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Rezensionen

ADVENTSKALENDER IM INTERNET: FIRMEN VERFÜHREN KINDER MIT GEWINNSPIELEN ZUR PREISGABE IHRER DATEN

VZ/NRW  Seit über 100 Jahren erfreuen Adventskalender Kinder, neuerdings auch im Internet. Hinter den Online-Türchen verbergen sich allerdings oft keine guten Ratschläge oder Süßigkeiten, sondern Gewinnspiele. Teilnehmer wer­den von Firmen mit Preisen wie Play-Station 3 und PC-Spielen angelockt. Die Verbraucherzentrale NRW hat 18 Internet-Adventskalender für Kinder, u. a. von Bravo, Haribo, Wendy und t-online, unter die Lupe genommen und geprüft, welche Daten gesammelt werden und ob Kids erfahren, was mit ihren Angaben geschieht. Das Ergebnis: Die Kinder müssen fast ausnahmslos mehr Daten preisgeben, als die Verbraucherzentrale NRW für erforderlich hält.Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW reicht es für eine Gewinn­benachrichtigung völlig aus, nach der E-Mail-Adresse und ggf. einem Kennwort zu fragen. Doch häufig, so das Ergebnis der Stichprobe, nutzen Firmen die Unerfahrenheit und Spielfreude von Kindern aus, um an weitere Personen bezogene Daten zu gelangen.

So müssen Kinder gleich bei 16 der 18 Kandidaten den Vor- und Zunamen sowie ihre Anschrift eintragen. Fehlt eine der Angaben, ist eine Teilnahme am Gewinnspiel nicht möglich. Lediglich bei zwei Kalendern (pombaer.de und wendy.de) genügen E-Mail-Adresse und Passwort. Sechs Unternehmen (bruder.de, kinder.de, haribo.de, simbatoys.de, rtI II.de, viva.de und bravo.de) fragen darüber hinaus nach Geburtsdatum bzw. Alter; bei zwei weiteren ist die Angabe des Alters freiwillig. Ein Drittel der Anbieter will auch die Telefonnum­mer wissen. Sechs Veranstalter laden dazu ein, einen Newsletter zu abonnie­ren, über den später weitere Kaufangebote zu erwarten sind. „Damit wird gezielt die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern ausgenutzt“, kritisiert die Verbraucherzentrale NRW, „Newsletter-Anforderungen in Online-Adventska­lendern gehören in den Trash!“

Auch bei Hinweisen zum Datenschutz patzen die Adventskalender der Stich­probe. Eine Information darüber, was mit ihren Daten geschieht, können die jungen Besucher häufig nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand finden. Zwar fehlt nur bei einem der Seitenbetreiber, nämlich geo-online.de, jeglicher Hinweis auf den Umgang mit den Daten, doch bei 11 Anbietern ist das Auffin­den dieser Informationen alles andere als ein Kinderspiel: Entweder sind die Nutzungsbedingungen für Jungen und Mädchen kaum verständlich oder aber innerhalb mehrseitiger Teilnahme- oder Nutzungsbedingungen versteckt. Teil­weise sind die Datenschutzbestimmungen nicht direkt an Ort und Stelle ver­linkt, sondern müssen außerhalb des Adventskalenders auf der Internetseite selbst gesucht werden. Lediglich bei sieben der 18 Adventskalender können die Kinder leicht verständlich lesen, dass die Firma die Angaben nur für dieses eine Gewinnspiel verwendet.

Besonders dreist ist das Vorgehen von kinder.de: Jungen und Mädchen müs­sen hier einerseits eine Fülle an Daten preisgeben, um mitspielen zu können. Andererseits gibt es eine Voreinstellung für den Bezug von Werbe-E-Mails nicht nur des Veranstalters, sondern auch der Preisstifter. Wird das Häkchen da nicht rausgenommen, ist der Bezug von Werbemüll programmiert. Auskunft über die Teilnahmebedingungen gibt es zudem erst unterhalb des Abschicken-Buttons, sodass die meisten Kinder das Kleingedruckte kaum zur Kenntnis nehmen werden.

Das Fazit der Verbraucherzentrale NRW: Die meisten Kinderadventskalender ermuntern die Teilnehmer zu einer unkritischen Weitergabe ihrer Daten. Auf diese Weise werden Kids verführt, möglichst viel von sich preiszugeben. Eltern, die Wert darauf legen, dass Kinder einen sparsamen Umgang mit personen­bezogenen Daten lernen, sollten ihren Sprösslingen vor einer Teilnahme über die Schulter schauen. Denn lediglich zwei von 18 Anbietern (pombaer.de und wendy.de) beschränken sich auf die Nachfrage nach Kennwort und E-Mail-Adresse und informieren in kindgemäßer Weise über die Datennutzung.