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BKA: Bundeslagebild Menschenhandel 2008 Bundeskriminalamt veröffentlicht aktuelle Zahlen für Deutschland

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Wiesbaden (ots) – Im Jahr 2008 wurden in Deutschland 482 Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung abgeschlossen. Dies bedeutet einen erneuten Anstieg der Verfahrenszahlen, im Vergleich zum Vorjahr um 6 % (2007: 454). Die Anzahl der registrierten Opfer lag mit 676 um 2 % niedriger als im Jahr 2007 (689).

Entsprechend der Entwicklung in den vergangenen Jahren stammte auch 2008 der Großteil der Opfer (90 %) aus dem europäischen Raum.
Bei den ausländischen Opfern wurde eine auffällige Steigerung bei rumänischen, bulgarischen und nigerianischen Staatsangehörigen festgestellt. 24 % der Opfer waren minderjährig, wobei die Zahl der
14- bis 17-jährigen Opfer auf 146 gestiegen ist und sich damit gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt hat.

Die Zahl der wegen Verdachts des Menschenhandels registrierten Tatverdächtigen stieg 2008 gegenüber dem Vorjahr ebenfalls an. Mit
785 Tatverdächtigen wurden 10 % mehr als 2007 festgestellt. Bei den Tatverdächtigen dominierten mit einem Anteil von 40 % erneut deutsche Staatsangehörige (316 von 785). Den größten Anteil bei den ausländischen Tatverdächtigen stellten bulgarische, rumänische und türkische Staatsangehörige.
Daneben bleiben Ermittlungen gegen schwarzafrikanische Tätergruppierungen relevant. Im vergangenen Jahr führte das Bundeskriminalamt (BKA) im Auftrag der Staatsanwaltschaft Aachen erneut ein Ermittlungsverfahren gegen Angehörige einer nigerianischen Tätergruppierung wegen Verdachts des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und damit verbundener Straftaten. Die Ermittlungen ergaben, dass die Gruppierung wiederholt die Schleusung von Frauen nigerianischer Staatsangehörigkeit nach Deutschland organisiert und diese hier der Prostitution zugeführt hatte, wobei sie den Prostitutionserlös einbehielt. Daraufhin kam es im September dieses Jahres zu umfangreichen Exekutivmaßnahmen; mehrere Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse wurden vollstreckt.

Trotz des wiederholten Anstiegs der Ermittlungsverfahren ist nach wie vor von einem erheblichen Dunkelfeld im Bereich des Menschenhandels auszugehen. Die größte Herausforderung liegt in der Schwierigkeit, Opfer von Menschenhandel zu identifizieren und auf neue Tatbegehungsweisen zu reagieren. So sehen sich die Strafverfolgungsbehörden zunehmend mit dem Phänomen konfrontiert, dass sich Staatsangehörige aus den neuen EU-Beitrittsländern, aus denen die meisten ausländischen Opfer von Menschenhandel stammen, mittlerweile legal in Deutschland aufhalten und der Prostitution als selbständiger Dienstleistung nachgehen können. Überprüfungen wegen des Verdachts auf Verstöße gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen – in der Vergangenheit zugleich ein wichtiger Ermittlungsansatz bei Verdacht auf Menschenhandel – sind damit weitgehend entfallen. Bei Opfern aus schwarzafrikanischen Ländern beobachten die Strafverfolgungsbehörden zudem besondere Formen der Einschüchterung – beispielsweise bringen die Täter die Opfer durch Voodoo-Rituale in eine psychische Zwangslage. Die Folge ist, dass die Betroffenen in der Regel nicht bereit sind, mit der Polizei und den Fachberatungsstellen zu kooperieren bzw. ihre anfänglichen Zeugenaussagen oftmals wieder zurücknehmen.

Als Reaktion auf diese Problematik hat das Kriminalistische Institut des BKA ein Forschungsprojekt zur Verbesserung der Opfererkennung initiiert, das im Rahmen von drei Teilprojekten Optimierungsmöglichkeiten untersucht: Aus der Perspektive der Opfer wird untersucht, welche Faktoren ihre Aussagebereitschaft determinieren. Aus polizeilicher Perspektive werden die derzeitigen polizeilichen Bekämpfungsstrategien untersucht – insbesondere im Hinblick auf die Frage, wodurch die Ermittlungsverfahren typischerweise ausgelöst wurden. Aus übergeordneter Perspektive erfolgt die Erhebung nationaler und internationaler strategischer Konzepte und Aktivitäten zur Bekämpfung des Menschenhandels zum Zweck sexueller Ausbeutung. Ziel ist, die Ergebnisse und Empfehlungen des Forschungsprojekts möglichst zeitnah Vertretern aller an der Bekämpfung von Menschenhandel beteiligten Behörden und den Fachberatungsstellen für die Betreuung der Opfer zur Verfügung zu stellen.

Seit 2005 ist auch Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft strafbewehrt. Im vergangenen Jahr wurden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) insgesamt 27 Fälle registriert
(2007: 92). Dies entspricht einem Rückgang der Fallzahlen um 71%.
Nach wie vor ist die (illegale) Arbeitsaufnahme in Deutschland ein wesentlicher Antrieb für Migration. Es zeigt sich, dass die Delikte schwerpunktmäßig im Gaststättengewerbe und privaten Haushalten zum Nachteil von Ausländern verübt werden, die sich illegal in der Bundesrepublik aufhalten. Auch in diesem Phänomenbereich muss von einem großen Dunkelfeld ausgegangen werden, da auch hier eine besondere Abhängigkeit der Opfer von den Tätern besteht, die die Opfer in ihrer Kooperationsbereitschaft mit den Strafverfolgungsbehörden einschränkt.

BKA-Präsident Jörg Ziercke: „Menschenhandel ist ein Kriminalitätsphänomen, bei dem die Täter ein Abhängigkeitsverhältnis ausnutzen und ihre Opfer durch physische und psychische Gewalt gefügig machen. Die Aussagen der Opfer sind von zentraler Bedeutung, um gegen die Täter ermitteln zu können. Nur wenn es uns gelingt, das Vertrauen der Opfer zu gewinnen und sie zur Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden zu bewegen, können wir den Kreislauf aus Unterdrückung, Einschüchterung und Abhängigkeit zwischen Opfern und Tätern durchbrechen. Eine professionelle Opferbetreuung und die enge Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden mit Fachberatungsstellen ist daher von zentraler Bedeutung.“

Weitere Einzelheiten finden Sie auf der Homepage des BKA unter www.bka.de unter Berich-te und Statistiken / Kriminalitätslage.