Forscher der Universität Lübeck widerlegten „Cholesterin-Lüge“
Obwohl der Zusammenhang zwischen Cholesterinspiegeln und Herzinfarkt schon sehr frühzeitig von der medizinischen Forschung erkannt wurde, ist in den Medien immer wieder von der so genannten „Cholesterin-Lüge“ zu hören. Nun kann das „Problem als erledigt zu den Akten gelegt werden“:So wurde der ursächliche Zusammenhang zwischen Cholesterinspiegeln und Herzinfarkt immer wieder bezweifelt und dahinter eine Verschwörung der Pharma-Industrie vermutet.
Hauptargument der Cholesterin-Gegner war hierbei, dass erhöhte Cholesterinspiegel nicht ursächlich dem Herzinfarkt-Risiko zugrunde liegen könnten, sondern nur einen ungünstigen Lebensstil bzw. schädliche Umwelteinflüsse indirekt abbilden, wobei letztere die eigentliche Ursache für den Herzinfarkt darstellen.
23 Jahre nach dem Nobelpreis für die Amerikaner Joseph Brown und Michael Goldstein, die erstmals den Zusammenhang zwischen Cholesterin und Herzinfarkt zeigten, besteht so in der Bevölkerung auch im Jahre 2008 noch eine erhebliche Verunsicherung, ob und wann erhöhte Cholesterinspiegel einen Risikofaktor darstellen und behandelt werden müssen.
Ein Schlüsselerfolg, um die so genannte „Cholesterin-Lüge“ zu den Akten zu legen, gelang jetzt einer Gruppe von Lübecker Forschern:
Die Arbeitsgruppe um Prof. Heribert Schunkert, PD Dr. Jeanette Erdmann und Dr.
Patrick Linsel-Nitschke vom Molekulargenetischen Labor der Medizinischen Klinik II sowie Mitarbeiter des Instituts für Medizinische Biometrie nd Statistik (Direktor: Prof. Andreas Ziegler) der Universität zu Lübeck entdeckten zunächst eine neue Variante im Low-Density-Lipoprotein (LDL) Rezeptor, die genetisch zur Senkung des LDL-Cholesterins im Blut führt. Im Rahmen des EU-Projektes Cardiogenics wurde dies an mehr als 10.000 Individuen aus der deutschen und englischen Bevölkerung in allen Altersgrupen beginnend vom Kleinkind bis in das hohe Lebensalter untersucht. Die Variante findet sich bei 11% der europäischen Bevölkerung. Ist die Genvariante auf zwei Chromosomen vorhanden erniedrigt sich das LDL-Cholesterin im Durchschnitt um 14 mg/dl. Dies ließe theoretisch eine Abnahme des Herzinfarktrisikos um 21% vermuten, aber nur wenn LDL-Cholesterin auch die Ursache ist. Ernährung und Umwelteinflüsse haben keinen Einfluss auf diese Art der vererbten Absenkung des schädlichen LDL-Cholesterins. Es ist einfach Glück oder Pech die schützende Variante vom LDL-Rezeptor zu bekommen.
Die tatsächliche Beziehung zum Herzinfarktrisiko wurde dann an 7000 Herzinfarktpatienten untersucht. Es fand sich in der Tat, dass die Gen- Variante zu einer eindrucksvollen Erniedrigung des Herzinfarkt-Risikos um 23% führt.
Die Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgt am Mittwoch 20. August in der Fachzeitschrift PlosONE (http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0002986.)
Dr. Patrick Linsel-Nitschke von der Universität Lübeck erklärte hierzu: „Die Bedeutung unseres Fundes liegt vor allem darin, dass diese Genvariante vom frühen Kindesalter bis in die hohen Lebensjahre den Cholesterinspiegel in gleichen Maße beeinflusstund sich eins zu eins in eine Erniedrigung des Herzinfarktrisikos überträgt. Umwelteinflüsse und andere Faktoren spielen für diesen Zusammenhang keine Rolle.“
Frau PD Dr. Jeanette Erdmann bemerkt hierzu: „Erneut konnten wir mit den derzeit zur Verfügung stehenden hochmodernen Methoden der Chip-Analytik einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung der Herzinfarkt-Genetik leisten“.
Prof. Heribert Schunkert, Direktor der Medizinischen Klinik II ergänzt: „Die Ergebnisse können mit einer umfangreichen Studie verglichen werden, in der die „Probanden“ nach dem Zufallsprinzip in eine Gruppe mit niedrigem oder hohen LDL-Cholesterin verteilt werden (genetische Randomisierung). Die Gruppenzugehörigkeit hält lebenslänglich an. Es fand sich ein eindeutig kausaler Zusammenhang zwischen Genvariante, Erniedrigung vom LDL-Cholesterin und Erniedrigung des Herzinfarkt-Risikos. Umwelteinflüsse werden dabei ausgeblendet, da sie zwar Cholesterin senken oder erhöhen können, dies aber gleichermaßen in allen „Gruppen“ unabhängig vom Gen-Effekt erfolgt. Damit kann die so genannte „Cholesterinlüge“ zu den Akten gelegt werden.
Quelle: Universität zu Lübeck