Angehörige der NSU-Opfer haben mehr verdient als einen geschwärzten Abschlussbericht
Zum Lob der Bundeskanzlerin Angela Merkel für den Abschlussbericht des NSU Untersuchungsausschusses [6] erklärt Bruno Kramm, Bundestagskandidat der Piratenpartei Deutschland aus Bayern: „Wir Piraten begrüßen die bisherige Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses des Bundestags. Dennoch halten wir ein abschließendes Lob von höchster Ebene zum jetzigen Zeitpunkt für völlig übertrieben und verfrüht. Denn die wichtigsten Fragen sind weiterhin offen.So fehlt noch immer eine konkrete Antwort, warum Rechtsradikalismus als Motiv bei den Ermittlungen und Nachforschungen ausgeschlossen wurde. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach vorhandenem institutionellem Rassismus zu stellen. Geheimdiensten, Polizei, Justiz und Politik fehlt nach wir vor der Wille zu ehrlicher Selbstkritik und starken Reformen.
Die Bedürfnisse der Hinterbliebenen und das demokratische Interesse einer umfassend informierten Gesellschaft müssen immer über dem Schutz des Ansehens von Geheimdiensten, Polizei, Justiz und Politik stehen. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel: weg von verborgenen, geschlossenen und undurchschaubaren Diensten hin zu einer offenen, demokratischen Zivilgesellschaft.
Statt seiner umfassenden Aufsichtspflicht nachzukommen und aufzuklären, lässt Innenminister Hans-Peter Friedrich Teile des Abschlussberichtes schwärzen und macht sich damit an der Vertuschung des NSU-Terrors mitschuldig [2]. Dabei wurden bereits im Vorfeld durch das Schreddern von unzähligen Akten die Ermittlungen massiv erschwert.
Wenn die Verbindung zwischen den abscheulichen Morden und der NSU jahrelang nicht gezogen wurde und hierfür der offene Rassismus in den Behörden verantwortlich zeichnet, ist die letzte Konsequenz, den Verfassungsschutz aufzulösen statt ihn in Schutz zu nehmen. Die Seeschwäche auf dem rechten Auge hat lange genug zur Politik der systematischen Verharmlosung von rechter Gewalt und Rassismus beigetragen.
Die Förderung mutiger, zivilgesellschaftlicher Organisationen gegen Rechts muss ausgebaut werden; die sogenannte ‚Extremismusklausel‘ sowie Regelungen, die dem Verfassungsschutz die Entscheidung überlassen, wer angeblich die Verfassung gefährde, müssen endlich abgeschafft werden.“
Siehe auch:
[1] http://www.berliner-zeitung.de/neonazi-terror/zensur–ministerium-moniert-nsu-bericht,11151296,24044952.html
[2] http://www.merkur-online.de/aktuelles/politik/nsu-bericht-ministerium-fordert-streichungen-zr-3063362.html
[3] http://www.tagesspiegel.de/politik/nsu-untersuchungsausschuss-hoegl-rechtsextremismus-wurde-ueber-jahre-flaechendeckend-verharmlost/8666300.html
[4] http://www.faz.net/aktuell/politik/nsu-prozess/nsu-friedrich-beharrt-auf-quellenschutz-12538255.html
[5] http://www.kritische-polizisten.de/rechter-terror/
[6] http://www.hna.de/nachrichten/politik/merkel-lobt-nsu-untersuchungsausschuss-zr-3072956.html