen dagegen die Jugend-Europameisterschaften der Europes zu Ende. Sowohl bei den Jungs als auch bei den Mädchen wurden die Titel nach Schweden vergeben. Emil Bengtson siegte vor Marcus Höglander und Albin Gipperth. Bei den Mädchen mogelte sich die Dänin Christina Andersen zwischen die schwedische Siegerin Julia Carlsson und deren Landsfrau Julia Gross auf Platz drei.
Am letzten Tag ihrer Meisterschaft wurden die Segler der filigranen Klassen International Canoe und Moth noch einmal auf ein harte Bewährungsprobe gestellt. „Zum Ende hin war das Gros der Boote und Segler überfordert, nur eine Handvoll der Teilnehmer hatten Spaß. Die Sicherungsboote waren voll beschäftigt, daher haben wir das Geschehen nach zwei Wettfahrten beendet, denn die Sicherheit geht vor“, sagte Canoe-Wettfahrtleiter Meno Bülow. Rundum glücklich trotz Materialbruchs war Silbermedaillengewinner Peter Ullmann: „Ich habe mir vor drei Jahren beim neuen Weltmeister und Bootsbauer Chris Maas ein neues Boot bestellt und segele das nun zwei Jahre. Es hat jetzt wirklich alles gepasst. Platz zwei ist mehr, als ich erwartet habe. So weit vorn war wohl noch nie ein Deutscher in dieser Klasse“, sagte Ullmann, der auf einen Popularitätsschub des „exotischen“ Bootstyps mit den charakteristischen Auslegern hofft. Im letzten WM-Rennen musste er aber dem Defekt-Teufel Tribut zollen und trieb nach einem Bruch der Pinne manövrierunfähig an den Strand. Das hatte aber keinen Einfluss mehr auf das Ergebnis, so dass Ullmann voll des Lobes war: „Das war eine Top-Veranstaltung mit sehr professioneller Wettfahrtleitung.“
Eine konträre Gefühlslage gab es aus deutscher Sicht bei den Motten. Im gesamten Meisterschaftsverlauf lag Markus Steeg trotz der eher ungeliebten Schwachwind-Bedingungen auf Medaillenkurs. Aber ausgerechnet im starken Wind des letzten Tages verlor er alle seine Chancen. „Im letzten Rennen hatte ich eine starke Startkreuz erwischt, lag deutlich vor dem Feld, als mir auf dem Vorwind-Kurs die Mechanik am Schwert brach. Damit hatte ich keinen Auftrieb mehr und war nur noch ein so genannter ,low-rider‘. Ich bin nach dem Rennen noch schnell an den Strand gefahren, um es zu reparieren, aber leider gab es keine weitere Wettfahrt mehr“, berichtete Steeg. Als Gesamt-Vierter hinter einem britischen Podium mit dem überlegenen Chris Rashley an der Spitze hatte er dennoch seine eigene Vorgabe von einer Top-Sechs-Platzierung erfüllt. „Das Podium wäre natürlich ein Traum gewesen, und ich bin auch gut gesegelt. Schade, dass es nicht geklappt hat.“
Glücklich, endlich ganz oben in einer Weltmeisterschaft-Liste zu stehen, waren die Laser-2-Segler Lisa Buddemeier/Matthias Düwel, die im vergangenen Jahr bereits die EM-Krone eroberten. „Zweimal waren wir Zweite bei einer WM, jetzt hat es geklappt. Das ist natürlich ein tolles Gefühl“, sagte Steuerfrau Lisa Buddemeier aus Kiel. Obwohl die beiden nur sporadisch in Kiel trainieren können, haben sie sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert. „Man versucht ja immer, etwas zu optimieren“, sagte der in Norderstedt lebende Matthias Düwel. „Und vor der WM haben wir drei Tage vor Lübeck trainiert.“ Die mittleren Windbedingungen passten dem Mixed-Team zudem ins Konzept.
Ein wahres Nervenspiel war die Europameisterschaft der Javelins. Die Brüder Jens und Jan Schlittenhard (Braunschweig) lieferten sich mit Brian und David Earl (Großbritannien) ein Millimeter-Rennen bis zum Schluss. „Wir dachten schon, es geht wie im vergangenen Jahr aus, als uns die Briten in der letzten Wettfahrt den Titel weggeschnappt haben“, berichtete das deutsche Erfolgsduo, das zwischen 1999 und 2002 stets top war, seitdem aber auf einen Titel wartete. Am Finaltag nahmen sie die Briten in persönliche Deckung und durften am Ende mit einem Vorsprung von drei Punkten doppelt feiern. Denn Vorschoter Jan beging zudem seinen 42. Geburtstag mit einem Ständchen der Konkurrenten auf dem Siegerpodest und wurde anschließend von den Zweitplatzierten gemeinsam mit seinem Bruder ins Wasser der Trave befördert.
Im Kielwasser der internationalen Meisterschaften beendeten auch die Taifun-Klassen ihre deutschen Titelkämpfe. Bei den Erwachsenen siegte Torben Kossel aus Braunschweig. Die Cousins Leif Niklas Junge/Viktor Kopp (Schellhorn) wurden schon am Vortag Deutsche Jugendmeister. Das Geschehen der International Canoes mit Gennaker (AC) beendete der Brite Dave Timson an der Spitze. In der Spezialwertung der One-Design-Canoes lag dessen Landsmann Allen Simon ganz vorn.
Am Sonnabend beenden sieben weiteren Klassen ihre Travemünder Woche, darunter auch die 29erXX mit ihrer Europameisterschaft und die Tornados mit der Internationalen Deutschen Meisterschaft. Bei den 29erXX scheint die Titelvergabe nur über die Däninnen Jeanine Olrik/Frederikke Graversen zu gehen, die deutlich vor Jule und Lotta Görge aus Kiel führen. Fest gebucht für die Tornado-IDM sind Roland und Nahid Gäbler (Tinglev).
Außerdem erweisen sich die Brüder Helge und Christian Sach (Zarnekau) im Formula 18-Katamaran als unschlagbar. Neun Starts, neun Siege ist ihre Bilanz, die auch Laser-Segler Marco Grasse (Berlin) nicht erreichen konnte. Er hat in seiner Klasse „nur“ sechs Tagessiege in den neun Rennen in der Liste stehen. Bei den Contendern geht Ex-Weltmeister Jan von der Bank (Eutin) als Führender in den Abschlusstag, bei den 505ern sind es die überlegenen Meike Schomäker/Holger Jess (Kiel).
Gar bis zum Sonntag kosten die 49er ihre Juniorenweltmeisterschaft zur Travemünder Woche aus. Niels Joachim Gormsen/Anders Thomsen aus Dänemark sind nach aktuellem Stand auf dem besten Wege, sich diesen erstmals ausgetragenen Titel zu sichern. In der offenen Gesamtwertung liegen sie allerdings hinter den Kielern Tobias Schadewaldt/Hannes Baumann, die für die Junioren-WM allerdings zu alt sind.
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Ergebnisse vom siebten Wettfahrttag der 122. Travemünder Woche
Freitag, 29. Juli 2011
Endergebnisse
Folkeboot-Weltmeisterschaft (Goldpokal)
Endstand nach sechs Wettfahrten: 1. Schneider/Dörband/Thieme (Berlin) 21 Punkte; 2. Nielsen/Dehn/Felsberg (Berlin) 23; 3. Furthmann/Mrowka/Mühe (Kiel) 26; 4. Kæstel/Løppenthin/Svare Nielsen (Dänemark) 29; 5. Durst/Ehler/Friedrichs (Mönkeberg) 42; 6. Kruse/Grieger/Wüstenhagen (Ammersbek) 51.
Laser 2-Weltmeisterschaft
Endstand nach zwölf Wettfahrten: 1. Lisa Buddemeier/Matthias Düwel (Kiel) 17 Punkte; 2. Niels Krenz/Christian Gerdum (Hamburg) 37; 3. Marian Christopher und Daniel Scheer (Hattingen) 50; 4. Peter Kruse/Arne Wittemer (Bochum) 54; 5. Jaap Smolders/Claas Willem Visser (Niederlande) 55; 6. Meike Flatau/Sebastian Heine (Osnabrück) 78.
Int. Canoe-Weltmeisterschaft
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Chris Maas (USA) 15 Punkte; 2. Peter Ullmann (Oldenburg) 26; 3. Alistair Warren (Großbritannien) 43; 4. David Clark (USA) 47; 5. Phil Robin (Großbritannien) 51; 6. William Clark (USA) 60.
Javelin-Europameisterschaft
Endstand nach zwölf Wettfahrten: 1. Jens und Jan Schlittenhard (Braunschweig) 21 Punkte; 2. Brian und David Earl (Großbritannien) 24; 3. Malte Riesner/Volkmar Prehn (Kiel) 40; 4. Mike Pickles/Richard Fisher (Großbritannien) 42; 5. Richard und Kathryn Smith (Großbritannien) 47; 6. Gavin und Rosie Johnson (Großbritannien) 64.
Nordea Moth-Europameisterschaft
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Chris Rashley (Großbritannien) 9 Punkte; 2. Peter Barton (Großbritannien) 39; 3. Ben Paton (Großbritannien) 46; 4. Markus Steeg (Budenheim) 48; 5. Mike Cooke (Großbritannien) 50; 6. Renker Matthias (Schweiz) 52.
Europe-Jugendeuropameisterschaft
Mädchen
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Julia Carlsson (Schweden) 35 Punkte; 2. Christina Andersen (Dänemark) 41; 3. Julia Gross (Schweden) 51; 4. Josephine Frederiksen (Dänemark) 54; 5. Anne-Line Lyngsoe Thomsen (Dänemark) 65; 6. Trine Bentzen (Dänemark) 70.
Jungen
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Emil Bengtson (Schweden) 31 Punkte; 2. Marcus Höglander (Schweden) 38; 3. Albin Gipperth (Schweden) 38; 4. John Diedrichs (Schweden) 43; 5. Lars Johan Brodtkorb (Norwegen) 58; 6. Sverre Reinke (Bremen) 66.
Taifun-Deutsche Meisterschaft
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Torben Kossel (Braunschweig) 32 Punkte; 2. Christopher Ossenkopp (Hannover) 36; 3. Peter Gillen (Hamburg) 41; 4. Johannes Meyer (Bremen) 42; 5. Dirk Heitmann (Bremen) 53; 6. Julia Gillen (Hamburg) 64.
Int. Canoe AC
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Dave Timson (Großbritannien) 15 Punkte; 2. Arne Stahl (Braunschweig) 26; 3. Stephen Bowen (Großbritannien
Int. Canoe One Design
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Chris Maas (USA) 14 Punkte; 2. Peter Ullmann (Oldenburg) 26; 3. Alistair Warren (Großbritannien) 33; 4. David Clark (USA) 46; 5. Phil Robin (Großbritannien) 47; 6. Colin Brown (Großbritannien) 51.
Meisterschaften
29erXX-Europameisterschaft
1. Jeanine Olrik/Frederikke Graversen (Dänemark) 8 Punkte; 2. Jule und Lotta Görge (Kiel) 14; 3. Paul Kohlhoff/Carolin Werner (Musterstadt) 16; 4. Sara Engström/Hanna Klinga (Schweden) 17; 5. Laura Capdevila/Marta Capdevila (Spanien) 22; 6. Helene Naess/Ane Gundersen (Norwegen) 27.
Tornado-Internationale Deutsche Meisterschaft
Gesamtstand nach neun Wettfahrten: 1. Roland und Nahid Gäbler (Tinglev) 10 Punkte; 2. Markus und Andreas Betz (Überlingen) 35; 3. Heiko Söhle/Thomas Noll (Lehrte) 35; 4. David Krizek/Adam Zdenek (CZE) 37; 5. Lutz Stadtmüller/Fabian Neun (Ahrensburg) 41; 6. Thilo Keller/Maren Odefey (Berlin) 59.
Olympische Klassen
49er
1. Tobias Schadewaldt/Hannes Baumann (Kiel) 40 Punkte; 2. Niels Joachim Gormsen/Anders Thomsen (Dänemark) 41; 3. James Peters/Ed Fitzgerald (Großbritannien) 47; 4. Max Richardson/Nick Redding (Großbritannien) 56; 5. Vincent Berthez/Marc Mallaret (Frankreich) 58; 6. Jacopo Plazzi/Umberto Molineris (Italien) 69,2.
Laser
Gesamtstand nach neun Wettfahrten: 1. Marco Grasse (Berlin) 10 Punkte; 2. Michael Zittlau (Kiel) 17; 3. Christoph Froh (Schwerin) 30; 4. Alexander Andersen (Dänemark) 33; 5. Thomas W. Mueller (Köln) 39; 6. Ralf Marten (Großhansdorf) 49.
Internationale und nationale Klassen
29er
Gesamtstand nach fünf Wettfahrten: 1. Ole Kuck/Niclas Kath (Lübeck) 6 Punkte; 2. Carlos Robles/Florian Trittel (Spanien) 7; 3. Lea Galsgaard/Magnus Dahl (Dänemark) 9; 4. Hanna und Lisa Schälke (Kiel) 14; 5. Till Dittmers/Lukas Schäper (Wentorf) 17; 6. Clara Weimer/Anabel Plieth (Westerau) 27.
505er
Gesamtstand nach sechs Wettfahrten: 1. Meike Schomäker/Holger Jess (Kiel) 5 Punkte; 2. Sophie Heyer/Sebastian Salein (Berlin) 16; 3. Martin Kittsteiner/Oliver Stieglitz (Hamburg) 17; 4. Christian Niefert/Sven Dömges (Beidenfleth) 26; 5. Norbert Dasenbrook/Sven Meier (Düsseldorf) 29; 6. Hartwig Friederichs/Antje Gosch (Hamburg) 34.
Contender
Gesamtstand nach drei Wettfahrten: 1. Jan von der Bank (Eutin) 4 Punkte; 2. Andreas Voigt (Potsdam) 8; 3. Christian Krupp (Hamburg) 10; 4. Volker Niediek (Braunschweig) 10; 5. Hannes Seidel (Potsdam) 15; 6. Michael Starck (Idstein) 17.
Formula 18
Gesamtstand nach neun Wettfahrten: 1. Helge und Christian Sach (Zarnekau) 8 Punkte; 2. Wolfgang Godderis/Christoph Richter (Gmund) 39; 3. Jörg Gosche/Hannes Pegel (Bremen) 42; 4. Musab und Ra’ad Al Hadi (Oman) 44; 5. Christoph Bock/Jens Piepke (Bad Schwartau) 52; 6. Martin Friedrichsen/Finn Heeg (Flensburg) 64.