Fünf-Prozent-Hürde: Die Angst der großen Parteien vor mehr Demokratie
Kurz nach dem Fall der Drei-Prozent-Hürde für die Europawahlen zeichnet sich auf Bundesebene Streit um die Fünf-Prozent-Hürde ab. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts und ehemalige CSU-Abgeordnete Hans-Jürgen Papier sprach sich bereits am vergangenen Freitag in einem Interview mit der Tageszeitung »Die Welt« für eine Änderung des Grundgesetzes aus, um eine Sperrklausel dauerhaft festzuschreiben [1].
Die Piratenpartei Deutschland sieht in dem Vorstoß einen politischen Schachzug, um die – relativ willkürlich gesetzte – Grenze von 5 Prozent durch das Grundgesetz unangreifbar zu machen. Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei Deutschland, Thorsten Wirth, fordert deshalb Bundes- und Landtage auf, die Höhe bzw. die Notwendigkeit der Fünf-Prozent-Hürde zu prüfen.
»Die derzeitige Sperrklausel ist eine willkürliche Grenze. Sie soll die vermeintliche Gefahr abwehren, dass zu viele Kleinparteien die Bildung von Regierungsmehrheiten erschweren. Tatsächlich erweitern jedoch Kleinparteien die Möglichkeiten zur Regierungsbildung bei knappen Mehrheitsverhältnissen. Eine sehr hohe Hürde wie die Fünf-Prozent-Hürde zementiert Zustände, wie wir sie jetzt mit der Großen Koalition erleben.
Demokratie lebt von Vielfalt und Austausch der verschiedenen gesellschaftlichen Strömungen«, so Wirth.
Den Vorstoß von Ex-Verfassungsrichter Papier bezeichnen die PIRATEN als eindeutig politisch motiviert. »Der Eindruck der Machtpolitik liegt bei diesem Gesetz auf der Hand. Herr Papier ist Mitglied der CSU und war auch jahrelang Mitglied des deutschen Bundestages. Er kann in dieser Debatte keinen neutralen Standpunkt vertreten. Wir werden auf jeden Fall die Fakten sichten und die Chancen für eine erneute Klage vor dem Verfassungsgericht prüfen«, so Wirth weiter.
Hintergrund der aktuellen Diskussion ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur EU-Sperrklausel im Februar. Darin erklärten die Karlsruher Richter, dass eine Hürde grundsätzlich nicht gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit verstoße. Es könne aber durchaus infrage gestellt werden, ob die Höhe der Zugangshürde noch zeitgemäß ist. Das Gericht wies darauf hin, dass die Argumente für eine Hürde, wie sie der deutsche Bundestag anführt, im Europaparlament nicht gegeben sind, weil es keine Regierung gibt [2]. Bei der Bundestagswahl 2013 wurden ca. 16 Prozent der Stimmen an Parteien vergeben, die diese Hürde nicht überwinden konnten. Davon entfielen 11,6 Prozent der Stimmen auf nur drei Parteien.
Quellen:
[1] Interview mit Hans-Jürgen Papier in „Die Welt“:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article125577323/Papier-sieht-Fuenf-Prozent-Klausel-in-Gefahr.html
[2] Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Drei-Prozent-Hürde bei
Europawahlen:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20140226_2bve000213.html