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Politik & Wirtschaft

Bürokratie, Regulatorik, Welthandel: IHK-Delegation führt Gespräche mit der EU

Foto Copyright: Patrick Schmidt/IHK Nord · Der Mittelstand leidet zunehmend unter einer immer umfangreicheren Bürokratie. Viele Auflagen kommen von der Europäischen Union. „Unternehmen müssen Freiheiten zum Gestalten haben, deshalb haben wir vor Ort in Brüssel den Dialog gesucht und die Betroffenheit unserer Unternehmen sowie die Positionen der Wirtschaft deutlich gemacht“, sagte Hagen Goldbeck, Präses der IHK zu Lübeck, nach seiner Rückkehr aus Brüssel. Er hatte gemeinsam mit IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning eine Delegation aus 14 Mitgliedern der IHK-Vollversammlung und des Präsidiums zur Europäischen Union angeführt. „Die Wirtschaft will sich direkt einbringen. Und das gerade jetzt zu Beginn der fünfjährigen Legislatur, solange EU-Kommission und Parlament noch ihre Schwerpunkte bestimmen“, so Goldbeck.

Auf dem Programm standen Gespräche mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus Schleswig-Holstein und Hamburg sowie der Kommission. Mit Rasmus Andresen von den Grünen, Delara Burkhardt von der SPD und Niklas Herbst von der CDU als auch Svenja Hahn als Hamburger Vertreterin der FDP diskutierte die Delegation aus dem Hansebelt über die Kapitalmarktunion, die bevorstehenden Wahlen in den USA, die überbordendende Regulatorik durch das Lieferkettengesetz und die Richtlinie für entwaldungsfreie Lieferketten sowie in der Medizintechnik. Die Auswirkungen der USA-Wahlen auf Europa und die EU-Handelspolitik waren Schwerpunkte in den Gesprächen mit Ruben Kubiak von der Europäischen Kommission. „Dabei wurde uns der Wert unserer Arbeit im Hansebelt erneut bewusst, denn der direkte Draht zu unseren Mitgliedern gibt uns die Möglichkeit, den Abgeordneten und Beamten aus erster Hand zu berichten, wo bei den Mitgliedern der Schuh drückt“, sagte Lars Schöning.

Als Beispiel nannte er das drohende Verbot der sogenannten Ewigkeits-Chemikalien PFAS. „Zahlreiche unserer Mitglieder haben uns auf die Herausforderungen angesprochen, die ein Verbot dieser Stoffe, die in einer Vielzahl an Industrieprodukten enthalten sind, mit sich bringen würde“, so Schöning. Bei beschichteten Pfannen, Funktionskleidung oder feuerfesten Schaumstoffen, aber auch in wichtigen Zukunftstechnologien wie Windkraftanlagen oder klimaneutralem Bau und Produktion sind PFAS aufgrund ihrer chemischen Struktur echte Alleskönner. Aber gerade, weil PFAS nicht nur wasser-, fett- und schmutzabweisend sind, sondern auch stabil gegenüber Hitze und Chemikalien, gelten sie als „Ewigkeits-Chemikalien“, die sich sehr langsam abbauen und daher problematisch für die Umwelt und unsere Gesundheit werden können. „Die EU plant nun ein Komplettverbot von PFAS. Diese Überlegungen schießen unserer Überzeugung nach weit über das Ziel hinaus. Das haben wir hier in den Gesprächen deutlich herausgestellt“, betonte der Hauptgeschäftsführer.

Mit Ruben Kubiak, Trade Affairs Officer der EU-Kommission, sprach die Delegation aus dem Hansebelt über die Handelspolitik zwischen der EU und Nordeuropa sowie die möglichen Auswirkungen der US-Wahlen auf Deutschland und Europa. „Protektionistischen Ideen – auch in unseren Partnerländern – erteilen wir eine klare Absage“, sagte Hagen Goldbeck. Als eine der größten Volkswirtschaften der Welt ist Deutschland auf einen freien Zugang zu den Weltmärkten angewiesen. „Die freien Märkte haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Erfolgsgeschichten geschrieben. Beschränkungen sind kontraproduktiv und unterdrücken in letzter Konsequenz auch Forschung und Entwicklung. Besser ist, darauf zu vertrauen, dass die Märkte sich selbst regeln.“ Da im Hansebelt viele exportorientierte Unternehmen und Global Player ihren Sitz haben, stellten die ehrenamtlich engagierten Unternehmerinnen und Unternehmer heraus, welche Auswirkungen eine Abschottung internationaler Märkte auf die regionale Wirtschaft haben könnte. „Wir haben daher an unsere Gesprächspartner appelliert, weitere Abkommen zur Beseitigung von Handels- und Investitionshemmnissen wie mit Japan, Mercosur oder Mexiko zu schließen. Vor allem benötigt unsere Wirtschaft ein neues Handelsabkommen mit den USA“, so Goldbeck.

Die Delegation traf sich zudem mit Freya Lemke, Leiterin der DIHK-Vertretung in Brüssel, Alexander Anders, Geschäftsführer des IHK Nord e.V., und der Leiterin des IHK-Nord-Büros in Brüssel, Patricia Schlimbach, sowie Thorsten Augustin, Leiter des Hanse-Office Schleswig-Holstein. „Dank unsererseits IHK-Nord-Büros und in Zusammenarbeit mit dem DIHK-Büro lenken wir in Brüssel den Blick der Kommission und der Parlamentarier immer wieder auf die Belange der Wirtschaft und die Infrastruktur in den fünf norddeutschen Bundesländern. Wir sind am Sitz der EU schlagkräftig aufgestellt“, sagte Goldbeck abschließend.