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Politik & Wirtschaft

Die Piratenpartei kritisiert den schwachen Auftritt der Opposition bei der Abstimmung zum Leistungsschutzrecht (LSR) und fordert den Bundesrat auf, sein Veto einzulegen.

Gegen den breiten Widerstand von Netzaktivisten, der Bloggerszene, vieler kleiner und mittlerer Presseverleger sowie fachkompetenter Politiker aller Fraktionen wurde das Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Bundestag am vergangenen Freitag verabschiedet. Dabei spielte gerade die Opposition eine unrühmliche Rolle, denn auf Seiten von Grünen, SPD und Linke fehlten 52 Abgeordnete bei der Abstimmung. Bei der Union fehlten lediglich 16 Abgeordnete, von der FDP waren 12 nicht anwesend. Die Piratenpartei Deutschland erkennt das Bemühen der Grünen an, per Geschäftsordnungsantrag den Ablauf der Abstimmung zu beeinflussen, hat sich jedoch insgesamt von allen Oppositionsparteien ein entschlosseneres Auftreten gegen das Leistungsschutzrecht gewünscht und fordert ein stärkeres Auftreten der Oppositionellen im Parlament zugunsten der Bürgerinteressen. Gleichzeitig fordert die Piratenpartei den Bundesrat auf, ein Veto gegen das Gesetz einzulegen und so eine neue Abstimmung im Bundestag zu erzwingen.
Eine Pairing-Vereinbarung dementierten zwar alle Oppositionsparteien, dennoch stellt sich die Frage, ob die Opposition tatsächlich alles in ihrer Macht liegende getan hat, um das LSR zu verhindern. Brisant ist vor allem, dass gerade die Parteispitzen von Grünen, SPD und Linke der Abstimmung fernblieben. Der netzpolitische Sprecher der SPD, Lars Klingbeil, konnte auf Anfrage bei Twitter nicht einmal Gründe dafür nennen, warum seine Kollegen nicht mit abgestimmt haben. Seitens der Grünen hieß es, dass führende Abgeordnete unter anderem wegen der parallelen Vorstellung des eigenen Wahlprogramms verhindert waren. Sie stellten ihre Parteiinteressen damit vor die Interessen der Bürger und zeigen so die Schwächen der fehlenden Trennung von Amt und Mandat auf. Außerdem ist es für die PIRATEN denkbar, dass Spitzenkandidaten aus Furcht vor schlechter Presse aus den Pro-LSR-Verlagshäusern der Abstimmung fern blieben.
Der bayerische Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Bruno Kramm fasst zusammen: »Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass die Oppositionsparteien aus taktischen Wahlkampfüberlegungen gegenüber einer ihnen im Wahlkampf wohlgesonnenen Springer-Presse eingeknickt sind, wäre dies ein fatales Signal parlamentarischen Arbeitens. Wer ein so grundsätzlich gefährliches Gesetz zum Spielball wahltaktischer Überlegungen macht – und sei es nur, um im Bundesrat eine Bühne für die eigene Überlegenheit vorzubereiten –, macht sich unwählbar und gießt Wasser auf die Mühlen der parteiverdrossenen Nichtwähler. Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist und bleibt das Machwerk der Verlagslobby. Es dokumentiert die dringende Notwendigkeit eines Transparenzregisters für Lobbyisten genauso wie den Bedarf an einer starken Opposition, die keine faulen Deals schließt, um die eigenen Interessen zu schützen.«
Das neue Gesetz kann nun per Veto des Bundesrats erneut zur Abstimmung gestellt werden. Schon am 6. März wird das Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Bundesrat behandelt werden. Sollte das neue Gesetz tatsächlich Realität werden, würde es fatale Folgen für den Innovations- und Wissensstandort Deutschland nach sich ziehen. Denn nach Aussagen des Bun­des­ver­ban­des deut­scher Zei­tungs­ver­le­ger (BDZV) sind weiterhin bereits kleine Presseausschnitte – so genannte Snippets – auch im Rahmen des im letzten Moment modifizierten Gesetzentwurfs lizenzpflichtig, und diese Rechtsunsicherheit bereitet den Boden für Abmahnwellen. Es behindert dabei nicht nur innovative neue Geschäftsmodelle im Netz und die freie Verfügbarkeit von Informationen, sondern sorgt für große Verunsicherung bei Bloggern und Nutzern von sozialen Medien.