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Menschlich gesehen

„60 Minuten für die Pflege“

Fachkräftemangel, Pflege-TÜV, Minutenpflege, Rattenbiss: Derzeit wird über Altenpflege meist nur im Zusammenhang mit Pflegeskandalen und Kostenexplosion geredet. Doch rückt die Berichterstattung darüber in den Hintergrund, ebbt das Interesse meist schnell wieder ab. Zur Zeitumstellung am 27. Oktober rufen die AWO Schleswig-Holstein und der SoVD Landesverband Schleswig-Holstein Journalistinnen und Journalisten mit einer bundesweiten Aktion auf, die „gewonnene“ Zeit für eine andere Art der Berichterstattung zum Thema Altenpflege zu spenden.

„Die FAZ hat die Zeitumstellung einmal als ’sozialen Jetlag ohne Sinn‘ betitelt“, erklärt Michael Selck, Landesgeschäftsführer der AWO Schleswig-Holstein. „Warum aber die Tatsache einer zusätzlichen Stunde nicht sinnvoll nutzen, um sich einmal intensiv mit dem gesellschaftlich so wichtigen Thema Alter und Pflege zu beschäftigen?“

„Zur Zeit reden die meisten nur von Pflegeskandalen oder Pflegereform, doch kaum einer vom tatsächlichen Leben mit Pflege“, so Guido Bauer, Pressesprecher des SoVD. „Die wirklich spannenden Fragen werden meist gar nicht erst gestellt und die vielen interessanten Geschichten von Menschen in der Pflege nur selten erzählt. Geschichten von Familie und Wahlverwandtschaft, von Eierlikör, Sehnsucht nach Berlin oder dem letzten Schokohasen: Geschichten, die berühren, motivieren, nachdenklich und neugierig machen. Und die zeigen, wie die Arbeit und das Leben mit Pflege wirklich sind“.

Änderung des Altersbildes

„Mit der Aktion im Rahmen unserer Jahreskampagne ‚Wer hat an der Uhr gedreht? Pflege braucht Zeit!‘ möchten wir den Journalisten auch die Chance bieten, das, was sie im Rahmen der Altersstudie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Robert Bosch Stiftung 2009 formuliert haben, in die Praxis umzusetzen“, so Michael Selck: 85 Prozent der im Rahmen der Studie befragten Journalisten halten eine Änderung des aus ihrer Sicht dominanten Altersbildes für notwendig. Besonders wichtig sei es, ein differenzierteres Altersbild zu vermitteln: Alter nicht nur als heile Werbe-Welt der agilen „Silver-Agers“, aber auch nicht nur als triste Welt von in Heimen dahinsiechenden Greisen. Stattdessen wurde dafür plädiert, die Chancen und Potenziale des Alters stärker zu betonen: Warum ist auch ein Leben trotz Pflege manchmal ein gutes Leben und der Pflegeberuf viel besser als sein Ruf?

Hilfe bei der Recherche

Mit der Aktion „60 Minuten für die  Pflege“ hoffen AWO und SoVD auf eine kontinuierliche Berichterstattung, die ein solch differenziertes Bild von Alter und Pflege vermittelt. Dafür haben die beiden Verbände zahlreiche Themenvorschläge und Hintergrundinformationen zusammen gestellt. „Von fertigen Geschichten aus unserem Kundenmagazin HERZ oder unserer Kundeninformation Pflege, Vermittlung von Interview-Partnern oder Hilfe bei der Recherche bis hin zu Lokalthemen. Aber auch Schülerzeitungen zum Beispiel finden sicher jede Menge Themen und Aktionsideen.“

Vor allem aber laden AWO und SoVD die Journalistinnen und Journalisten ein, das Thema Pflege persönlich zu „erfahren“: „Zum Beispiel durch einen Tag auf Tour mit einem Pflegedienst oder unterwegs mit dem Tagespflegebus. Am meisten aber sind wir gespannt, wer uns nachts zwischen 2.00 h und 3.00 h besucht, um die ‚gewonnene‘ Stunde mit dem Nachtdienst zu verbringen“, so die Initiatoren.