Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2024
Bündnis 90/Die Grünen, Oliver Brandt: Sparen um jeden Preis ist weder generationengerecht noch nachhaltig. Politik, und insbesondere Haushaltspolitik, wird ja generell aus der Situation heraus betrachtet, in der sich die handelnden Akteure befinden. Entscheidungen müssen getroffen werden, deren Folgen für die zukünftige Entwicklung nicht bis ins Detail vorhersehbar sind. Daher lohnt ein Blick zurück, um die Folgen von politischen Entscheidungen im Nachhinein zu bewerten. In der letzten Haushaltskrise in den Jahren 2009/2010 infolge der weltweiten Finanzkrise hat die damalige Landesregierung aus CDU und FDP dem Land einen drastischen Sparkurs zugemutet.Das Weihnachtsgeld für Beamt*innen wurde gestrichen, die 41-Stunden-Woche für Beamt*innen eingeführt, es gab einen drastischen Stellenabbaupfad, allein 3.900 Lehrer*innenstellen sollten bis 2020 entfallen. Zuwendungen an Vereine, Verbände, Kammern und Stiftungen wurden zusammengestrichen. Die Investitionsquote sank dramatisch, den Investitionsstau spüren wir heute noch, obwohl danach gegengesteuert wurde.
Die Medizinische Fakultät der Uni in Lübeck sollte geschlossen werden, eine Maßnahme, die glücklicherweise aufgrund massiver Proteste im ganzen Land verhindert werden konnte. Dies hat Spuren im Land hinterlassen und teilweise jahrelang gewachsene Strukturen an den Rand ihrer Existenz gebracht. Und es zeigt in der Rückschau, dass Sparen um jeden Preis weder generationengerecht noch nachhaltig ist. Nun stehen wir beim Landeshaushalt vor ähnlichen Herausforderungen wie vor 15 Jahren, nach vier Jahren mit multiplen Krisen, die sich zeitlich überlagern und deren Auswirkungen weiterhin fortdauern und den Haushalt belasten, verbunden mit einem Einbruch der Steuereinnahmen.
Für das Haushaltsjahr 2024 hatte die Landesregierung eine Haushaltslücke in Höhe von 430 Millionen Euro zu schließen. Für die bevorstehende Haushaltsaufstellung 2025 liegt die Lücke bei fast 1,3 Milliarden Euro und in den darauffolgenden Jahren bis 2030 bei deutlich über einer Milliarde Euro pro Jahr. Am 5. März hat die Landesregierung daher einen Plan zur Bewältigung dieser gewaltigen Herausforderungen vorgelegt. Wie kam es dazu?
Die Kritik von Opposition, Landesrechnungshof und einigen anderen Akteuren betrifft ja besonders die Ausgabenentwicklung im Allgemeinen. Nehmen wir die Personalausgaben. Der Landesrechnungshof spricht von „hohen Stellenaufwüchsen“ und „expansiver Stellenpolitik dieser Landesregierung“, die sich „das Land nicht leisten könne“. Schaut man sich aber die Personalausgabenquote an, die viel aussagekräftiger ist, weil sie angibt, welcher Anteil am Gesamthaushalt in Personal fließt, ergibt sich ein anderes Bild. Im Haushaltsentwurf 2024 inklusive Nachschiebeliste liegt diese Quote bei 31,4 Prozent. 2004 waren es 41 Prozent. In 20 Jahren also ein Rückgang um 10 Prozent. Das zeigt schlicht, dass das Land anteilig nicht mehr, sondern im Gegenteil immer weniger Haushaltsmittel für Personal ausgibt. Das möchte ich hier einfach einmal feststellen.
Natürlich steigen die absoluten Zahlen, zum einen wegen der Tarifabschlüsse in den letzten Jahren und zum anderen aufgrund des Stellenaufbaus in politischen Schwerpunktbereichen wie Bildung, Polizei und Justiz. Denn dort wollen wir nicht wieder Lücken reißen wie vor 15 Jahren! Für einen handlungsfähigen Staat benötigen wir weiterhin eine ausreichende Personalausstattung. Ebenso müssen unsere Beschäftigten angemessen bezahlt werden. Erhebliche Kostensteigerungen gibt es auch aufgrund von bundesgesetzlichen Regelungen. Ich nenne exemplarisch Ausweitung beim Unterhaltsvorschuss, Erhöhung des Wohngeldes, Einführung des Deutschlandtickets, Ausbau der Ganztagsbetreuung, Eingliederungshilfe, Bürgergelderhöhung. Gleichzeitig wurden mehrere Steuersenkungen umgesetzt, die die Einnahmebasis verringert haben.
Somit stellt sich die Frage, wie man diese herausfordernde Situation löst, ohne das Land kaputtzusparen. Die Landesregierung hat mit dem Haushaltsentwurf die weitere Nutzung von Notkrediten empfohlen, nachdem der Landtag im November die Notsituation für 2023 und 2024 erklärt hatte, und zusätzlich Einsparungen von rund 100 Millionen Euro vorzunehmen. Ich finde diesen Weg richtig und verfassungskonform. SPD und FDP kritisieren in dieser Situation pauschal den Krisenhaushalt und machen keine eigenen Vorschläge zur Bewältigung der Lage.
Die SPD, die im Dezember noch der Erklärung der Notlage und Notkrediten für 2024 dem Grunde nach zugestimmt hat, prüft nunmehr eine Klage. Welche Maßnahmen aus dem Notkredit die SPD für verfassungsmäßig bedenklich hält, bleibt im Unklaren. Die FDP hält die Ausgaben für zu hoch und bekennt sich zur Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Form, während sie gleichzeitig in fast jedem Plenum mit Ideen für Steuersenkungen und zusätzlichen eigenen Ausgabewünschen kommt.
Heute erklärt sie nun, dass der Haushalt nicht verfassungskonform ist und daher keine Änderungsanträge gestellt werden können. Mein Rat: Es gibt eine Liste mit Notkredittiteln, die einzeln aufgelistet und begründet sind, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen. Sie können jeden Titel einzeln aus dem Haushalt streichen oder einen Gegenfinanzierungsvorschlag machen, so wie wir das bei der Beachvolleyballhalle getan haben. Das wäre konstruktive Haushaltspolitik.
Fazit: FDP und SPD haben keine Lösungen für die Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen. Wir dagegen adressieren mit dem Haushalt 2024 trotz der schwierigen Lage wichtige Zukunftsfragen wie schulische und frühkindliche Bildung, Klimaneutralität, Küstenschutz und Biodiversität.