Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze sagt zu TOP 54 – Landesstraßen-Zustandsbericht
Dazu sagt der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Tietze: Straßenerhalt muss von Anfang an richtig gemacht werden
Wer den Bericht aufmerksam gelesen hat, stellt fest, dass es um die Landesstraßen nicht gut steht. Wir leben mittlerweile vom Werteverzehr.
Nur ein Sechstel der Brücken ist in einem Zustand, der mittelfristig keine Instandsetzung erfordert. Bei einem Drittel steht das aber bereits kurzfristig an. Ebenfalls ein Drittel der Straßen erfordert, dass bauliche oder bis dahin sogar verkehrsbeschränkende Maßnahmen geprüft werden müssen. Das ist eine Verdoppelung innerhalb von nur acht Jahren. Wie konnte es soweit kommen?
Verkehrswege sind das Kapital der Mobilität. Rund zehn Milliarden Euro beträgt das Anlagevermögen unserer Straßen. Das kann man nicht mit einzelnen Millionen erhalten. Hier wurde lange am falschen Ende gespart.
Straßen zu erhalten ist einfach, wenn man es von Anfang an richtig macht. Es ist wie bei einem Haus. Hält man das Dach dicht, dringt kein Wasser ein und alles hält länger. Für uns Grüne gilt die Maxime „Erhalt vor Neubau“ und wir haben bereits in zwei Jahren Regierungsverantwortung mehr für unsere Landesstraßen getan als Regierungen vor uns.
Wir müssen den weiteren Verfall oder gar die Sperrung von Landesstraßen verhindern. Verkehrswege sind kein Selbstzweck. Sie dienen dazu, dass Menschen und Güter ihre Ziele erreichen. Umwege und Einschränkungen verursachen wirtschaftliche Schäden. Die Zeche müssen wir dann alle zahlen.
Mehr Geld zu fordern, erscheint einfach, ist aber inzwischen blanker Populismus. 900 Millionen Euro lassen sich auch auf zehn Jahre verteilt nicht einfach aus dem Landeshaushalt herauspressen.
Wer Geld fordert, muss aber sagen, wo das Geld herkommen soll und wer die Zeche zahlen soll. Der Ministerpräsident hatte diese Diskussion bundesweit angeschoben. Dass der Straßenbereich defizitär ist, hat ja nun auch Herr Dobrindt erkannt. Er wird aber mit seiner Bierdeckelmaut vermutlich ebenso scheitern wie die früheren PlanerInnen der A20. Es sind zahlreiche juristische Vorbehalte auf EU Ebene benannt worden.
Meine Fraktion steht zum Verursacherprinzip. 98 Prozent aller Straßenschäden werden durch LKWs verursacht, weil ein LKW so die Straßen so belastet wie 60.000 PKW. Diejenigen, die am meisten Schäden verursachen, müssen an der Instandsetzung beteiligt werden. Wir fordern die Ausweitung der LKW-Maut auf alle LKW und alle Straßen. Das ist rechtlich und technisch leicht umsetzbar. Schließlich arbeitet das Mautsystem ja schon erfolgreich.
Es kann nicht sein, dass den BürgerInnen in die Tasche gegriffen wird, um Speditionen zu subventionieren. Es macht wenig Sinn, ständig Geld in ein Fass ohne Boden zu pumpen.
Der Fehler steckt aber auch in der Ausgabensystematik. Wir brauchen ein Maßnahmenbündel, drei Beispiele:
Erstens: Neubauten müssen gründlich hinterfragt werden. Fünf Kilometer neue Landesstraßen kosten im Unterhalt so viel wie eine Lehrerstelle. Was ist uns wichtiger?
Zweitens: Radwege sollten durch Schutzstreifen auf der Fahrbahn ersetzt werden. RadfahrerInnen sollen nicht von der Fahrbahn verdrängt werden, damit AutofahrerInnen mit höherer Geschwindigkeit fahren können. Radwege werden für Millionen Euro saniert für nur wenige Sekunden Zeitgewinn.
Drittens: Einfachere Standards sollten angewendet werden. Für schwach befahrene Straßen zum Beispiel reichen einspurige Brücken.
Es muss endlich eine sinnvolle Priorisierungsdebatte geführt werden. Welche Verkehrsachsen müssen gestärkt werden, wo gibt es Doppelstrukturen usw.? Wir Grüne sind der Meinung, dass wir diese Diskussionen dringend führen müssen, um nachhaltig die Mobilität für unsere BürgerInnen zu gewährleisten. Dabei darf es keine Tabus geben.