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Deutsche Marine: Statt „Toto & Harry“, „Toto & Ingo“ – in ganz unterschiedlichen Revieren unterwegs

marinetoto
Autor: Uwe Zeitter

Glücksburg – Wilhelmshaven / Bochum – „Mein Bruder verteidigt Deutschland. Er fährt auf der Fregatte ‚Bremen'“, stellt Toto in einer Folge der Sat1-Dokumentation „Toto & Harry: Die zwei vom Polizeirevier“ fest. Torsten Heim (46), wie einer der wohl bekanntesten Polizeioberkommissare heißt, hat in dieser Szene einen leichten Unterton von Respekt vor der Aufgabe seines Bruders Ingo Heim (44) in der Stimme. Die beiden stehen regelmäßig im Kontakt und tauschen sich über ihre Aufgaben und Erfahrungen aus. Dabei war es im jugendlichen Alter eigentlich Ingo Heim der Polizist werden wollte. Als Jugendlicher kam er mit dem Werbe- und Auswahldienst in Berührung und es entstand die Idee, dass Ingo seinen älteren Bruder Torsten gleich mitbringe. Die Idee vom gemeinsamen Dienst fand er spannend. Und sein Bruder gesteht: „Aufgrund des Berufswunsches meines Bruders bin ich überhaupt zur Polizei gekommen.“ Als Kinder hätten sie durchaus auch Räuber und Gendarm gespielt, erinnern sich die Geschwister. Es sei dabei auch ordentlich zur Sache gegangen. Torsten Heim erinnert sich: „Ich war immer der Räuber – robust und hart“. Körperlich, so ergänzt sein Bruder, sei es früher ohnehin immer sehr „robust“ zwischen den Beiden zugegangen. Aus dem Polizisten-Duo der Gebrüder Heim ist aber nichts geworden. Im Gegensatz zu seinem Bruder wurde Ingo Heim damals nicht eingestellt. Eine Tatsache, die etwas am Verhältnis der Brüder kratzte: „Ich hatte das Gefühl, dass er meinen Job hat. Dabei hatte mein großer Bruder früher schon immer die Mädchen und ich eine Zahnspange und Brille“, Ingo Heim lehnt sich schmunzelnd im Aufenthaltsraum der Fregatte „Bremen“ zurück, als er an die Zeit denkt und ergänzt: „Als ob mein Bruder irgendetwas dafür gekonnt hätte, dass ich nicht genommen wurde.“ Ingo Heim hatte sich damals bei der Marine beworben, weil ihn die Seefahrt interessierte. Aus der Idee, wir jagen gemeinsam Verbrecher, ist eine andere Konstellation geworden: Einer jagt Verbrecher, der andere Piraten oder Terroristen. Beide haben sich einen ähnlichen beruflichen Ansatz ausgesucht, stellt der Soldat Heim fest. Heute ist die Karriere für beide Brüder gut so, wie sie verlaufen ist. Die üblichen geschwisterlichen Unstimmigkeiten sind kaum noch ein Thema. Im Gegenteil: Torsten Heim gibt zu, dass manchmal zu wenig Zeit für den brüderlichen Kontakt verfügbar wäre: „Jeder lebt sein Leben und man sieht sich einfach zu wenig!“ Meistens, so berichtet sein Bruder Ingo, würden die beiden telefonieren. Während der Seefahrt würde er meistens E-Mails mit den wichtigsten Informationen an einen festen Verteiler versenden. Briefe gebe es während dieser Zeit nur für seine Frau und die spärlichen Telefongespräche würden dann auch ausschließlich mit ihr oder mit den Eltern geführt. Die beruflichen Rahmenbedingungen könnten unterschiedlicher kaum sein und sie haben auch die Einstellungen der beiden geprägt. Während sich „Toto“ Heim sicher ist, dass für ihn zwar das Fernweh durchaus eine Herausforderung bieten würde, gibt er zu: „Am meisten würde ich natürlich meine Familie vermissen. Ich bin kein Mensch, der so lange so beengt leben könnte.“ Stabsbootsmann Ingo Heim möchte die Marine und vor allem die Seefahrt, aber auch die vielen anderen Erlebnisse, wie die vielseitigen Verwendungen auf der Nordseeinsel Sylt, in den USA oder in Slowenien, nicht vermissen. Dennoch, so gibt er zu: „Manchmal stelle ich mir schon die Frage, ob ich auch ein guter Polizist geworden wäre.“ Beide verfolgen die Erlebnisse des jeweils anderen immer wieder. „Man wächst mit seinen Aufgaben. Das Thema Gewalt ist bei uns täglich präsent. Es gibt da keinerlei Routine oder Laschheit, man muss immer hochkonzentriert sein“, betont der Polizeibeamte. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass beide Berufe deutliche Gefahren mit sich bringen, haben sich die Beiden „im Blick“. Ingo Heim sieht seinen Bruder nicht regelmäßig auf dem Bildschirm, das gehe zeitlich nur selten. Auf See sei auch oft der Empfang ein Problem, die Fußball-Bundesliga habe die Besatzung 2006 im Einsatz auf Al Jazeera mit arabischem Kommentar verfolgt, berichtet der Stabsbootsmann. Besonders erinnert er sich aber an eine Folge der Polizei-Serie, in der Schüsse fielen: „Wir haben danach lange telefoniert und auch über das Thema ‚Absicherung‘ gesprochen.“ Umgekehrt sagt auch Torsten Heim: „Ich mache mir natürlich Sorgen, wenn ich höre, in welchen Regionen mein Bruder zur See fährt.“ Für ihn steht dabei auch die Frage im Raum, welche Kompetenzen die Soldaten in solchen Situationen hätten und ob diese ausreichend gesetzlich verankert seien. Zu einem Besuch im knapp zwei Quadratmeter kleinen „Büro“ von Ingo Heim und seinen Kameraden ist es bislang übrigens nicht gekommen. Das liegt auch daran, dass dieser erst seit wenigen Jahren wirklich zur See fährt. Verfolgt habe der Polizeibeamte den Werdegang seines Bruders aber über die ganzen Jahre: „Er hat tolle Arbeit gemacht, soweit ich das beurteilen kann“, sagt er und fügt begründend hinzu: „Die Bundeswehr lässt nicht jeden so lange ins Ausland, da wird ordentlich ‚gesiebt‘. Das muss man erst einmal schaffen!“ Die Information, dass der Bruder von „Toto“ auf der Fregatte „Bremen“ fahre, habe sich übrigens damals innerhalb weniger Stunden nach der Ausstrahlung der genannten Szene an Bord verbreitet. Damals sei ein echter „Hype“ ausgebrochen, weil die Kameraden fieberhaft versucht hätten herauszufinden, welches Besatzungsmitglied der genannte Bruder sei. Für den Stabsbootsmann Heim noch immer ein Schauspiel, an das er sich gerne erinnert: „Das gab etwas Abwechslung vom Einsatzalltag“, erzählt er und fügt hinzu: „Ich habe mir damals gedacht, dann sucht mal schön!“ Entdeckt wurde er dann aber trotzdem und auch gleich eingespannt. Noch heute bekommt er von Kameraden an Bord den Auftrag, ob er nicht Autogramme oder eines der beiden Bücher von „Toto und Harry“ mit Signatur besorgen könne. Wenn die Fregatte „Bremen“ demnächst erneut für mehrere Monate mit Kurs auf das Horn von Afrika ihren Heimathafen in Wilhelmshaven verlässt, dann wird Stabsbootsmann Heim nicht an Bord sein. Nach mehr als drei Jahren an Bord wird er demnächst eine neue Funktion erhalten. Aber auch in der neuen Dienststelle wird es sich vielleicht irgendwann herumsprechen, dass dort der Bruder von „Toto“ seinen Dienst leistet.