Rezensionen

„Bibel in gerechter Sprache“ verlässt reine Männerwelt

Bibelsprache
Fünfjährige Übersetzungsarbeit mit Schwerpunkt auf christlich-jüdischen Dialog

Gütersloh (pte/11.10.2006/13:30) – In einer Startauflage von 10.000 Exemplaren ist in dieser Woche die neue „Bibel in gerechter Sprache“, eine in rund fünfjähriger Arbeit entstandene Übersetzung durch 52 mehrheitlich evangelische Theologen, erstmals im Buchhandel erhältlich.Dabei haben die Verantwortlichen die aus einer männlich geprägten Welt stammenden Originaltexte von Luther auf Formulierungen überprüft, die auch verstärkt Frauen einschließen. „Es gibt heute Pfarrerinnen und Bischöfinnen, außerdem liegen Hinweise in einem Römerbrief vor, dass damals schon die Rede von einer Apostelin namens Junia war. Dieser modernen Sprach- und Denkweise wollten wir bei unserem Projekt gerecht werden“, erklärte Professor Franz Crüsemann, einer von zehn Herausgebern.

Die größten Diskussionen dürfte die Loslösung der dominierenden Verwendung von „Gott“ oder „Herr“ auslösen – stattdessen werden mehrere geschlechterneutrale Begriffe wie vor allem „Adonaj“ benutzt. Allerdings soll die auf der Frankfurter Buchmesse in der Vorwoche präsentierte Bibelversion die seit 500 Jahren vorliegenden Veröffentlichungen keinesfalls ersetzen oder verdrängen, die Macher verstehen ihr rund 2.400 Seiten starkes Buch (Preis: 24,95 Euro) mit blassgelbem Schutzcover als Einladung an die Gläubigen zum noch bewussteren Umgang mit Texten und Formulierungen. Die überwiegend ehrenamtliche Tätigkeit wurde fast vollständig durch Spenden in Höhe von immerhin 400.000 Euro finanziert.

Weitere inhaltliche Schwerpunkte sind die Auseinandersetzung mit dem christlich-jüdischen Dialog und besonders der intensive Umgang mit dem Begriff Gerechtigkeit. Die für die Projektkoordinierung von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) frei gestellte Pfarrerin Hanne Köhler verdeutlichte, dass viele Bibelworte über mehr als nur eine Bedeutung verfügen und deshalb gewisse Sachverhalte speziell im Neuen Testament auch unterschiedlich interpretiert werden könnten. So heißt es unter anderem nun „Sklave“ statt „Knecht“, „auf Gott hören“ statt „gehorchen“ oder „Menschen“ statt „Männer“. Grundlage aller Übersetzungen waren die griechischen beziehungsweise hebräischen Urtexte. Diverse Rohfassungen von einzelnen Kapiteln wurden übrigens im Vorfeld in Gemeinden und Gesprächskreisen erprobt und konstruktiv diskutiert.

Bibel in gerechter Sprache

Hrsg. von Ulrike Bail, Frank Crüsemann, Marlene Crüsemann, Erhard Domay, Jürgen Ebach, Claudia Janssen, Hanne Köhler, Helga Kuhlmann, Martin Leutzsch und Luise Schottroff
1. Auflage 2006
2400 S. Geb.
Format: 15,0 cm x 21,5 cm
EUR 24,95 [D] / EUR 25,60 [A] / SFr 44,60
ISBN 3-579-05500-3