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Kultur & Wissenschaft

Dr. phil. Peter Guttkuhn: „Im Gegenwind“

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Auch heute setzen wir in hier-luebeck die Vorstellung der Publikationen des in Lübeck arbeitenden Privatgelehrten und Historikers Dr. Peter Guttkuhn in der Reihe „Sonntags-Beiträge“ fort. Heute: Sein Beitrag „Im Gegenwind“ aus der Zeit des Besuchs des persischen Kaiserpaars (1967) in Lübeck, dem er seinen eigenen Besuch Teherans folgen ließ.

Foto (RB): Dr. Peter Guttkuhn
Dr. phil. Peter Guttkuhn:
Im Gegenwind

Das persische Kaiserpaar war 1967 kurz zuvor in Lübeck gewesen. Nun weilte ich zum Gegenbesuch in Teheran. In den Sommerferien. Der Rückflug – auf den letzten schulfreien Sonnabend festgelegt – versprach pünktlich, bequem und erholsam zu werden: Das garantierten Menschen und Material der Deutschen Lufthansa. Ein beruhigend-sicheres Gefühl, denn der Herr Direktor pflegte in letzter Zeit die Lehrer-Konferenzen auf den letzten Ferientag zu legen, um keine Schulstunde am Montag opfern zu müssen.

Man startete in Teheran auch pünktlich, um voraussichtlich zu Konferenzbeginn, 16.00 Uhr MEZ , in der Kleinen Burgstraße sein zu können. Allein der Gegenwind in 10.000 m Höhe blies so heftig und kontinuierlich, dass auch ein aufmunternder Besuch beim Flugkapitän – doch mehr Gas geben zu wollen – ohne Wirkung blieb. So zog denn eine Verzögerung die andere nach sich, und Zubringer-Maschine, Bundesbahn und Taxi vermochten eine gravierende Verspätung nicht mehr aufzuholen.

Die Uhr stand auf 16.15, als ein sonnenverbrannter, verschwitzter und entnervter Studienassessor, direkt aus dem 40? C heißen Persien kommend, das dunkle, kühle Schulhaus betrat: mit einem schweren Koffer in der Hand, barfüßig in Sandalen und in kurzen Hosen. Niemals zuvor ist je ein Untergebener in einem solchen Aufzug zu einer dienstlichen Veranstaltung vor den Direktor Haß getreten.
Der hatte auf das zögerliche Klopfen mit lautem und deutlichem „Ja“! geantwortet, und schon stand der Delinquent vor dem amüsiert lächelnden Kollegium, das, auf den Stühlchen der Sextanerinnen hockend, von einem empört dreinschauenden Direktor bewacht wurde.
„Herr Direktor, bitte entschuldigen Sie, aber …“ „Wir sehen uns nach der Konferenz in meinem Zimmer!“
Den Verstoß gegen die Kleiderordnung mochte er noch soeben hinnehmen, aber die Verspätung! Unmöglich.

Nach einem Dreivierteljahr forderte er mich auf, vor der gesamten Oberstufe in der Aula einen Reisebericht zu erstatten.

hier-Luebeck bedankt sich bei Dr. Peter Guttkuhn für die freundliche Bereitstellung auch dieses Beitrages.

Dr. Peter Guttkuhn:
Der Wissenschaftler forscht seit Jahren zur deutsch-jüdischen Geschichte der Hansestadt. Auf nationaler und internationaler Ebene hat er nahezu 190 Titel zu diesem Forschungsgebiet publiziert. Seine Vorträge im In- und Ausland sind sehr gefragt und tragen in erheblichem Maß zur Aufarbeitung der Geschehnisse in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland bei.