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Politik & Wirtschaft

Elektronischer Personalausweis: MdB Hiller-Ohm gegen Speicherung der Fingerabdrücke

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Der elektronische Personalausweis soll ab November 2010 eingeführt werden. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde jetzt vom Kabinett beschlossen. Die Bundestagsabgeordnete Gabriele Hiller-Ohm, die in der SPD-Bundestagsfraktion für Datenschutz im Tourismus zuständig ist, warnt vor Risiken bei der Nutzung der neuen Funktionen des elektronischen Ausweises:
Der neue Ausweis im Checkkartenformat wird ein digitales Foto auf einem Chip enthalten. Auch die Speicherung von Fingerabdrücken ist vorgesehen, allerdings freiwillig. Zudem kann der Ausweis mit einem elektronischen Identitätsnachweis versehen werden, um Geschäfte oder Behördengänge online zu tätigen.

Dazu sagt Gabriele Hiller-Ohm:
„Mit dem elektronischen Personalausweis werden in Zukunft mehr sensible persönliche Daten gespeichert. Zudem ist die Technologie des Chips, auf dem im Ausweis das biometrische Foto und Fingerabdrücke gespeichert werden, nicht uneingeschränkt sicher. So warnen Datenschützer vor dem unbemerkten Auslesen der Daten per Funk. Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert befürchtet einen Missbrauch der sensiblen Daten zum „Identitätsdiebstahl“. Dass ein Mehr an Datenspeicherung auch stärkere Begehrlichkeiten zum Missbrauch weckt, ist nicht erst seit den jüngsten Schnüffelaktionen der Telekom offensichtlich!

Umso wichtiger ist es, dass die Speicherung zweier Fingerabdrücke auf dem Ausweis freiwillig ist. Dafür hatte sich SPD-Justizministerin Brigitte Zypries gegenüber Innenminister Wolfgang Schäuble eingesetzt, der die Fingerabdrücke verpflichtend speichern wollte. Auf Druck der SPD kann nun jede Bürgerin und jeder Bürger selbst entscheiden, ob die eigenen Fingerabdrücke digital auf dem Ausweis gespeichert werden sollen. Dies ist ein großer Erfolg für den Datenschutz.

Entscheidend ist dabei, dass die freiwilligen Fingerabdrücke nicht außerhalb des
Dokuments gespeichert werden. Außerdem darf mit der theoretischen Möglichkeit der Aufnahme des biometrischen Fingerabdrucks kein faktischer Zwang geschaffen werden. Es darf nicht sein, dass die- oder derjenige ohne Fingerabdruck im Personalausweis anders behandelt wird als Personen, die sich zur Aufnahme dieser zusätzlichen biometrischen Information bereit erklärt haben. Hier gilt: Je mehr Menschen sich dieser Option verschließen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Ungleichbehandlung.

Der bisherige Personalausweis gilt ohnehin als eines der sichersten weltweit. Der Fingerabdruck bringt laut Datenschützern keinen Sicherheitsgewinn. Dafür erhöht sich das Risiko des Datenmissbrauchs. Alle Bürgerinnen und Bürger sollten sich daher gut überlegen, ob sie ihre Fingerabdrücke ohne Not auf dem Personalausweis speichern lassen. Als Passersatz für Auslandsreisen außerhalb der Europäischen Union sollte der elektronische Ausweis aus Datenschutzgründen jedenfalls nicht eingesetzt werden. Denn während man den Reisepass, auf dem ebenfalls Fingerabdrücke und Foto digital gespeichert sind, nur bei einzelnen Reisen bei sich trägt, wird der Personalausweis auch im Alltag ständig mitgeführt und benutzt. Dadurch steigt das Risiko, dass die Daten durch
Kriminelle unbemerkt ausgelesen werden. Auch das Anlegen von Bewegungsprofilen von Personen durch vielfaches Auslesen wäre möglich.

Denkbar ist ein zusätzlicher Schutzmechanismus in Form einer Aluminium-Schutzhülle, wie sie Lübeck als erste deutsche Kommune für die elektronischen Reisepässe angeboten hat. Allerdings besteht trotzdem die Gefahr des Datendiebstahls, wenn der Ausweis aus der Hand gegeben wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Reisende den Ausweis in Hotels hinterlegen.

Eine weitere Neuerung ist die Möglichkeit des elektronischen Identitätsnachweises. Wer häufig Geschäfte im Internet abschließt oder sich Behördengänge ersparen will, soll in Zukunft mit Hilfe eines heimischen Lesegeräts am Computer seinen Ausweis zur online-Identifizierung nutzen können. Auch hier gibt es Datenschutzbedenken. Zudem sind noch zahlreiche technische Fragen offen, die geklärt werden müssen.

Der Gesetzentwurf muss nun vom Bundestag beschlossen werden. Die SPD-Fraktion wird die einzelnen Regelungen genau prüfen und sich insbesondere dafür einsetzen, dass es zu keiner Zwei-Klassengesellschaft von unverdächtigen und verdächtigen Menschen kommt. Wir werden nicht zulassen, dass durch die Hintertür eine Generalüberwachung der Bürgerinnen und Bürger stattfindet!“

Quelle: MdB Gabriele Hiller-Ohm