Wirtschaftsrat: „4.000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel“
„4.000 Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein stehen am Ende auf dem Spiel.“ Diese Botschaft mußte man mitnehmen von der Veranstaltung bei Baumschulen Sander in Tornesch, zu der Jens Sander als Sprecher der Sektion Pinneberg des Wirtschaftsrates der CDU e.V. den nordfriesischen Bundestagsabgeordneten Ingbert Liebing (CDU) und den ehemaligen Geschäftsführer vom Bund der Baumschulen e.V., Jürgen Pfaue, eingeladen hatte.
Pfaue hatte im Jahr 2009 vergeblich versucht, einen Passus im neuen § 40 Absatz 4 Bundesnaturschutzgesetz zu verhindern, der nun bei öffentlichen Ausschreibungen vorschreibt, gebietsheimische Arten zu bevorzugen. Das Bundesministerium hat jüngst eine 26-seitige Broschüre herausgegeben, die das Staatsgebiet in sechs gebietsheimische Zonen aufteilt, so Pfaue. „In diesen sechs Zonen beginnen jetzt die Kommunen auf der Grundlage der geänderten Ausschreibungsbedingungen, sich nur noch von Anbietern aus ihrer gebietsheimischen Region versorgen zu lassen.“Mark Schneekloth, stellvertretender Landesvorsitzender im Bund deutscher Baumschulen e. V., stellte klar, daß diese innerdeutsche Marktsegmentierung den Wettbewerb und das Angebot für die Kommunen einschränke und deutlich verteuere. Dabei habe ein Gutachten der Humboldt-Universität Berlin bereits vor der Gesetzesänderung dargelegt, daß wissenschaftlich keine genetischen Unterschiede zwischen einer Baumart in Bayern und Schleswig-Holstein feststellbar seien. Zu den internationalen Auswirkungen des Paragraphen merkte er an, daß die Niederlande bereits holländische Zonen planten und skandinavische Kunden sich verwundert nach den Folgen für das internationale Sortimentsangebot erkundigten.
Geschäftsführer Konrad Parloh der Lorenz von Ehren Baumschulen nahm Stellung zu den wirtschaftlichen Folgen einer gegebenenfalls nochmals geänderten Gesetzgebung. Da der Baumschulmarkt bis zu dreißigjährige Produktionszyklen habe, würden die wirtschaftlichen Folgen der im Jahr 2010 in Kraft getretenen Gesetzgebung erst in den nächsten Jahren voll durchschlagen. Insofern seien Folgen für die betroffenen Unternehmen derzeit noch rückholbar, falls das Gesetz bald korrigiert werden würde. Andersfalls drohten aufwendige, komplizierte Zertifizierungsverfahren und eine starke zusätzliche Belastung der international führenden deutschen Baumschulwirtschaft.
Ingbert Liebing MdB zeigte großes Verständnis für die Klage der Pinneberger Baumschulen. Mit besonderer Unterstützung des hiesigen Bundestagsabgeordneten Dr. Ole Schröder habe man seinerzeit verbissen gegen diese Regelung gekämpft. Am Ende sei man den Interessen der stimmgewaltigen Bundesländer in der großen Koalition unterlegen gewesen. Er versprach, das wichtige Anliegen für die Region in der nächsten Legislaturperiode erneut im Umweltsausschuß des Deutschen Bundestages aufzunehmen.
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Christel Happach-Kasan, promovierte Botanikerin und bei der Gesetzesverabschiedung im Jahr 2009 noch in der Oppositionsrolle, stellte klar: „Das Gesetz dient hier nicht den Anliegen des Naturschutzes. Deshalb habe ich damals dagegen gekämpft. Das Gesetz wird mißbraucht im Interesse von Baumschulen in Süddeutschland und Brandenburg, indem es ungerechtfertigte Wettbewerbshürden für norddeutsche Unternehmen aufbaut. Bei der nächsten Änderung des Gesetzes muß Fachlichkeit den Vorrang vor regionalen Interessen zurückgewinnen.“
Aus der Sicht des Wirtschaftsrates ist das Gesetz im nationalen und im europäischen Interesse so schnell wie möglich zu korrigieren. Dazu Landesgeschäftsführer Dr. Bertram Zitscher: „Wer 50 Jahre nach Ludwig Erhard bereit ist, lokale Unternehmen gesetzlich vor überregionalem Wettbewerb zu schützen, handelt nicht nur gegen den europäischen Binnenmarkt, sondern riskiert erfahrungsgemäß, daß die nationale Branche ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verliert.“
Die Region Pinneberg beschäftigt in 150 klein- und mittelständischen Baumschulunternehmen 4.000 Arbeitnehmer. Die Pinneberger Baumschulen sind seit jeher führende europäische Anbieterregion. Das gehandelte Marktsortiment umfaßt nach Aussagen des Verbandes über 200.000 Artikel und macht bundesweit einen Umsatz von etwa 1,3 Milliarden Euro, das Gros davon in Norddeutschland.