Sonder-Agrarministerkonferenz berät über Umbau der Tierhaltung
BERLIN. Unter dem Vorsitz von Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz haben sich die Agrarministerinnen und -minister aus Bund und Ländern heute (5. Mai) zu einer Sondersitzung der Agrarministerkonferenz (AMK) in Berlin getroffen. Die Chefinnen und Chefs der Agrarressorts haben dabei über mögliche Anpassungen des kürzlich vom Bund vorgelegten Gesetzesentwurfs zur Tierhaltungskennzeichnung, bei den Förderrichtlinien und Anpassungen im Bau-, Immissionsschutz- und Naturschutzrecht sowie über das vom Bund angekündigte Gesamtkonzept diskutiert.„In der heutigen Sonder-AMK sind wir gemeinsam vorangekommen. Ich sehe aber jetzt den Bund in der Pflicht, mit mehr Geld, der Ausweitung auf alle Tierarten und auf die gesamte Warenkette der Landwirtschaft eine Perspektive zu geben. Die Sonder-AMK hat nochmal deutlich festgestellt, dass ein Gesamtkonzept für die Nutztierhaltung zwingend erforderlich ist. Der Bund hat erste Schritte eingeleitet, muss aber bis zur Herbst-AMK noch nachliefern. Gemeinsames Ziel ist ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept für den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland mit einer langfristig verlässlichen und ausreichenden Finanzierung. Die anstehende Herausforderung in dem Prozess ist die Mitnahme aller nutztierhaltenden Betriebe. Darin waren sich die Vertreterinnen und Vertreter aus Bund und Ländern einig. Die bisher bereitgestellten Mittel des Bundes sind nicht ausreichend. Daher bleibt die Frage der langfristig gesicherten Finanzierung weiter eine Kernforderung an den Bund. Hinsichtlich der TA-Luft konnte ein guter Kompromiss zwischen Tierwohl und Nachbarschaftsrecht erzielt werden“, sagte der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister und AMK-Vorsitzende Werner Schwarz.
Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, sagte: „Wir sind auf dieser Sonder-AMK heute gemeinsam einen großen Schritt weitergekommen. Das Ziel ist, die Tierhaltung in Deutschland zukunftsfest aufzustellen. Dabei ist Teamwork gefragt, denn der Umbau der Tierhaltung ist eine Herkulesaufgabe. Höfe, Tiere und Klima brauchen Zusammenarbeit statt Parteipolitik. Wir, Bund und Länder, haben es in der Hand, die jahrelange Hängepartie zu beenden und den zukunftsfesten Umbau der Tierhaltung gemeinsam zu machen. Deshalb ist es gut, dass wir heute bei der Auslegung derTA-Luft eine wichtige Hürde genommen haben, so dass in allen Bundesländern künftig gleiche Vorgaben gelten. Nur dann, wenn Ställe, die für mehr Tierwohl umgebaut werden, auch eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erhalten können, kann der Umbau der Tierhaltung gelingen! Dafür danke ich meinen Kolleginnen und Kollegen.“
Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg, betonte: „Die ohnehin angespannte Situation der tierhaltenden Betriebe wird aktuell durch fehlende Planungssicherheit beim gleichzeitig geforderten Umbau der Nutztierhaltung verstärkt. Wir müssen einem Strukturbruch in der Nutztierhaltung in Deutschland entgegenwirken. Dafür brauchen wir ein faires und praktikables Gesamtkonzept, um möglichst vielen Betrieben eine nachhaltige Grundlage zur Ausrichtung der Tierhaltung auf mehr Tierwohl zu bieten. Ohne ein solches Gesamtkonzept aus Tierhaltungskennzeichnung, langfristiger, verlässlicher und ausreichender Finanzierung sowie Anpassungen im Immissionsschutz und Baurecht, läuft ein Umbau der Tierhaltung und ein Umstieg auf höhere Haltungsformen ins Leere.“
Wolfram Günther, Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Sachsen, sagte: „Der Umbau der Tierhaltung ist überfällig. Er wurde in der Vergangenheit sträflich ausgebremst. Mit der neuen Bundesregierung hat das Thema endlich wieder die Priorität, die es braucht. Ich bin froh, dass wir heute in Berlin mit dem Bundesminister und meinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern weiter vorangekommen sind. Aber wir sind längst nicht am Ziel. Mein Ziel bleibt eine Tierhaltung, die den Tierhalterinnen und Tierhaltern eine wirtschaftliche Perspektive und verlässliche Unterstützung bietet, einen verlässlichen Rechtsrahmen und Sicherheit für langfristige Investitionsentscheidungen gibt. Und wir müssen Tierschutz vom Tier aus denken. Ich will eine Tierhaltung, die im Einklang mit unseren Zielen beim Klimaschutz, beim Naturschutz und beim Erhalt der Artenvielfalt steht.“
Dr. Till Backhaus, Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern, bekräftigt: „Für Mecklenburg-Vorpommern gehört die Tierhaltung zur Landwirtschaft dazu. Sie ist ein wichtiger Baustein, um die Eigenversorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu sichern. Wir müssen alles daransetzen, eine Verlagerung ins Ausland mit oftmals niedrigeren Tierwohl- und Umweltstandards sowie Lohn- und Sozialdumping zu verhindern. Damit der Wandel hin zu noch mehr Klimaschutz, Tierschutz, Artenschutz und weniger Emissionen in der Landwirtschaft flächendeckend gelingen kann, muss der Staat umstellungswillige Landwirte auf diesem Weg unterstützen und Planungssicherheit bieten. Dafür braucht es ein Gesamtkonzept, das große wie kleine Betriebe einschließt, und Wege aufzeigt, wie wir diesen Transformationsprozess vor allem finanziell absichern wollen. Daher fordern wir den Bund ganz klar dazu auf, das bisher für den Umbau der Tierhaltung veranschlagte Förderbudget deutlich aufzustocken; aktuell beträgt es nur etwa ein Zehntel des von der Borchert-Kommission ermittelten Förderbedarfs. Nicht nur Investitionen, sondern auch die mit mehr Tierwohl steigenden laufenden Kosten müssen ausgeglichen werden. Das zögerliche Handeln gefährdet einen ganzen Volkswirtschaftszweig. Positiv bewerte ich hingegen, dass es Bund und Ländern gelungen ist, den Tier- und Immissionsschutz im Bau- und Genehmigungsrecht so zu harmonisieren, dass beispielsweise große Freiluftställe künftig leichter zu realisieren sind. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Tierwohl bei gleichzeitiger Planungssicherheit, ersetzt aber eben kein finanzstarkes Gesamtkonzept.“